Detail #2: Der Lichtschwert-Showdown: Eine neu hinzugefügte Sequenz
In meiner Version von EPISODE 1 gibt es eine kurze zusätzliche Sequenz, die den Showdown zwischen Qui-Gon / Obi-Wan und Darth Maul betrifft:
Im riesigen Kraftwerksraum der Naboo-Hauptstadt Theed sind in der Ferne auf einer der weitläufigen Brücken drei Gestalten im wilden Lichtschwert-Kampf zu sehen.
Aus der Nähe betrachtet wird im gleißenden Licht der Energie-Säulen der wendige Sith-Lord Darth Maul links von Obi-Wan und rechts von dessen Meister Qui-Gon angegangen. Maul pariert die Attacken der Jedi und zwingt seinerseits durch einen plötzlichen Hieb Obi-Wan dazu, einen Satz nach hinten zu vollführen, um nicht in die Energie-Klinge des Schwarzen Lords zu laufen.
Darauf hin springt Darth Maul unerwartet und mit unglaublich „mächtiger“ Leichtigkeit auf eine viel höher gelegene, quer verlaufende Brücke und landet via Rückwärts-Salto sicher auf dieser. Diese kurze Befreiung aus der Umklammerung der Jedi währt nicht lange. Qui-Gon und Obi-Wan folgen dem Sith-Lord und springen ihrerseits mit Hilfe der Macht auf die neue Austragungs-Ebene. Beide landen geübt auf der Brücke, so daß sie den dunklen Sith-Kämpfer wieder zwischen sich in der Zange haben.
Diese Sequenz stammt aus der Deleted-Scenes-Dokumentary. Der Ton hierzu wurde von mir neu angelegt, da die in der Dokumentation unterlegte Tonspur unbrauchbar war.
Mit nur ca. 9 Sekunden Länge erscheint diese Sequenz auf den ersten Blick unbedeutend. Doch anders als die von mir neu hinzugefügten Weltraum-Kampfszenen am Droiden-Kontrollschiff mit ca. 18 Sekunden Länge (siehe Detail#1), die keinerlei weiterführende Bedeutung mit sich bringen sondern einfach nur Spaß machen, weil sie mehr Action bieten, integrierte ich diese neue Schwertkampfszene aus zwei bedeutsameren Beweggründen.
Der eine Grund hierfür ist die logische inhaltliche Fortführung der Begegnung und des Kampfes zwischen Qui-Gon / Obi-Wan und Darth Maul.
In der Originalversion wird der Blick nach der ersten Lichtschwert-Sequenz, in der die drei Krieger der Macht ihren Austragungsort vom Hangar weg in den Kraftwerksraum auf eine überlange Brücke verlagern, auf die anderen Helden und Schauplätze des Kampfes auf und über Naboo geworfen.
Danach folgt die zweite Sequenz des Lichtschwert-Kampfes, in der sich die drei Krieger bereits auf einer kurzen, querliegenden Brücke befinden. Dabei wird Obi-Wan von Darth Maul auf eine zwei Stockwerke tiefer liegende Querbrücke gestoßen, während darauf folgend Qui-Gon mit einer regelrechten Ohrfeige Darth Maul zu Fall bringt, dieser ein Stockwerk tiefer auf einer Längsbrücke aufschlägt und Qui-Gon ihm nachspringt. Während Darth Maul und Qui-Gon in einem Duell ihren Kampf fortsetzen und sich weiter dem anderen Ende der Längsbrücke Richtung Schmelzgrube (optische Ähnlichkeit mit dem Reaktorschacht des Todessterns) nähern, rafft sich Obi-Wan auf der unteren Brücke auf, schaut nach oben und springt hoch zur Längsbrücke, auf der sich die Duellanten befinden, um diese einzuholen.
Im BERND DÖTZERs FINAL CUT befindet sich die von mir neu eingefügte Lichtschwert-Sequenz zwischen den ersten beiden in der Originalversion verwendeten Lichtschwert-Sequenzen:
Jetzt ist klar, wie sie auf die kurze, querliegende Brücke kamen, auf der sie sich zu Beginn der in der Originalversion verwendeten Sequenz plötzlich befinden: Nämlich in dem Darth Maul wie beschrieben auf die darüber liegende Querbrücke hochgesprungen und mit einem Rückwärts-Salto gelandet ist, woraufhin ihm Qui-Gon und Obi-Wan ebenfalls per Sprung folgten.
Hiermit wird der Kampfweg, den die zwei Jedi und der Sith einschlugen, komplett geschildert. Anstatt daß der Kampf wirr durch das Labyrinth der Längs- und Querbrücken im riesigen Kraftwerksraum geführt wird, so wie es die Schnittführung in der Originalversion suggeriert, ist jetzt klar zu erkennen, daß die Brücke, die sie zu Beginn ihres Lichtschwert-Gefechts im Kraftwerksraum betreten, direkt zum dahinter liegenden Schmelzgruben-Raum führt. Von dieser Brücke springen sie auf die darüber liegende Querbrücke, Obi-Wan wird von dieser gestoßen und fällt nicht auf die Längsbrücke, von der sie gestartet sind, sondern noch eine Brücke tiefer, die quer zur Längsbrücke verläuft. Qui-Gon bringt Darth Maul zum Sturz. Dieser fällt allerdings nur eine Brücke tiefer und landet somit auf der Längsbrücke, die als Hauptverbindung zum Schmelzgruben-Raum dient und von der der Kampf im Kraftwerksraum begonnen wurde.
Somit ist also die wohl ursprüngliche Idee des Filmemachers, einen direkt nachvollziehbaren Weg des Gefechts der Drei aufzuzeigen – schließlich sind diese Szenen wirklich gedreht worden – wiederhergestellt. Zumindest sehe ich nach Betrachten meiner Version eine klare Linie des Ablaufs des Lichtschwert-Kampfes und wage die Aussage, daß George Lucas dies ursprünglich konzipiert hat, wie es auch schon in EPISODE 4 – 6 der Fall war: Im endgültigen Schnitt mag nicht mehr so viel davon zu sehen sein, doch die Grundkonzeption der Handlungsabläufe wird wie bei der Erstellung eines Schlachtplans klar verfolgbaren, logischen Abläufen unterworfen.
Der zweite Grund, diese neu integrierte Sequenz mit anderen Augen zu sehen, betrifft die rhythmische Anpassung des Filmschnitts.
Dazu muß man sich einerseits vergegenwärtigen, auf wie vielen Erzählebenen die Geschichte vorangetrieben wird, andererseits auch die Dauer der jeweiligen Sequenzen bzw. die Schnelligkeit der Schnitte betrachten.
Betrachten wir zuerst die Erzählebenen.
Im „KRIEG DER STERNE“ wurde von Episode zu Episode die Anzahl der Erzählebenen während des Showdowns stetig gesteigert.
Im ersten Kinofilm – EPISODE 4 – wurde die abschließende Schlacht praktisch eindimensional aus Sicht der kämpfenden Piloten erzählt. Die kurzen Zwischenschnitte zum Kontrollraum des Rebellenstützpunktes und des Todessterns zeigen im Prinzip keine Handlung, Menschen warten einfach auf ihr Schicksal.
In EPISODE 5 wird schon frühzeitig auf zwei Erzählebenen aufgetrennt: Lukes beginnende Ausbildung zum Jedi und die Abenteuer der übrigen Helden. Zum Ende hin bleiben diese zwei Ebenen erhalten. Wir verfolgen Lukes Duell mit Darth Vader und werden gleichzeitig Zeuge der Flucht von Leia, Lando, Chewie und der zwei Roboter.
In EPISODE 6 ging George Lucas noch weiter und ließ den Showdown auf drei Handlungsebenen ablaufen: Erstens, Lukes zweites Duell mit seinem Vater und die Auseinandersetzung mit dem Imperator. Zweitens, die Schlacht der Ewoks zusammen mit Leia, Han, Chewie und den Robotern gegen die imperialen Legionen auf dem Waldmond Endor. Drittens, der Kampf der Flotte unter Landos Führung über und im Todesstern.
Nach vielen Jahren Pause wagte sich STAR-WARS-Schöpfer George Lucas mit EPISODE 1 sogar noch einen Schritt weiter. Mit gleich vier Erzählebenen übertrifft er alle bisherigen Zahlen. Die erste Ebene betrifft die Schlacht der Gungans gegen die Droiden-Armee. Die zweite Ebene erzählt den Kampf der Königin Amidala im Palast von Theed gegen den Vizekönig der Handelsförderation. Erzählebene Nummer 3 zeigt die Raumschlacht der Naboo-Flotte gegen das Droiden-Kontrollschiff und Anakins Sieg. Schließlich läuft parallel zu den drei genannten Handlungen die vierte Ebene mit der ultimativen Auseinandersetzung zwischen Gut und Böse, dem Lichtschwert-Kampf der Jedi gegen den Sith-Lord.
Wir haben es also in EPISODE 1 mit vier Erzählebenen während des Showdowns zu tun. Dies ist wichtig, da die von mir neu hinzugefügte Lichtschwert-Sequenz auch während des Showdowns stattfindet. Praktisch heißt dies, daß immer wieder zwischen den einzelnen Erzählebenen hin und her geschnitten werden muß, um die Geschichte weiter zu bringen. Dabei darf keine Ebene vernachlässigt werden, damit der Zuschauer nicht das Interesse oder die Übersicht verliert. Das bedeutet, daß in einem gewissen Rhythmus immer wieder eine Ebene nach der anderen betrachtet werden sollte.
In EPISODE 1 wird nach dem finalen Sturm auf den Hangar in Naboos Hauptstadt von zwei Betrachtungsebenen – die Schlacht der Gungans außerhalb der Hauptstadt hat bereits begonnen – auf vier Ebenen aufgefächert: Die Naboo-Jäger und Anakin starten durch, Königin Amidala dringt weiter in den Palast vor und Qui-Gon / Obi-Wan gehen ihren Kampf mit Darth Maul an.
Betrachten wir nun ab diesem Zeitpunkt der vollzogenen Aufspaltung in vier Ebenen die folgenden einzelnen Handlungsebenen und auch deren Rhythmus.
In der Originalversion folgt nach der ersten Lichtschwert-Sequenz, deren Ende die Aufspaltung in vier Handlungsebenen manifestiert, ein beginnender Kreislauf mit sehr kurzen Sequenzen, die den Blick auf die verschiedenen Handlungsebenen freigeben.
Als erstes wird Königin Amidalas Versuch gezeigt, in einem von Kampf-Droiden blockierten großen Flur des Palasts vorzudringen. Die Länge dieser Sequenz beträgt 18 Sekunden.
Danach ist Anakin im Raumjäger beim Anflug auf das Droiden-Kontrollschiff zu sehen. Dies geschieht über einen Zeitraum von 9 Sekunden.
Daraufhin kommt die Schlacht der Gungans für 28 Sekunden in den Blickpunkt des Geschehens.
Nun beginnt ein weiterer Kreislauf, allerdings mit einem deutlich langgezogenem Rhythmus:
Es folgt wieder die Raumschlacht mit Anakin, diesmal mit einer Länge von 54 Sekunden.
Als nächste Ebene steht Königin Amidala und das Feuergefecht im Palast im Mittelpunkt. Dauer: 44 Sekunden.
Jetzt beginnt die zweite Lichtschwert-Sequenz mit dem Kampf auf der querliegenden kleinen Brücke. Dieses Ereignis wird mit 79 Sekunden Länge eingehend betrachtet.
Der Kreis schließt sich mit einer ebenfalls langen Sequenz, in welcher der Rückzug der Gungans gezeigt wird.
Zugleich tut sich aber ein neuer Kreis auf, denn Königin Amidala ergibt sich dem Feind, gefolgt von weiteren hoffnungslosen Situationen in den anderen drei Erzählebenen: Anakin bleibt handlungsunfähig im Hangar des Droiden-Kontrollschiffs liegen, Qui-Gon wird tödlich vom Sith-Lord verwundet und die Gungans werden scheinbar endgültig besiegt.
Danach startet ein Kreislauf, der alle Handlungsebenen aus der Hoffnungslosigkeit in die Siegesposition hebt.
Im BERND DÖTZERs FINAL CUT ist die neu eingefügte Lichtschwert-Sequenz in den unvollständigen Kreis mit den sehr kurzen Sequenzen eingebettet, so daß jetzt ein vollständiger Zyklus aller vier Erzählebenen direkt nach der ersten Lichtschwert-Sequenz vorhanden ist:
Als erstes wird Königin Amidalas Versuch gezeigt, in einem von Kampf-Droiden blockierten großen Flur des Palasts vorzudringen. Die Länge dieser Sequenz beträgt 18 Sekunden.
Danach folgt ein Schnitt auf Anakin im Raumjäger beim Anflug auf das Droiden-Kontrollschiff mit einer Länge von 9 Sekunden.
Daraufhin ist die Schlacht der Gungans für 10 Sekunden im Blickpunkt (Jar Jars Slapstick-Einlagen sind von mir entfernt worden).
Nun folgt die neu integrierte, kurze Sequenz des finalen Lichtschwert-Gefechts zwischen Qui-Gon / Obi-Wan und Darth Maul, wobei sie auf die obere, querliegende Brücke springen. Mit einer Länge von 9 Sekunden liegt diese Sequenz voll im Rahmen der in diesem Zyklus verwendeten Längen.
Daß diese in der Originalversion fehlende Sequenz auch wirklich ursprünglich in diesem Kreislauf der kurzen Sequenzen vorgesehen war, ist nicht nur auf Grund der passenden Länge von 9 Sekunden oder der logischen Schlussfolgerung heraus zu erahnen, daß alle vier Handlungsebenen in einem Kreis vereint sein sollten. Vielmehr ist diese Sequenz auch im Drehbuch enthalten („Illustrated Screenplay“, Del Rey Books, 1999), wenn auch an einer minimal anderen Stelle, da für den Film die Schnittfolge abweichend vom Drehbuch gestaltet wurde.
Aus dieser Tatsache und den von mir erörterten zwei Gründen heraus – der logischen inhaltlichen Fortführung und der rhythmischen Anpassung des Filmschnitts – verstehe ich diese neu integrierte, sehr kurze Lichtschwert-Sequenz ganz im Geiste von „STAR WARS“ als Restauration der ursprünglichen Konzeption dieses Teilstücks von EPISODE 1.
Die vorliegende, sehr ausufernde und trockene Abhandlung meinerseits läßt sich aber von jedem interessierten Fan selbst praktisch und spannend nachvollziehen. Es reicht schon, die entsprechenden Sequenzen aus der Originalversion und der Deleted-Scenes-Documentary mittels eines Videorekorders grob aneinander zu schneiden und das Resultat auf sich wirken zu lassen. So kann sich jeder selbst sein eigenes Bild machen und für sich entscheiden, ob diese kurze Sequenz ihr Dasein weiterhin am Boden des Schneideraums fristen soll oder lieber doch an der ursprünglich vorgesehenen Stelle im Film glänzen darf.
Was mich betrifft, so empfand ich schon im Kino, lange vor der Veröffentlichung der geschnittenen Szenen, daß zwischen erster und zweiter Lichtschwert-Sequenz zu viel Zeit verging und konnte es nicht erwarten, bis endlich wieder zum Kampf der Jedi mit dem Sith-Lord „geschaltet“ wurde. Schon allein daher darf in meiner Version diese kleine Sequenz nicht fehlen.











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