Und plötzlich: Thrawn
Die Thrawn-Trilogie von Timothy Zahn, die Dark Empire später überschatten und zum Teil negieren sollte, war im September 1989, als das Dark-Empire-Konzept bei Lucasfilm vorgelegt wurde, noch nicht einmal angedacht. Erst im Oktober 1989 ging Lucasfilm auf den Bantam-Verlag zu, um eine Romantrilogie zu entwickeln. Parallel dazu wurde Tom Veitch gefragt, ob er selbst eine Romanadaption von Dark Empire schreiben wolle. Veitch sagte begeistert zu.
Doch Bantam wollte statt mit dem Dark-Empire-Autor lieber mit einem seiner Vertragsautoren zusammenarbeiten, und so kam Timothy Zahn ins Spiel. Diesem wurde über Dark Empire allerdings nichts erzählt, und alle Vorschläge von Veitch, doch eine Zusammenarbeit zwischen Comics und Romanen herzustellen, fielen auf taube Ohren. So entwickelte Zahn sein Konzept für die Thrawn-Trilogie, ohne auch nur zu ahnen, dass es bereits ein fertiges Konzept für eine Comic-Trilogie gab.
Mein Hauptproblem war, dass sich Erben des Imperiums für mich überhaupt nicht wie ein Star-Wars-Film anfühlte.
Tom Veitch
Erst zu dem Zeitpunkt, als beide Konzepte vorlagen, wurde Timothy Zahn das Dark-Empire-Konzept mit Bitte um eine Kritik vorgelegt. Diese wurde wiederum an Dark-Empire-Autor Tom Veitch übergeben, der im Gegenzug gebeten wurde, Zahns Thrawn-Konzept zu bewerten.
Ein Problem bestand darin, dass weder unser Herausgeber bei Marvel, Archie Goodwin, noch Cam [Kennedy], noch ich selbst die Handlung von Tim mochten. Sie wirkte eher langweilig und unaufregend. Sie zog sich durch eine Menge Szenen, die eine Wiederholung der Filme darstellten, aber das Tempo war nicht filmisch und machte visuell nicht viel Spaß. Noch schlimmer ist, dass die neuen Charaktere eindeutig von den Figuren aus den Filmen abgekupfert sind. Zum Beispiel war die Figur Talon Karrde ein Han-Solo/Lando-Calrissian-Klon. Und Admiral Thrawn war ein Ersatz für Darth Vader und Peter Cushing (als Großmoff Tarkin). Eine andere Figur, der dunkle Jedi Jorus C’baoth, hatte die Eigenschaften von Vader und dem Imperator.
Ersatzschurken, die bekannten Schurken ähneln, können in Ordnung sein, aber normalerweise muss man viel Zeit darauf verwenden, die Leser von ihnen zu überzeugen.
Aus Veitchs Sicht hatte Timothy Zahn, der später erklärte, aus seiner Sicht sei die Rückkehr des Imperators in Dark Empire ein Bruch mit der Essenz von Die Rückkehr der Jedi-Ritter, den Kern dieses Films nicht verstanden.
Wenn der Imperator Luke herausfordert, ihn mit all seinem Hass niederzustrecken, scheint ihm sein eigener Tod völlig gleichgültig zu sein! Palpatine spürt, dass er siegen wird, egal wie die Konfrontation mit Luke ausgeht.

Veitch bewertete Die Rückkehr der Jedi-Ritter hingegen völlig anders und erklärte:
Meine Arbeitshypothese war, dass der Imperator in Die Rückkehr der Jedi-Ritter diesen Moment wählte, um aus seiner tiefen Abgeschiedenheit in der Imperialen Stadt herauszukommen, weil er nicht mehr um die Sicherheit seines Körpers fürchten musste. Er beherrschte die Dunkle Seite nun so gut, dass er nun bereit war, einen Übergang zu vollziehen, auf den er seit vielen Jahren hingearbeitet hatte – nämlich seinen alternden, kranken und verkrüppelten Körper durch einen jungen Klon zu ersetzen! Luke dazu zu verleiten, ihn im Zorn mit dem Lichtschwert zu erschlagen, würde also zwei Dinge bewirken: Es würde Luke auf die dunkle Seite führen und es würde den Moment markieren, in dem Palpatine den Übergang zu seinem Klonkörper vollzieht.
Luke widerstand, wie wir wissen, der Versuchung, den Imperator zu töten. Dann schleudert Vader den Imperator in den tiefen Reaktorschacht, und wir sehen eine Reihe von blauen Blitzen, die das Ende des Imperators verdeutlichen. Die blauen Blitze standen dafür, dass die Lebensenergie des Imperators, seine bewusste dunkle Macht, seinen Körper verließ. Unserer Geschichte zufolge wurde sein Bewusstsein fast augenblicklich quer durch die Galaxis übertragen und in einen neuen jugendlichen Körper übertragen. Mit geklonten Körpern konnte Palpatine ewig leben … und das Imperium für Tausende von Jahren regieren!
Timothy Zahn schätzte all diese Ideen so wenig wie Tom Veitch Zahns trockeneres und militärischer orientiertes Konzept. Am Ende entschied Lucasfilm, trotz der massiven Unterschiede im Grundverständnis von Star Wars beide Projekte auf den Weg zu schicken, was in der Folge dazu führte, dass beide Sichtweisen auf die Stärke oder Schwäche von Luke, die Jedi-Entwicklung oder Nicht-Entwicklung von Leia, das Überdauern oder Nicht-Überdauern des Imperators und die visuelle Weiterentwicklung oder Stagnation der Saga nach Die Rückkehr der Jedi-Ritter das Erweiterte Post-Endor-Universum prägten.
Aber: Dadurch, dass zwischen der Thrawn-Trilogie und Dark Empire überhaupt eine zeitliche Verbindung hergestellt wurde, legten die Werke zusammen den Grundstein zum Erweiterten Star-Wars-Universum, das sich von nun an einer kontinuierlichen Zeitlinie verschrieb. Ereignisse hatten damit Einfluss auf spätere Werke, Entwicklungen konnten über Jahre oder Jahrzehnte erzählt werden. Für die Komplexität von Star-Wars-Erzählungen in Roman- und Comicform bedeutete dies einen enormen Sprung nach vorn.

Und auch der harte Gegensatz zwischen Timothy Zahn und Tom Veitch hatte sein Gutes, wie Veitch später bekannte:
Das Gute an Tims und meinem heftigen Austausch im Jahr 1990 war, dass sich danach alle zurückhielten und Cam und mich Dark Empire fertigstellen ließen. Ein paar Jahre später lobte mich jemand bei Lucasfilm für meine Reaktionen auf Zahns Kritik. „Junge, ihr zwei habt euch damals wirklich ins Zeug gelegt”, hieß es da. „Es war wie ein Lichtschwertduell. Er war darauf aus, Dich zu zerstören, aber Deine Reaktionen auf Tim waren genau richtig.”
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