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Literatur // Interview

Das Ende aller Dinge: James Luceno über The Unifying Force

Der Autor des Abschluss-Romans der 19teiligen New Jedi Order spricht über Herausforderungen, Enttäuschungen und Höhepunkt des jahrelangen Projekts.
Das japanische Coverbild für The Unifying Force© Lucasfilm

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Herr Luceno, The Unifying Force ist nach dem Agents-of-Chaos-Zweiteiler, Hero’s Trial und Jedi Eclipse, Ihr dritter Roman in der New-Jedi-Order-Reihe. Ihre Beteiligung an der Reihe reicht allerdings noch weiter bis zu ihren Anfängen zurück, sowohl als Autor als auch hinter den Kulissen. Können Sie uns ein wenig darüber erzählen, wie Sie zur New Jedi Order gekommen sind und was Ihr Beitrag war?

Das Buch erschien als Hardcover ursprünglich mit einer Begleit-CD-Rom

Meine Beteiligung – zunächst als eine Art Berater – rührte ursprünglich daher, dass ich die Robotech-Reihe, also ebenfalls eine Science-Fiction-Saga mit mehreren Büchern, geleitet und mitgeschrieben habe. Für die New Jedi Order nahm ich an den meisten Autorentreffen auf der Skywalker Ranch teil, half bei der Ausarbeitung und Verfeinerung sowohl des ursprünglichen Entwurfs als auch der Serienbibel, las und kommentierte einzelne Manuskripte und erweiterte zusammen mit Dan Wallace die Karte der Star-Wars-Galaxis. Die Lektorin Shelly Shapiro und ich haben uns während der gesamten Serie beraten und nach der Hälfte der Zeit das bisher Erreichte neu bewertet und dann überlegt, was noch offen war. Auf dieser Grundlage haben wir uns dann den Kopf darüber zerbrochen, wie die Dinge abgeschlossen werden sollten.

Die New Jedi Order umfasst neunzehn Romane in einer komplex verknüpften Handlung, die von einem Dutzend verschiedener Autoren erzählt wird. Was empfinden Sie, wenn Sie dieses gewaltige Unterfangen nach so vielen Jahren zum Abschluss bringen?

In einem Wort: Erleichterung. Zu Beginn des Projekts schien es, als hätten wir alle Zeit der Welt, um die Geschichte zu Ende zu bringen. Aber Murphys Gesetz setzte sich schnell durch, und ehe wir uns versahen, waren wir auch schon im Verzug. Oft arbeiteten drei Autoren gleichzeitig an Büchern, und die Abgabetermine für die Überarbeitung standen oft im Widerspruch zu denen der nicht zu Star Wars gehörenden Romane dieser Autoren. Trotz ihrer Hingabe für die Reihe waren Shelly und Sue Rostoni (bei Lucasfilm) häufig gezwungen, ihre redaktionellen Talente anderen Projekten zu widmen. Darüber hinaus gab es abgesagte Bücher, Änderungen von Handlungsbögen in letzter Minute, Krankheiten und alle möglichen anderen Hindernisse, die es zu überwinden galt.

Was waren für Sie persönlich die Tiefpunkte bei der Arbeit an diesem Projekt? Und natürlich: Die Höhepunkte?

Von Anfang an hatte die New Jedi Order eine beträchtliche Leserschaft, selbst im Vergleich zur Konkurrenz durch die Prequel-Romane, die Comics und andere Serien aus der Welt von Star Wars – und trotz der Tatsache, dass die Hauptfiguren bereits durch so viele Wendungen gegangen waren. Es ist also ein Erfolgserlebnis, das Interesse so vieler Leser aufrechterhalten zu haben. Gleichzeitig war es wunderbar zu sehen, dass Troy Denning, Greg Keyes, Matt Stover und andere Autoren für ihre individuellen Bemühungen die wohlverdiente Anerkennung erhielten. Ein offensichtlicher Tiefpunkt ist irgendwie die Reaktion der Fans auf Chewbaccas Tod sein, aber ich hatte da nicht anderes erwartet. Deprimierender war es, zu sehen, wie sich Fehler in der Kontinuität der Charaktere und der Handlung in die Serie eingeschlichen haben. Und ganz aus der persönlichen Sicht heraus, haben mich die doch sehr widersprüchlichen Reaktionen der Fans auf meine Bücher davon abgehalten, wirklich zu verstehen, was ich darin richtig oder falsch gemacht habe.

Ihre bisherigen Bücher in der Reihen waren Hero’s Trial und Jedi Eclipse, das vierte und fünfte Buch also; jetzt haben Sie den letzten Band geschrieben. Wussten Sie, dass Sie dieses Buch schreiben würden, als Sie an den ersten beiden arbeiteten? Wie viel von der übergreifenden Handlung der Serie war den Autoren im Voraus bekannt, und wie viel konnten Sie im Laufe der Zeit hinzuerfinden?

Mit The Unifying Force endete die New Jedi Order nach 19 Romanen

Ich wusste nicht im Voraus, dass ich das letzte Buch schreiben würde. Aber da ich die Serie seit ihrer Entstehung begleitet hatte und den Vorteil hatte, in fast jede Idee eingeweiht zu sein, die einmal diskutiert worden war, war ich die offensichtliche Wahl.

Wir haben uns bewusst dafür entschieden, nicht jede Antwort auf jede E-Mail eines Autors an alle anderen weiterzuleiten, weil dies mit hoher Wahrscheinlichkeit zu völliger Verwirrung und zu vielen unterschiedlichen Ansichten über die Handlung geführt hätte. Der übergreifende Handlungsbogen war aber allen Beteiligten bekannt. Trotzdem hatten wir alle viel Spielraum in Bezug auf Nebenhandlungen und die Entwicklung der Charaktere.

Letzteres erwies sich sowohl als Segen als auch als Fluch. Die Einzelheiten des etwas überarbeiteten Handlungsbogens waren nur wenigen Autoren bekannt, und selbst nachdem ich einen ersten Entwurf von The Unifying Force vorgelegt hatte, machten wir noch Entdeckungen, was noch für einen runden Abschluss fehlte. Ich erinnere mich, dass ich einmal eine drei Seiten lange Liste von Handlungssträngen hatte, die es abzuschließen galt!

Eines der zentralen Themen der Reihe bestand darin, Ungereimtheiten, man könnte sogar sagen Paradoxe, in der Art und Weise, wie die Macht in früheren Romanen und Filmen dargestellt oder verstanden wurde, zu diskutieren und aufzulösen. Zum Beispiel gibt es das Rätsel um die Immunität der Yuuzhan Vong gegen die Macht sowie Meinungsverschiedenheiten zwischen den Jedi über die Natur der dunklen Seite. Wie viel sollten die Fans angesichts all dessen in den Titel The Unifying Force hineininterpretieren?

Der Titel soll auf mehreren Ebenen funktionieren, und ich erinnere mich noch gut an meine Begeisterung, als ich erfuhr, dass Lucasfilm seine Verwendung bewilligt hatte. In den Prequels wird die vereinende Macht als eher zukunftsorientiert definiert und befasst sich mit den Folgen von Handlungen – selbst scheinbar richtigen Handlungen. Die lebendige Macht hat mehr damit zu tun, sich der Gegenwart bewusst zu sein. Der Titel spielt auf diesen Unterschied an.

Gleichzeitig besteht die Aufgabe der Neuen Republik darin, eine vereinte Flotte zusammenzustellen, um sie gegen die Yuuzhan Vong einzusetzen. Und im weiteren Sinne könnte sich der Titel auch auf die sogenannten „Beschämten“ beziehen, die ausgestoßenen Yuuzhan Vong, die in der Endphase des langen Krieges eine entscheidende Rolle spielen.

Ein weiteres Thema war der natürliche Lebensprozess: Geburt, Reifung, Tod. Wir haben den Tod von Chewie und Anakin gesehen; wir haben die Geburt von Luke und Maras Sohn Ben gesehen; wir haben die Reifung von Jaina und vor allem Jacen gesehen, deren Verbindung zur Macht sogar die von Luke zu übertreffen scheint. Gleichzeitig haben sich dieselben Prozesse in größerem Maßstab in persönlichen Beziehungen, in politischen Systemen und im Aufeinandertreffen von Rassen und Zivilisationen entfaltet. Wie ein universelles Gesetz scheint dasselbe auf all diesen verschiedenen Ebenen zu wirken. Ist es die Macht?

Ich fühle mich wohler, wenn ich sage, dass in der Reihe verschiedene Autoren über die Macht schreiben. Viele Handlungsstränge der New Jedi Order sind aus der Gliederung der Serie selbst entstanden; Dinge wurden im Laufe der Zeit entdeckt, als eine Art Epiphänomen des kreativen Prozesses. Wie in den Filmen dargestellt, scheint die Macht auf ähnliche Weise zu wirken. Ich denke, man könnte sagen, dass wir zumindest versucht haben, uns mit der Macht zu verbünden, um in Harmonie mit ihr zu schreiben.

Verbannte der Macht

Eine der vielen überraschenden Enthüllungen im Roman ist, dass den Yuuzhan Vong die Macht entzogen worden ist: Vor langer Zeit wurden sie im wahrsten Sinne des Wortes aus ihr verbannt. Dies wirft die Frage auf, ob die Macht selbst empfindungsfähig und eigenwillig ist, wie ein Gott. Und wenn den Yuuzhan Vong die Macht entzogen werden konnte, warum wurden Darth Vader und die Sith nicht auf ähnliche Weise ausgestoßen, als sie begannen, die Macht zu missbrauchen?

Die Einführung der Midi-Chlorianer und das Rätsel um die Geburt Anakin Skywalkers lassen darauf schließen, dass die Macht einen eigenen Willen haben kann, wenn es nötig ist – vielleicht wenn diejenigen, die das Gleichgewicht aufrechterhalten und Frieden und Gerechtigkeit ehren sollen, ihrer Aufgabe nicht gerechtwerden. Viele würden wohl zustimmen, dass die Natur auf ähnliche Weise funktioniert, indem sie Ozonlöcher bildet, Waldbrände entfacht oder die Erde von Zeit zu Zeit kräftig durchschüttelt. Die Netto-Auswirkungen auf empfindungsfähigen Lebens sind dabei minimal, wenn man sie auf einer kosmischen Skala betrachtet. Die Macht wird tun, was immer nötig ist, unabhängig davon, was Menschen oder andere Lebewesen im Schilde führen. Man kann annehmen – und das wurde auch tatsächlich so angenommen –, dass die Sith und Darth Vader wesentlich dazu beitrugen, die Macht wieder ins Gleichgewicht zu bringen; dass sie in gewisser Weise sehr eng mit der Verwirklichung des ultimativen Ziels der Macht verbunden waren.

Wer ist Ihr Lieblingscharakter in dem Roman und warum?

Ich schreibe immer gerne über Han Solo. Aber in The Unifying Force haben es mir die Charaktere angetan, die sich in der Zwickmühle befinden und gezwungen sind, das zu überdenken, was sie lange Zeit als Wahrheit akzeptiert haben. Auf der einen Seite stehen da Nom Anor und Harrar, auf der anderen Jacen, Luke und in gewissem Maße C-3PO.

Ihre Weltraumschlachten sind fantastisch. Wie schreibt man überzeugend über etwas, das so weit jenseits des aktuell technisch Möglichen liegt? Woher stammen die Taktiken der Weltraumkriegsführung? Welche Vorbilder hatten Sie bei der Gestaltung dieser Szenen?

Ich bin es nicht gewohnt, dass meine Kampfszenen als „fantastisch“ bezeichnet werden. Einer der häufigsten Kritikpunkte an mir ist meine Unfähigkeit, Action darzustellen. Aber vielleicht werde ich ja besser. Wenn dem so ist, dann schreibe ich das dem Studium zu Füßen der großen Meister zu, zu denen in Star Wars Brian Daley, Tim Zahn, Mike Stackpole, Troy Denning und Walter Jon Williams gehören. Was Vorbilder angeht, so denke ich, dass George Lucas uns allen in der Eröffnungssequenz von Eine neue Hoffnung und in den Schlussszenen von Die Rückkehr der Jedi-Ritter, Die dunkle Bedrohung und Angriff der Klonkrieger ein Vorbild war. Außerdem bin ich mit [der Dokureihe] Victory at Sea im Fernsehen und Filmen wie Flügel aus Stahl, In die japanische Sonne und anderen Epen über den Zweiten Weltkrieg aufgewachsen.

Eine Sache, die mich am Star Wars-Universum immer gestört hat, ist, dass die Droiden und andere Maschinen, obwohl sie offensichtlich empfindungsfähig sind, Sklaven sind. Ich hatte gehofft, dass sich ihr Status im Laufe der New Jedi Order ändern würde; es gab schon früh einige Hinweise darauf, vor allem angesichts des faktischen Dschihads der Yuuzhan Vong gegen die Maschinentechnologie, aber am Ende ändert sich nichts. Charaktere wie Luke und Leia und die meisten Droiden selbst sind seltsamerweise blind für diese anhaltende Ungerechtigkeit. Wird dies in zukünftigen Büchern thematisiert werden? Warum wurde es Ihrer Meinung nach bisher nicht angesprochen?

Leider ist dies einer der Handlungsstränge, die im Laufe der Zeit verworfen wurden. Ich habe in Hero’s Trial und Jedi Eclipse damit begonnen, aber wir haben schnell gemerkt, dass wir uns auf die Hauptfiguren konzentrieren mussten, vor allem auf Anakin, um die Ereignisse von Star by Star aufzubauen. Ich denke, dass die Filme selbst auf ein ausgeprägtes Bewusstsein der Droiden hindeuten und darauf, dass Lebewesen dazu neigen, Technologie als selbstverständlich hinzunehmen. Ich vermute, dass sowohl R2-D2 als auch C-3PO weitaus mehr wissen, als sie jemals preisgeben würden.

Haben Sie nach diesem langen und schwierigen Projekt genug von Star Wars? Oder sind Sie immer noch ein Fan?

Ich werde immer ein Fan sein, aber nach dem Abschluss der New Jedi Order dachte ich, ich hätte genug. Das war, bis die Leute von DK Publications fragten, ob ich Interesse hätte, den Text für das Buch Classic Locations zu schreiben, welches nächstes Jahr herauskommen soll!

Die Robotech-Romane, die Sie zusammen mit dem verstorbenen Brian Daley unter dem Pseudonym Jack McKinney geschrieben haben, haben viele leidenschaftliche Fans. Sind diese Bücher denn noch erhältlich? Besteht die Möglichkeit, dass die Reihe erweitert wird?

Mehrere der Sammelbände wurden letztes Jahr neu aufgelegt. Ich bin mir nicht sicher, ob sie sich gut genug verkauft haben, um einen Neudruck aller einundzwanzig Romane zu rechtfertigen, aber die meisten Titel sind in Antiquariaten oder über Internet-Buchseiten erhältlich. Es gibt immer Platz für zusätzliches Material. Aber ich habe auch das Gefühl, dass Brian und ich die Charaktere zu einer Art Abschluss gebracht haben – auch wenn wir andeuten, dass sie immer noch „da draußen“ sind und Abenteuer der üblichen Art erleben. Autoren von lang laufenden Fernsehserien machen das Gleiche, egal ob es sich um M*A*S*H, Cheers, Buffy oder Friends handelt. Als Leser oder Zuschauer möchten Sie wissen, dass am Ende alles gut ausgegangen ist; in gewisser Weise, dass alle glücklich bis ans Ende ihrer Tage leben werden. Und noch wichtiger: dass die Höhepunkte ihres Lebens, die Berichte über ihre wichtigsten Unternehmungen, für die Ewigkeit festgehalten worden sind, und dass wir sie mit einem einfachen Umblättern oder einem Knopfdruck neu erleben können.

Gibt es noch neue Romane, von denen Sie uns erzählen möchten?

Die gibt es tatsächlich, aber leider darf ich darüber noch nicht mehr verraten!

Herr Luceno, vielen Dank für dieses Gespräch!


Christoph

Als SWUler der 2. Generation ist Christoph seit Sommer 2001 auf Star Wars Union aktiv und übernimmt inzwischen eher Aufgaben hinter den Kulissen. Seine Liebe gehört der Lucas-Saga, dem Dunklen Imperium, der New-Jedi-Order-Buchreihe, der Entstehungsgeschichte des Kriegs der Sterne sowie Jyn Erso.

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