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Dark Empire: Das dunkle Imperium

Ein beispielloser Verkaufserfolg, ein Werk mit einer einzigartigen Bildgewalt, und eine Sequelgeschichte, die das Szenario der Klassischen Trilogie tatsächlich weiterentwickelte: All das und mehr war Tom Veitchs Dark Empire. Wir blicken zurück auf ein Meisterwerk des Erweiterten Universums.
Dave Dormans Titelbild zu Dark Empire© Lucasfilm

Kaum aufgelöste Widersprüche und ein großes Vermächtnis

Die Gegensätze zwischen Dark Empire und der Thrawn-Trilogie wurden im Erweiterten Universum am Ende faktisch nur an einer Stelle thematisiert und beigelegt: In einem Quellenbuch zum Rollenspiel von West End Games. Das Dark Empire Sourcebook, das inzwischen nur noch mit Mühe aus zweiter oder dritter Hand erhältlich ist, erklärt unter anderem die starken Unterschiede zwischen der imperialen Kriegsmaschinerie in Dark Empire, wo das Imperium über massive Flotten und Kriegstechnik verfügt, und der Thrawn-Trilogie, wo Thrawn selten mit mehr als 5 Sternenzerstörern operiert, damit, dass Thrawn keinen Zugriff auf die Hauptflotte hatte, weil diese bereits wieder unter dem Kommando des Palpatine-Klons stand, der alle Streitkräfte zu sich in den galaktischen Tiefkern zurückbeordert hatte. Nur kleine Reste der imperialen Flotte standen daher zur Verfügung, um sich einem zurückgekehrten Großadmiral anzuschließen.

Wenig überraschend wurde diese Erklärung vom insgesamt der Thrawn-Trilogie unterworfenen Roman-Universum selten bis nie berücksichtigt oder auch nur erwähnt. Eine Ausnahme stellten die Werke von Kevin J. Anderson dar, der in seiner Jedi-Akademie-Trilogie unter anderem die Rekonstruktion von Coruscant und Calamari nach den Verwüstungen durch den geklonten Imperator aufgreift sowie Leias und Hans neugeborenen Sohn Anakin Solo.

Andere Charaktere und auch Schauplätze aus Dark Empire fanden hingegen öfter ihren Weg in andere Werke. Hans alte Freundin Salla Zend und der Mechaniker Shug Ninx kehrten in verschiedenen Romanen zurück, und vor allem Nar Shaddaa wurde erst zu einem der beliebtesten Schauplätze der LucasArts-Computerspiel-Reihe Dark Forces, bzw. Jedi Knight und tauchte danach immer wieder in Romanen und Comics auf, wenn ein besonders verruchtes Verbrecherparadies benötigt wurde.

Dave Dorman – Original-Cover für Star Wars: Dark Empire II Trade Paperback (Dark Horse, 1995).
Dave Dormans Original-Cover für Star Wars: Dark Empire II

Anfang der 90er war die fehlende Langzeitwirkung des Projekts noch nicht absehbar. Damals bewertete die Dark-Horse-Herausgeberin Barbara Kesel Dark Empire so:

„Tom liebte die Star-Wars-Geschichten und wollte dem Mythos um seine eigene Vision erweitern. Er entschied sich, einen Comic auf dem Niveau eines Romans zu schaffen und arbeitete dann daran, seine Epik zu steigern. Zusammen mit den Dave-Dorman-Covern war das Ergebnis ein Comic, den die Fans einfach nicht ignorieren konnten. Er sah erwachsener aus als die früheren Marvel-Comics und vermittelte den Eindruck, dass man ihn ernst nehmen sollte. Und genau das taten die Fans auch. Mit Dark Empire wurden die Star-Wars-Fans erwachsen, und die Comics selbst wurden erwachsen und als Kunstform ernster genommen. Es war genau das richtige Projekt zur richtigen Zeit.”

Und war entsprechend ein Publikumserfolg, der die Branche vollkommen überraschte: Bis zu Dark Empire waren Comic-Lizenzen ein Nebengedanke gewesen, wenn nicht gar ein Verlustgeschäft, doch nun brach das Projekt alle Verkaufsrekorde. Zeichner Cam Kennedy erinnerte sich später: „Marvel hatte immer so um die 4.000 bis 5.000 Exemplare pro Monat verkauft, und sie hätten etwa 7.500 verkaufen müssen, um auch nur ihre Kosten zu decken. Es ging also nicht voran. Vom ersten Dark-Empire-Band, den wir herausbrachten, verkauften wir hingegen etwa 220.000 Exemplare. Das war gut, und Lucasfilm war natürlich sehr erfreut. Und auch später verkaufte sich die Geschichte immer weiter.”

Voller Stolz bewarb Dark Horse die Fortsetzung seines Verkaufserfolgs Dark Empire.

Tom Veitch erinnerte sich später: „Wir bekamen Hunderte von sehr positiven Briefen und vielleicht einen oder zwei negative.”

Aus Sicht von Dark-Horse-Herausgeber Randy Stradley fielen bei Dark Empire alle Erfolgsfaktoren zusammen: „Es gab damals ein Publikum, das nach mehr Star Wars lechzte, und wir waren zur rechten Zeit am rechten Ort. George Lucas hatte uns einen faktisch grenzenlosen Spielplatz zur Verfügung gestellt, gefüllt mit dem besten Spielzeug, das man sich wünschen konnte. Wir mussten nicht viel mehr tun als sicherzustellen, dass die Geschichten, die wir erzählten, dem Geist seiner Filme gerecht wurden. Dark Empire hat in diesem Kontext die Sicht der Öffentlichkeit und der Fans auf Star Wars verändert, indem es das damals noch junge Erweiterte Universum wirklich erweitert hat.”

Das Titelbild entsteht

Und während Dark Empire aus heutiger Sicht – und trotz seiner zahllosen großen Beiträge zur Wiedererweckung des Kriegs der Sterne in der Literatur – als Sonderling betrachtet wird, der meist eher in einer Kategorie mit dem Holiday Special diskutiert wird als auf einer Stufe mit den übrigen großen Werken der Legends-Kontinuität, ist das Projekt in Wahrheit der wahrscheinlich spektakulärste Star-Wars-Comic, der je produziert wurde. Nicht wenige Fans und Bewunderer würden wohl argumentieren, dass nur wenige andere Comics seitdem auch nur annähernd so gut geworden sind, und – dieses Special mag es demonstrieren –für so manchen Fan ist Dark Empire sogar die beste der zahllosen Sequel-Varianten.

„Die Tatsache, dass Dark Empire auch heute noch beliebt ist, zeigt mir, wie zeitlos das Material wirklich war”, meine Titelbildzeichner Dave Dorman später. „Die Reaktionen, die ich auf Conventions sowohl von älteren Lesern als auch von einer neuen Generation von Lesern bekomme, die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch nicht einmal geboren waren, zeigen mir das. Ich glaube, dass alle an dem Projekt Beteiligten viel wahre Liebe und Zuneigung für das Material hatten. Diese Liebe hat sich meiner Meinung nach auch auf die Öffentlichkeit übertragen.“

Und auch Autor Tom Veitch blickte liebevoll auf sein Werk zurück, das er als „eine Charaktergeschichte jenseits von Blastern, Lichtschwertduellen und explosiven Schlachten zwischen Kriegsschiffen im Sternenmeer“ im Gedächtnis behielt.

Und keine Frage: Dark Empire erzählt eine große Geschichte, in der sich selbst der größte galaktische Held, Luke Skywalker, seiner dunklen Seite stellen muss. Und in der selbst Luke Skywalker, der Erlöser Darth Vaders, seinerseits Erlösung finden muss.


Christoph

Als SWUler der 2. Generation ist Christoph seit Sommer 2001 auf Star Wars Union aktiv und übernimmt inzwischen eher Aufgaben hinter den Kulissen. Seine Liebe gehört der Lucas-Saga, dem Dunklen Imperium, der New-Jedi-Order-Buchreihe, der Entstehungsgeschichte des Kriegs der Sterne sowie Jyn Erso.

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