In enger Zusammenarbeit mit den Kostüm- und Maskenbildnern war die leitende Friseurin Sue Love für ein entscheidendes Element verantwortlich, das die Charaktere in Episode I zum Leben erweckt.
„Ich war schon immer Friseurin und wollte immer Friseurin werden“, erzählt Love, deren Karriere beim Film etwa zur Zeit des Kinostarts von Star Wars begann. „Ich hatte alle beruflichen Erfahrungen im Salon gesammelt, die es gab, war so weit gegangen, wie ich konnte. Und in den 70er Jahren, als Föhnfrisuren aufkamen, wurde alles sehr langweilig. Also knüpfte ich einige Kontakte in der Filmbranche, und als sich mir eine Chance bot, ergriff ich sie.“
Seitdem ist Love dabei und hat ihren Friseurzauber in Produktionen wie Braveheart und Das fünfte Element einfließen lassen.
„Mein allererstes Projekt war ein Film namens Arabian Adventure“, erinnert sie sich. „Danach arbeitete ich an einer britischen Fernsehserie namens Die Profis, und von da an ging es weiter.“
Mit ihrer Tochter Sarah im Schlepptau verbreitete Love unwissentlich den Friseur-Virus in ihre Familie.
„Ich bin meiner Mutter immer hinterhergelaufen“, erzählt Sarah, „und habe schließlich selbst eine Ausbildung zur Friseurin gemacht. Danach habe ich ein paar Jahre am Theater gearbeitet, bevor ich zum Film wechselte.”
Im Laufe der Jahre haben Mutter und Tochter bei einigen Projekten zusammengearbeitet, darunter Das fünfte Element. Und sie kamen erneut zusammen, als Produzent Rick McCallum sie für die Arbeit an Episode I engagierte.

Das Modellieren von Frisuren am Set erfordert ein breiteres Spektrum an Fähigkeiten, als man es im Friseursalon erwarten würde, und eine umfangreiche Ausbildung ist der Schlüssel dazu.
„Man muss einfach über ein umfassendes Wissen über Haare und Friseurhandwerk verfügen“, erklärt Sue Love. „Ich hatte das Glück, in den 60er Jahren ausgebildet zu werden, denn damals konnte man alles machen. Heutzutage ist das nicht mehr der Fall, man beschränkt sich im Wesentlichen auf das Schneiden und Trocknen. Aber für alle historischen Arbeiten muss man wissen, wie man die verschiedenen Frisuren macht, man muss die verschiedenen Techniken, die Perücken und alles andere beherrschen.“
Die Herangehensweise an das Film-Hairstyling kann sich auch stark vom Standardfrisieren unterscheiden, sowohl in Bezug auf die angewandten Techniken als auch auf die erwarteten Ergebnisse.
„Zunächst einmal macht man sich nicht so viele Gedanken über die Dauerhaftigkeit”, sagt Sue Love. „Manchmal kann man temporäre Techniken anwenden, weil man weiß, dass eine Frisur nur einige Stunden benötigt werden wird.“
So können Friseure komplexe Frisuren kreieren, die, wenn sie über einen längeren Zeitraum halten sollten, unmöglich umzusetzen wären.
„Außerdem weiß man, dass die eigene Arbeit auf der Leinwand zu sehen sein wird”, fährt Love fort, „und dass ein kleiner Fehler vergrößert auf einem 12 Meter breiten Kopf erscheinen wird. Man muss also besonders vorsichtig sein.“
Für Episode I hatten Sue und Sarah Love einen Monat Zeit, um sich vorzubereiten, bevor die Hauptaufnahmen begannen. Mit Konzeptzeichnungen und Videos der klassischen Trilogie begannen sie mit der Planung.
„Wir sprachen mit George und er gab uns Anweisungen“, erinnert sich Sue Love. „Er ist sehr klar und deutlich in dem, was er will, aber natürlich überlässt er uns die Methoden, um diese Ergebnisse zu erzielen. Und er hört immer zu, wenn wir ihm sagen, dass etwas unmöglich ist.“

Aber die Loves waren entschlossen, dies nicht oft geschehen zu lassen, egal wie komplex die Entwürfe von Konzeptzeichner Iain McCaig auch sein mochten. Doch die Konzeptkunst umfasste nur die Frisuren der Hauptfiguren, und für alle anderen Figuren mit Harren auf dem Kopf, war es an Sue und ihrer Tochter Sarah, ihnen überzeugende Frisuren zu verpassen.
„Wir haben nicht alles andere gemacht”, betont Sue Love. „Es gibt eine ganze Menge Kreaturen in diesem Film, und an denen haben wir aus offensichtlichen Gründen nicht gearbeitet. Und an den digitalen Figuren haben wir auch nicht gearbeitet.“
Selbst dann bleibt aber immer noch eine große Population übrig, die Haarpflege benötigt.
„Um uns auf den Job vorzubereiten”, fährt Love fort, „haben wir uns alle drei klassischen Filme angesehen. Wir haben einen ganzen Tag damit verbracht, uns die Filme anzusehen, Szenen zurückzuspulen und sie wieder und wieder anzuschauen.“
Die Loves spielten die Filme in chronologischer Reihenfolge ab, schauten sie aber auch in umgekehrter Reihenfolge, damit sie die Frisuren von Die Rückkehr der Jedi-Ritter über Eine neue Hoffnung bis hin zu Episode I zurückentwickeln konnten.
„Wir mussten nicht nur die Unterschiede zwischen den Menschen von Tatooine und den Menschen von Naboo verstehen, sondern auch die Unterschiede in der Art und Weise, wie sie ihre Haare je nach Zeitepoche tragen“, erklärt Sarah Love. „Von einem Film zum anderen sind die Charaktere alle auf irgendeine Weise miteinander verwandt, und wir wollten diese Kontinuität bewahren.“
Aus praktischen Gründen wird ein Film in der Regel nicht in der richtigen Reihenfolge gedreht, was bedeutet, dass die Haarpflege manchmal zu einem komplexen Puzzle werden kann. Im Gegensatz zu Visagisten können sich Friseure nicht den Luxus leisten, einen Fehler auszubessern und von vorne zu beginnen. Sobald die Schere das Haar eines Schauspielers ausgedünnt oder gekürzt hat, gibt es kein Zurück mehr. Perücken können zwar bis zu einem gewissen Punkt helfen, sind aber bei weitem kein ideales Mittel. So erforderte die Rolle des Obi-Wan Kenobi einiges an Zauberei vonseiten der Loves.
„Wir mussten Ewan die Haare ziemlich kurz schneiden und ihm einen Zopf auf einer Seite machen“, erklärt Sue Love. „Aber dann fand George, dass ein Pferdeschwanz am Hinterkopf gut aussehen würde, was wir natürlich nicht machen konnten, da die Haare weg waren! Also haben wir ein bisschen herumprobiert, ein paar Haare gefunden, die zu Ewan passten, und sie befestigt. Und George hatte recht: Es hat wunderbar funktioniert.“
Auch Stunt-Doubles bringen eine Menge praktischer Probleme für Friseure mit sich, da der Übergang von einem Darsteller zum anderen auf der Leinwand nahtlos erfolgen muss.
„Zuerst haben wir versucht, das Haar von Ewans Stunt-Double zu färben, aber das hat nicht so recht funktioniert“, sagt Sue Love. „Also mussten wir eine Perücke verwenden. Das hat gut funktioniert, aber man muss trotzdem sehr vorsichtig sein und wirklich aufpassen, denn je besser die Übereinstimmung zwischen Schauspieler und Stunt-Double ist, desto näher kann die Kamera an das Double heranfahren.“
Aus offensichtlichen Gründen werden Stunt-Doubles oft aus einem Winkel von hinten aufgenommen; dadurch ist das Haar neben dem Kostüm eines der Hauptelemente, die es dem Publikum ermöglichen, die Figur leicht zu erkennen. „Es sollte also wirklich genau passen”, meint Sue Love.
Wie bei Visagisten endet die Arbeit des Friseurteams nicht, sobald die Schauspieler ihre Liegestühle verlassen. Am Set, und insbesondere bei der Aufnahme eines actionreichen Films wie Episode I, müssen Sue Love und ihr Team bereit sein, immer wieder in Aktion zu treten.
„Es gibt immer ein Haar, das sich bewegt hat, wo es nicht hätte sein sollen, und man muss es wieder dorthin bringen, wo es in der vorherigen Einstellung war“, erklärt Sue Love. “Deshalb arbeiten wir eng mit dem Kontinuitätsverantwortlichen zusammen. Bei Episode I hat Jayne-Ann Tenggren sehr dabei geholfen, all diese winzigen Details im Auge zu behalten.“
Generell gibt es nie zu viele Augenpaare, die auf die Feinheiten der Haarplatzierung achten könnten – oder auf ihre Verschiebung, wie es oft bei den Actionszenen von Die dunkle Bedrohung der Fall war. Der Friseur muss auch am Set sein, um die vielen Veränderungen vorzunehmen, die die Haare der Schauspieler im Laufe des Tages benötigen könnten, wenn die Charaktere von einem Ort zum anderen wechseln und aus einem Abenteuer auftauchen, nur um sich gleich wieder ins nächste zu stürzen.
„Die Haare müssen nass, trocken, zerzaust, ordentlich sein … und man muss den Überblick behalten“, meint Sue Love lachend. „Wir machen eine Menge Vergleichsfotos.”
Rick McCallum war sich sicher, dass jedes einzelne Detail mit höchster Professionalität behandelt werden würde.
„Sue hat während der Produktion hervorragende Arbeit geleistet”, bestätigt McCallum. „Es war eine wahre Freude, sie bei diesem Projekt dabei zu haben.”

Während die Frisur einer Figur natürlich mit ihrem Make-up harmonieren muss, ist die Abstimmung zwischen Frisur und Kostüm nicht weniger wichtig. Bei Episode I und angesichts der aufwendigen Kostüme, die von Königin Amidala und anderen Figuren getragen wurden, erforderte die Verschmelzung von Frisur und Stoff Geschick und Vorstellungskraft.
„Normalerweise sehen wir uns zuerst das Kostüm an“, erklärt Sue Love, „und machen dann etwas mit den Haaren, das zu diesem Kostüm passt.”
Gouverneur Sio Bibble, gespielt von Oliver Walpole, ist ein gutes Beispiel dafür. Er trägt die elegante Kleidung eines Politikers von Naboo und brauchte einen passenden Haarschnitt.
„Mit kurzen Haaren sah er einfach nicht richtig aus”, meint Sue Love. „Also haben wir uns für diese Epoche für längere Haare entschieden, und dann alles passte zusammen.“
Auch bei Frisuren, die von Iain McCaig entworfen worden waren – fast als Teil des Kostüms selbst –, verlor der Job des Chef-Friseurs nichts von seiner Komplexität: Eine Phantasie-Frisur in die Realität umzusetzen, kann eine ziemliche Herausforderung sein. Insbesondere Königin Amidala erforderte besondere Aufmerksamkeit und die Loves mussten ihr gesamtes Können aufbieten, um die komplizierten, königlichen Frisuren zu kreieren.
„Es war in der Tat kompliziert“, erzählt Sue Love, „aber am Ende sah es absolut spektakulär aus. Die Mühe hat sich also gelohnt, vor allem, weil Natalie Portman es uns so leicht gemacht hat. Sie hat sich nie darüber beschwert, dass die Kopfbedeckungen zu heiß oder zu schwer waren – und einige davon waren sehr heiß und sehr schwer. Sie war großartig.”

Frisuren sind eines der vielen Elemente, die die visuelle Identität der Star-Wars-Saga ausmachen. Und wie alles andere müssen sie genau richtig sein, damit sie perfekt mit dem Ton harmonieren, der durch die Kostüme, das Make-up, die Requisiten und die Sets entsteht. Wie zaubert man also eine Star-Wars-Frisur?
Eine Eigenschaft ist ihnen, unabhängig davon, wie aus ausgefallen oder fremdweltlich sie sind, gemein: Zeitlosigkeit. Um dies zu erreichen, hat George Lucas immer auf Einflüsse zurückgegriffen, die bereits als Klassiker gelten und daher nie veraltet wirken werden, egal wann oder wo man sie am Ende vorfindet. Die Loves sind diesem Vorbild gefolgt. „In Episode I gibt es nur sehr wenig Futuristisches“, erzählt Sarah Love. „So gut wie alle Kostüme und Frisuren sind zeitgemäß, klassisch.“
Und so dreht sich das Rad weiter. Wenn die Kinobesucher den Abschluss von Episode III sehen, werden die verschiedenen Kostüm- und Frisurendesigns so weit weiterentwickelt worden sein, dass sie mit den Looks der klassischen Trilogie zusammenpassen. Und selbst dann, bei Episode III, noch, wird auf klassische Vorbilder zurückgegriffen werden, denn durch ihre Zeitlosigkeit sind die ursprünglichen Star-Wars-Filme längst selbst zu Klassikern geworden.
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