Star Wars – Detail #2 – Die Folter der Prinzessin: Vaders dunkelste Abgründe, Leias grenzenlose Stärke, Lukes und Leias identisches Schicksal
Die erweiterte BDFC-Folterszene, in der Prinzessin Leia von Darth Vader bis zum Äußersten gepeinigt wird, ist für die Erzählweise im KRIEG DER STERNE ungewöhnlich:
Während hinter dem imperialen Wachsoldaten das Schott der Gefängniszelle 21-87 im Inhaftierungsblock AA-23 auf Ebene 5 des Todessterns ins Schloß fällt und uns dadurch die Sicht auf Leia, Vader und die fliegende, kugelförmige mit einer Injektionsnadel ausgestattete Gedankensonde im Inneren der Zelle genommen wird, richtet sich unser Blick auf die Oberfläche des Todessterns: Ein Teil der Ebene 5 mit dem Inhaftierungsblock grenzt an die Oberflächenstruktur der Raumstation, mit externen Dockvorrichtungen, um abgeschottet und geheim Gefangene ein- bzw. auszuschleusen.
Zeitgleich hören wir, wie Leia mit zunehmender Panik sich die Sonde vom Leib zu halten versucht:
„Nein! Lassen Sie das sein! Stoppen Sie es!“
Ein zischendes Geräusch und ein Aufschrei verrät, dass die Injektionsnadel der Sonde ihre halluzinogene Ladung in Leias Körper eingeschossen hat. Leias Bewusstsein scheint sofort gestört zu werden, nur abgehackte Laute sind zu vernehmen. Ein darauf folgendes dumpfes Geräusch lässt erahnen, dass Leia auf den Boden aufgeschlagen ist.
Ihr Innerstes kämpft gegen die Übermacht der Droge an. „…das können Sie nicht…“ entflieht leise ihren Lippen, während unser Blick die Oberfläche der Ebene 5 verlässt und die Station in ihrer ganzen Größe erfasst. Ein Mond aus Metall, so kalt wie Vader.
Jetzt sehen wir ihn, den Schwarzen Lord, gegen die im Hintergrund schimmernde blutrote Beleuchtung der Zellendecke.
Seine suggestiven Gedanken verschmelzen zu unnachgiebigen, fordernden Worten:
„Hören Sie auf meine Stimme. Sie verspüren starken Schmerz.“
Vader hebt seine Hand und verstärkt die Wirkung seiner Worte durch dunkle Sith-Mächte:
„Fürchterlichen Schmerz. Schmerz! Nichts als Schmerz…ein Universum voll Schmerz!“ Während wir diese Worte und das schmerzerfüllte Jammern Leias vernehmen, versinken wir in Dunkelheit, gleich der hoffnungslosen Lage Leias.
Schwarz – die Farbe Darth Vaders – verdunkelt die Welt um uns herum. Wir sehen nichts.
Vader führt derweilen seine Folter weiter. Der suggestive Unterton seiner Stimme drängt sich uns auf, wir hören ihn weiter auf die Prinzessin einreden:
„Ihre Welt besteht aus nichts anderem als Schmerz.“
Nun blenden wir visuell auf die brennende Feuchtfarm von Onkel Owen und Tante Beru, die einzigen Menschen, die Luke als seine Familie beschreiben würde.
Luke – der Zwillingsbruder Leias – erleidet nun zeitgleich mit seiner Zwillingsschwester die schmerzlichsten Momente seines Lebens. Während er geschockt seinen Flitzer zum Stehen bringt, hören wir Leia vor Schmerzen flehend schreien:
„Hören Sie auf damit!“
Vader führt gnadenlos sein Werk fort:
„Sagen Sie mir, was ich wissen will!“
Leia wimmert: „Helft mir!“, doch Vader erstickt diesen Hilferuf gnadenlos und wiederholt: „Sagen Sie mir, was ich wissen will! Wo sind die Pläne?“
Das Unterbewusstsein der Prinzessin – ihr Gewissen – widersetzt sich der Droge und der suggestiven Stimme des Schwarzen Lords und lässt sie angeschlagen, unter Schmerzen und mit schneller Atmung antworten: „Das darf ich nicht sagen!“ …
…Luke springt aus dem Gleiter, stolpert orientierungslos umher, überall Rauch und Feuer…
…dieser Rauch und dieses Feuer ist Leias Schmerz.
Vader sprüht: „Ihre Haut steht in Flammen! Sie brennen!“
Leia schreit.
Vader setzt brutal nach: „Ihre Nervenbahnen stehen in Flammen!“…
…die Werkstatt der Feuchtfarm brennt und schwarzer Rauch quillt heraus, wird mit dem Wind herausgesogen…
…Leia schreit ununterbrochen auf.
Vader: „Ihr Fleisch löst sich von den Knochen…!“
Leia schreit verzweifelt aus tiefster Seele: „Nein! Aufhören!“ Und zutiefst flehend: „Bitte! Hören Sie auf!“ Sie weint schmerzerfüllt…
…Luke läuft weiter, Rauch und Qualm, Trümmer…
…Vader: „Ich werde aufhören, wenn Sie mir gesagt haben, wo die Pläne sind!“
Leia fleht bitterlich: „Bitte!“
Vader geht brutalst aufs Ganze: „Sie sind dabei zu sterben…“ Er kennt keine Gnade: „Wo sind die Pläne des Todessterns?“
Leias Körper reagiert auf die Qual ihrer Seele, ihr Zustand wird hörbar kritischer…
…Luke erreicht den kuppelförmigen Eingang der Farm. Sein Blick gefriert wie Eis, etwas Grausames bekommt er zu Gesicht…
…Vader, ganz aufgebracht, scheinbar unbeherrscht, stellt nun die entscheidende Frage:
„Wo ist die Rebellen-Festung?“…
…das Grauen: Da liegen sie, Tante Beru und Onkel Owen – was von ihnen noch übrig ist. Das Fleisch von den verkohlten Knochen gelöst…
…Leia: „Ich darf´s nicht sagen!“…
…Luke erstarrt…
…Vader: „Es bleiben nur noch wenige Sekunden!“
Leia ist am sterben. Ihre Kräfte nehmen hörbar voller Verzweiflung ab. Sie stöhnt und wimmert.
Vader zu Leia: „Ihr Herz ist dabei zu bersten!“ …
…Luke wendet sein Gesicht entsetzt ab…
…Vader voller Wut und Haß : „…und Ihr Leben ist fast erloschen!“
Leia ist dabei zu kollabieren, mit letztem Atem presst sie entschlossen heraus:
„Ich…werde…nichts…sagen!“ …
…Luke wendet sein Gesicht wieder dem Grauen zu. Haß steht in sein Gesicht geschrieben und der Ruf nach Widerstand. Der Ruf nach Rache für all das Grauen…
…Vader schreit vollkommen besinnungslos: „Sie müssen reden!“
Leia hächelt nur noch stoßweise. Sie ist fast tot…
…Luke steht verloren vor den qualmenden Trümmern seiner Welt…
…Leia stößt die letzte Luft aus ihren Lungen.
Vader befiehlt schnell und hart: „STOPP!“…
…Wir sind im Dunkeln. Wir sehen nichts. Alles ist Schwarz….
…
…Aus der Dunkelheit blenden wir auf Lukes Flitzer. Er kommt vor dem zerstörten Jawa-Sandkriecher zum Stehen. Ein brennender Scheiterhaufen, auf dem die beiden Roboter R2-D2 und C-3PO die Überreste der getöteten Jawas einäschern, wirft seine dunklen Rauchschwaden in den Wind. Ben Kenobi ist da. Luke steigt aus dem Flitzer, geht apathisch Schritt für Schritt auf Ben zu…
Dies ist wohl die unglaublichste, emotionell spektakulärste Szene im BERND DÖTZERs FINAL CUT. Sie hat das Potential, es einem eiskalt über den Rücken laufen zu lassen.
Leias Folter ist nun nicht länger ein ungreifbares Gerücht im Reich der STAR-WARS-Filme sondern eine erlebbare audio-visuelle Tatsache.
Der Ton stammt aus dem Radio Drama. Obwohl die Stimmen von Darth Vader und Prinzessin Leia nicht von den uns bekannten Schauspielern des Films gesprochen werden – Ann Sachs lieh ihre Stimme Prinzessin Leia, Brock Peters übernahm den dunklen Part Darth Vaders – ist dies nicht zum Nachteil. Die leicht von den Originalstimmen abweichenden Tonlagen können damit erklärt werden, dass Darth Vader einen suggestiven Klang anschlägt und Prinzessin Leia sich unter Schmerzen wirklich so anhört. Ohne Zweifel ist die künstlerische Leistung von Ann Sachs und Brock Peters in dieser Szene absolut herausragend.
Eine visuelle Umsetzung in der Form, dass die Folterung zu sehen sei, war nicht über die gesamte Länge des von mir ausgewählten Tonmaterials möglich. Übrigens sollte dem Charakter der edlen Leia eine gewisse Intimität zugestanden werden. So entschloß ich mich zu der beschriebenen Montage.
Das verwendete Bild stammt von unterschiedlichen Quellen:
Die Aufnahme mit der Oberfläche des Todessterns ist aus dem „Making Of“ und in Zeitlupe. Den Todesstern in seiner Gänze entnahm ich aus der klassischen Version und bearbeitete ihn mittels einer Ausschnittsvergrößerung. Darth Vader in der Gefängniszelle lieferte das „Interaktive Video-Aktionsspiel“. Da diese Aufnahme keine rote Deckenbeleuchtung wie im Original enthielt, färbte ich das Bild rötlich ein. Die Luke-Szenen mit der brennenden Feucht-Farm stammen mit einer Ausnahme alle aus der klassischen Version. Nur eine mit Handkamera aus erhöhter Position gefilmte Szene, bei der Luke orientierungslos auf das Chaos zustolpert, stammt aus dem „Making Of“ und bietet einen ungewohnten Betrachtungswinkel.
Im Radio Drama ist die ganze Folter noch weitläufiger dargestellt. Für die BDFC-Version musste ich Kürzungen vornehmen. So versucht Vader direkt nach der Injektion der Droge und dem darauf folgendem Zusammenbruch Leias, diese einfühlsam davon zu überzeugen, dass seine Stimme die der Rebellenallianz sei und Leia nun ihr Wissen über die Pläne aussprechen solle. Doch Leia windet sich, traut nicht richtig dieser Stimme. Darauf hin versucht Vader, sie über ihr Pflichtbewusstsein, etwas das stark in Leia verankert ist, zum Reden zu bringen. Es sei ihre Pflicht, ja, ihre Pflicht und ihre Schuldigkeit gegenüber ihrem Heimatplaneten Alderaan und ihrem Vater, ihr Wissen nun mitzuteilen. Leia wimmert, reagiert nicht darauf. Vader wird schärfer: „Ihr Vater befiehlt, es uns zu erzählen.“ Leia stammelt: „Mein Vater…“ Vader: „Ja, möchten Sie nicht ihren Vater erfreuen?“ Leia: „Doch…“ Vader übt immer mehr Druck mit seiner Stimme aus: „Dann sagen Sie, was Sie mit diesen Plänen gemacht haben. Ihr Vater befiehlt, es uns zu erzählen!“ Leia windet sich hörbar mehr und mehr: „Mein Vater würde nie…“ Vader: „Sie strapazieren meine Geduld. Sagen sie, was mit den Plänen geschehen ist!“ Leia schluckt heftigt und erwidert: „Nein…“
Dann folgt der von mir verwendete Teil, Vader wechselt von Verschlagenheit zu Brutalität.
Vader zeigt bei Leias Folter seine tiefsten Abgründe, das wahre Gesicht eines Sith-Lords.
Im BDFC wendet Luke sein Gesicht in dem Moment entsetzt von dem grauenhaften Anblick des Todes ab, als der Schwarze Lord Leia nur noch wenige Sekunden zu leben gibt und ihr Herz zum Bersten bringen will. Sinnbildlich – die beiden folgenden Episoden „Das Imperium schlägt zurück“ und „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ vor Augen – wendet sich dabei Luke voller Abscheu von seinem Vater und dessen Dasein als Sith-Lord ab.
Ebenso sinnbildlich lasse ich Luke wieder sein Antlitz dem Grauen zuwenden, als Leia kollabierend und mit letztem Atem ihre Entschlossenheit, Widerstand bis zum Letzten zu leisten, zementiert: „Ich…werde…nichts…sagen!“ Indem Luke sich entschließt, dem Grauen bewußt Auge in Auge gegenüber zu stehen, leistet er Widerstand und nimmt wie Leia vor ihm den Kampf gegen das Grauen auf.
Doch es ist ein gefährlicher Entschluß, denn Luke verspürt nicht nur Mut zum Widerstand sondern auch Haß. Und dieser führt bekanntlich zur dunklen Seite der Macht. Aber im entscheidenden Moment löst er sich vom Haß, erinnert sich an das Grauen, welches durch Haß hervorrufen wird. Er tötet nicht seinen Vater und nimmt deshalb nicht dessen grauenverbreitenden Platz an der Seite des Imperators ein.
Die wichtigste Frage in Vaders Verhör lautete: „Wo ist die Rebellen-Festung?“ Es ging nicht wirklich um die gestohlenen Pläne, obwohl sich ein Großteil der Folter scheinbar darum dreht. Die Pläne waren nicht so wichtig, denn die Übermacht des Todessterns war offensichtlich, dadurch eine Gefahr für den Todesstern durch die Rebellen unwahrscheinlich. Die imperialen Truppen waren so wie so schon auf der Suche nach den Droiden, nachdem sie die Rettungskapsel und die Jawas aufgespürt und sich ihren Reim daraus gemacht hatten. Sobald man aber wusste, wo der Rebellenstützpunkt lag, konnte man die Rebellion mit einem schnellen Schlag zerschmettern, so wie Gouverneur Tarkin es gefordert hatte.
In diesem Sinne hat Vader das Verhör und die Folter geschickt aufgebaut, nichts war Zufall:
Sofort nach Betreten von Leias Zelle teilt Vader dieser mit, dass sie jetzt die Lage der geheimen Rebellenbasis „erörtern“ werden. Leia ist dabei noch voll bei Bewusstsein und muß sich in diesem Moment die tatsächliche Lage des Stützpunktes zwangsweise unbewusst vergegenwärtigt haben. Vader rechnet damit, unterschätzt aber erst einmal die Prinzessin nicht und möchte durch gezielte Fragen nach den gestohlenen Plänen, unterstützt durch die Droge und seine Sith-Kräfte, Leia von der wahren Frage ablenken. Daher kam die entscheidende Frage Vaders nach der Lage der Rebellenfestung erst gegen Ende, als die Tortur ihrem Höhepunkt zulief.
Ein Themawechsel während der Folter, das war wohl Vaders Hoffnung, würde entweder das angeschlagene und verzweifelnd kämpfende Unterbewusstsein der Prinzessin überrumpeln und ein ungewolltes Preisgeben des Standorts der Rebellenfestung ermöglichen, da die Information kurz zuvor unbewusst rekapituliert wurde, oder die Prinzessin zu dem Gedanken verleiten, sich Schmerzen zu ersparen, wenn sie „nur“ erzählen würde, wo sich die Rebellen-Festung befände, nicht aber die scheinbar primäre Frage, wo die Pläne versteckt seien.
Mit Leias ungebrochenem Widerstand versagt zugleich Vader. Er triumphiert nicht über diese kleine, wehrlose Frau. Niemandem soll man nach seiner Größe beurteilen, wird Yoda zu lehren wissen.
Zu einem späteren Zeitpunkt wird Vader sich der Schlußfolgerung hingeben, Leias unumstößlicher Widerstand während dieser Folter – und somit sein Versagen – begründe sich auf ihre Hoffnung, dass die Pläne die Rebellen erreichen und gegen das Imperium eingesetzt würden. Er wird alles daran setzen, die Pläne in seine Hände zu bekommen, nicht um wirklich den Standort der Rebellen zu erfahren, das ist nur vordergründig für ihn wichtig. Die Rebellion und einen ganzen Planeten zu vernichten, berührt nicht sein Innerstes, ist nicht wesentlich für ihn. Aber Versagen, das ist es, wovor er sich fürchtet. Es ist für ihn das größte Grauen. So wie er einst versagt hat, rechtzeitig seine Mutter zu retten, oder seiner Frau Padmé weiter Vertrauen zu schenken und nicht für ihren Tod verantwortlich zu sein…
Nein, er will nicht versagen. Er will Leia brechen und über sie triumphieren.
Ich denke, selbst für den Fall, dass die gestohlenen Todessternpläne für die Rebellen verloren gegangen wären und Leia davon informiert würde, hätte dies ihren Widerstandswillen nicht gebrochen. Die oberste Priorität Leias konnte zu jedem Zeitpunkt nur sein, den geheimen Stützpunkt der Rebellen nicht Preis zu geben. Denn ohne die Pläne kann die Rebellion dennoch weiter existieren, doch ohne die Rebellion wäre überhaupt kein Widerstand gegen das Imperium mehr möglich.
Im Übrigen: Nie würde Vader über Leia triumphieren können, denn sie würde nicht versagen: Leia lebt ihren Idealismus mitleidlos gegen sich selbst. Auch Tarkin hat Leia nicht brechen können, obwohl er ihre Heimatwelt ausgelöscht hat. Leia ist stärker als Tarkin und stärker als Vader. Sie ist die Härteste.
Leias Widerstand rettet mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Roboter zusammen mit Ben und Luke, da die imperialen Truppen scheinbar nicht genau die Identität von R2-D2 für ihre Suche heranziehen können. Sicher aber rettet sie mit ihrem Schweigen erst einmal die Rebellion, die weiterhin den Standort ihrer Festung verborgen halten kann und verschafft den gestohlenen Plänen Zeit, ihren Weg zu den Rebellen zu finden.
Der leidvolle Widerstand Leias war nicht umsonst. Er war die entscheidende Voraussetzung für den Triumph der Rebellion über den Todesstern.




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