Am 25. Mai 1977 wurde Krieg der Sterne (Star Wars) auf nur 37 Leinwänden in ganz Nordamerika veröffentlicht. Ein Jahr später war aus der Nischenproduktion der erfolgreichste Film aller Zeiten geworden, ein Blockbuster wie ihn die Welt nie gekannt hatte. Der amerikanische Film steuerte in eine neue Ära.
Der Erfolg des Films lässt sich auf mancherlei Weise erklären. Ein zentraler Erfolgsfaktor waren aber ohne Frage die revolutionären visuellen Effekte, die ihren Erfindern von Industrial Light & Magic 1978 einen Oscar einbrachten. Allein schon die Vorstellung, diesen visuellesten aller visuellen Filme seiner Tage in ein bilderloses Medium zu übertragen, scheint insofern reichlich größenwahnsinnig. Und doch wurde die Radioadaption von Krieg der Sterne zur erfolgreichsten Hörspielproduktion in der Geschichte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks der Vereinigten Staaten.

Daten und Fakten über die Radio-Hörspieladaption von Episode IV
Episoden: | 13 |
Laufzeit: | 5:55 Stunden |
Produktion: | National Public Radio |
Veröffentlichung (Ausstrahlung): | 9. März 1981 |
Daten und Fakten über die Radio-Hörspieladaption von Episode V
Episoden: | 10 |
Laufzeit: | 4:22 Stunden |
Produktion: | National Public Radio |
Veröffentlichung (Ausstrahlung): | 14. Februar 1983 |
Daten und Fakten über die Radio-Hörspieladaption von Episode VI
Episoden: | 6 |
Laufzeit: | 3:12 Stunden |
Produktion: | Highbridge Audio |
Veröffentlichung (Verkauf): | 1. Oktober 1996 |
So entstand das Star-Wars-Radio-Drama
Based on a text and a story created by Brian Daley.
Vom ersten Augenblick an waren die Radioadaptionen für George Lucas etwas ganz Besonderes. Zu einer Zeit, als die Krieg der Sterne-Rechte praktisch eine Lizenz zum Gelddrucken darstellten und es von vielen Seiten kommerzielles Interesse an den Radioverwertungsrechten gab, überließ Lucas sein Kleinod KUSC-FM, der öffentlich-rechtlichen Radiostation seiner Alma Mater, der Universität von Südkalifornien, für nur einen Dollar. „Es war ein überwältigendes Beispiel für Lucas‘ Großzügigkeit“, erklärte Autor Brian Daley, „und die Adaption sollte dieser Großzügigkeit und der ebenso überwältigenden Filmvorlage gerecht werden.“

Brian Daley wurde als Autor der Adaptionen ausgewählt, weil seine Han-Solo-Romane Carol Titleman, der für die Adaptionen verantwortlichen Produzentin bei Lucasfilm, gut gefallen hatten. Daley schrieb das Dialogbuch der Adaption von Episode IV in der Zeit von Dezember 1979 bis Mitte März 1980 in Los Angeles. Alle paar Tage traf er sich mit seinen Kollegen bei Lucasfilm, um neue Episoden abzuliefern oder frühere zu besprechen. Eine der ersten Entscheidungen, die Daley und Titleman trafen, war auch eine der für das Projekt prägendsten: statt langer Erzähler-Passagen, sollte die Handlung primär durch Toneffekte, Musik und Dialoge vorangetrieben werden. Die fertige Adaption wurde dadurch aufregender und war für den Zuhörer interessanter.
Daleys selbstgesetzte Frist war die Parade zum Saint-Patricks-Day, zu der er unbedingt wieder daheim in New York sein wollte. Und tatsächlich schaffte er es, Dank der guten Zusammenarbeit mit Carol Titleman, dieses Abgabedatum einzuhalten.
Die Besetzung

Die Vorstellung einer Radio-Umsetzung sorgte für Aufregung – selbst beim Dreh von Das Imperium schlägt zurück, in den britischen Elstree-Studios. Am 15. Juni 1979 hielt Alan Arnold, Lucasfilms Autor des Drehberichts, eine Unterhaltung zwischen den Hauptdarstellern fest:
Beim Mittagessen zeigten sich sowohl Mark [Hamill], als auch Harrison [Ford] heute besorgt darüber, dass die Figuren, die sie geschaffen hatten, im Radio von anderen Schauspielern dargestellt werden könnten. ‚Bis so etwas passiert, weiß man gar nicht, dass man derart väterliche Gefühle für diese Figuren entwickelt hat. Man will sie nicht hergeben.‘, meinte Ford.
‚Ich will die Rolle in der Radioversion sprechen.‘, erklärte Hamill Produzent Gary Kurtz. ‚Und sei es nur zum Spaß an der Freude. Ich will nicht, dass irgend jemand sonst Luke spricht.'“
Neben Mark Hamill zeigte auch Anthony Daniels (C-3PO) Interesse an der Übernahme seiner Rolle in der Radio-Adaption. Da 3PO nicht atmet, mussten seine Sätze allerdings entsprechend kurz gehalten, längere Teile in kurze Fragmente aufgespaltet werden, die dann einzeln aufgenommen und erst später zusammengeschnitten wurden.
Die Ersetzung Harrison Fords, der gerade einen Archäologen namens Indiana Jones zum Leben erweckte, durch Perry King und Carrie Fishers durch Ann Sachs war zunächst als mögliches Problem gesehen worden. Am Ende jedoch gab es kaum Reaktionen. „Die meisten Zuhörer schalteten ein, stellten fest, ‚oh, das ist nicht Carrie Fisher‘, und genossen dann einfach die Handlung.“, erinnerte sich Brian Daley später.

Da auch James Earl Jones nicht zur Verfügung stand, um Darth Vader zu sprechen, stellte sich nun das Problem, einen würdigen Ersatz für die einprägsame Stimme des Dunklen Lords der Sith zu finden. Mel Sahr, die für die Besetzung der Adaption zuständig war, hatte zunächst große Sorge, jemanden zu finden, um in die sehr großen Stimm-Fußstapfen von Jones zu treten. Dann jedoch stieß sie auf Brock Peters, rief ihn an, und als sie die dunkle Stimme durch das Telefon hörte, war die Sache für sie gelaufen: „Ich dachte nur, ‚hier ist mein Darth.‘ Die Suche war vorbei.“, erzählte sie später.

Brock Peters‘ denkwürdigste und eindrücklichste Szene war das Verhör von Prinzessin Leia, eine Szene, die im Film nur eingeleitet, aber nicht gezeigt wurde. Daley sah seine Chance gekommen, Vader als wahres Ungeheuer zu zeigen: „Ich wollte Vader und Leia in einer albtraumhaften Konfrontation der Willenskraft aufeinander hetzen und handelte uns damit den einzigen kritischen Leserbrief ein. Da wir ansonsten aber mit Lob überschüttet wurden, kann ich ganz gut damit leben.“
Die Rolle des großen Alec Guinness übernahm Bernard Behrens, ein kanadischer Schauspieler, der am Old-Vic-Theater in London und auf zahlreichen großen Bühnen der Welt gearbeitet hatte.
Für den Posten des Regisseurs gewann man John Madden, der als Regisseur am Nationaltheater in London und an Radio-Hörspielen für die BBC gearbeitet hatte, und heute als Filmregisseur (unter anderem: Shakespeare in Love) bekannt ist. Madden wurde angeheuert, nachdem er zusammen mit Tom Voegeli für die Inszenierung von Arthur Kopits Stück Wings den Prix Italia gewonnen hatte. Eine seiner Hauptaufgaben wurde es, die Dialogbücher schauspielerfreundlich zu machen.
Auf Madden ist auch die Idee zurückzuführen, Schauspieler sich gegenseitig unterbrechen zu lassen. Daley musste dafür regelmäßig einige weitere Worte in Sätze einfügen.
Die Aufnahmen
Ende Juni 1980 kehrte Daley für zwei Wochen nach Los Angeles zurück, um in einem Tonstudio, „das einem Rockstar alle Ehre gemacht hätte“, so Daley, die Aufnahmen zu begleiten. Dort wurde aus Daley ein begnadeter Autor von Hintergrunddialogen, Dialogen also, die nur als Tonkulisse für die tatsächlich handlungsentscheidenden Dialoge dienen. Bei normalen Produktionen lässt man die Schauspieler solche Hintergrunddialoge oft improvisieren, doch für eine Krieg-der-Sterne-Produktion erwies sich eine solche Herangehensweise als ungeeignet. „Die Adaption verliert ihre Glaubwürdigkeit, wenn jemand im Hintergrund plötzlich einen Satz wie ‚In Ordnung, wer hat seinen Todesstern auf meinem Parkplatz abgestellt?‘ improvisiert.“, erklärte Daley später.
Wann immer Regisseur John Madden also Hintergrunddialoge brauchte, zog sich Daley in ein Büro im Studio zurück und schrieb so viele Ausrufe und Streitgespräche, wie benötigt wurden.

Eine weitere von Daleys Aufgaben waren spontan nötige Änderungen des Dialogbuchs. „Änderungen waren aus mehreren Gründen nötig. Ein Problem waren beispielsweise zu viele Zischlaute in einem Satz. Das machte es Schauspielern sehr schwer, zum Beispiel in einer Kampfszene oder einer ähnlichen sehr schnellen Situation in Maschinengewehrgeschwindigkeit ihre Dialoge zu sprechen.“, erklärte Daley dazu. „Außerdem war es manchmal nötig, einer Figur einen kurzen, nicht gerade inhaltsvollen Satz auf den Leib zu schreiben, um den Zuhörer daran zu erinnern, dass diese Figur gerade anwesend war. In Film und Fernsehen ist das einfach, dort kann man die Schauspieler herumstehen sehen, aber im Radio ist es eine echte Herausforderung.“

Was für die Hintergrunddialoge gilt, galt auch für die Produktion insgesamt: auch sie war eine echte Herausforderung. Viele Probleme wurden erst im Studio deutlich und mussten zeitnah gelöst werden. Bei den Stimmen der Sturmtruppen war zunächst angedacht gewesen, die Schauspieler Atemmasken tragen zu lassen, wie sie von Malern verwendet werden, um dadurch die Illusion der Helme zu erzeugen. Doch der gewünschte Effekt ließ sich so nicht herbeiführen, und am Ende blieb nichts anderes übrig, als die Sturmtruppen-Schauspieler – genau wie auch Anthony Daniels – ganz allein in abgeschirmten Einzelkabinen aufzunehmen, um ihren Stimmen in der Nachbearbeitung den gewünschten Toneindruck zu geben.
Produzent Tom Voegeli erinnerte sich später, wie dynamisch seine Darsteller bei den Aufnahmen agieren mussten: „Wenn unsere Schauspieler Szenen in Innenräumen aufnahmen, wurden ihre Bewegungen um ein Stereomikrofon herum aufgezeichnet“, erklärte es Voegeli. „Wenn man also hört, wie sich ein Schauspieler von rechts nach links bewegt, hat er diese Bewegung tatsächlich selbst ausgeführt, als wäre er in einem Theaterstück auf einer Bühne. Bei Außenszenen wurden die Schauspieler mit einzelnen Mikrofonen aufgenommen und ihre Stimmen wurden in Stereo dorthin geschwenkt, wo sie in der endgültigen Mischung benötigt wurden.“
Um die kinetische Handlung des Films nachzubilden, war es laut Voegeli wichtig, dass die Schauspieler ihre Zeilen nicht einfach nur ablasen. Sie wurden ermutigt, sich vorzustellen, dass die Szene um sie herum stattfindet, und die erforderliche körperliche Anstrengung zu unternehmen, die zu den später hinzugefügten Soundeffekten passen würde. „John [Madden] war großartig darin, die Schauspieler dazu zu bringen, das zu tun“, erinnerte sich Voegeli.

Das Tempo der Aufnahmen war atemberaubend, mehr als eine Episode wurde pro Tag aufgezeichnet, inklusive passender Werbeclips. Alle Schauspieler genossen ihre Arbeit sehr. Als Bühnen- und Filmveteranen war die Arbeit allein mit dem Dialogbuch, einem Mikrofon und ihren Kollegen für die meisten eine völlig neue, oft überraschende Erfahrung. „Beim Film nehmen wir vielleicht 5 Dialogzeilen am Tag auf.“, erzählte Anthony Daniels. „Im Radio schaffen wir Hunderte von Dialogzeilen. Man muss sehr konzentriert bei der Sache sein.“
Und Mark Hamill meinte: „Ein Radio-Drama, das ist so eine Art Sprung in die Vergangenheit. Sobald ich von dem Projekt hörte, wollte ich mitmachen. Es ist für mich eine Gelegenheit, in einem Medium zu arbeiten, für das ich eigentlich zu spät geboren wurde. Ich habe so viel über das Goldene Zeitalter des Rundfunks gelesen, dieses Märchenreich der Vorstellungskraft… Ich mache mit, weil ich gehofft habe, dass es Spaß machen würde, und es macht noch weit mehr Spaß, als ich je erwartet hätte.“

Auch Perry King begeisterte das Medium Radio: „Die schönste Art zu schauspielern, ist für den Rundfunk.“, meinte er. „Es gibt keine technischen Grenzen. Beim Film lenken technische Probleme immer ein wenig ab. Die Filmschauspielerei ist nicht so einfach, wie sie aussieht. Man muss seine Einsätze genau erwischen, man muss auf die Beleuchtung achten und darauf, nicht zwischen einen Kollegen und die Kamera zu kommen. So sorglos, wie manche denken, ist das Leben als Filmschauspieler nicht.
Die Bühne hat ihre eigenen Herausforderungen – einiges ist dort sogar noch schwieriger als beim Film -, es gibt Probleme mit der Realisierung vieler Dinge, mit den richtigen Positionen und dem Umgang mit dem Publikum. Im Radio gibt es keine Technik, außer dass man lernen muss, geräuschlos durch sein Dialogbuch zu blättern. Man muss keinen Text lernen und nichts tun, außer sich der Welt seiner Figur zu öffnen. Das ist der Spaß daran. Es ist wieder, wie es als Kind beim Spielen war.“
Die Nachbearbeitung
Nach dem Abschluss der Aufnahmen machte sich Tom Voegeli an die Tonmischung und Nachbearbeitung. Mit der riesigen Tondatenbank von Ben Burtt, die dieser Voegeli großzügig zur Verfügung stellte, arbeitete Voegeli monatelang an der Adaption.
Da nicht jedes Geräusch, das Voegeli brauchte, unter Burtts fertigen Effekten zu finden war, war er gezwungen, viele selbst anzufertigen. Foley, die Kunst, quasi live Geräuscheffekte für Schritte oder das Schließen von Türen oder sogar das Klirren von Eiswürfeln in einem Glas zu erzeugen, wurde zum Schlüssel für die Vervollständigung der Audiokulisse für die Adaption. Noch Jahre später seufzte Voegeli bei der Erinnerung an all die Schalter, für die er Geräusche anfertigen musste: „Vor allem für den Rasenden Falken. Er besteht im Grunde nur aus vielen Schaltern und Reglern. Sehr vielen!“
So dauerte es oft einen ganzen Tag, nur 30 Sekunden an fertigem Material zu produzieren. Allein der Musikschnitt der Todessternschlacht nahm 3 volle Tage in Anspruch. „Die Stärke dieses Projekts liegt darin, dass wir [den Film] nicht einfach kopieren, sondern ganz von vorn anfangen, um das Material auf bestmögliche Weise dem Medium anzupassen. Wenn man so einem Projekt die Zeit widmet, die es braucht, dann kommt etwas wirklich Gutes dabei heraus.“
In der Nachbearbeitung zeigte sich die Notwendigkeit weiterer Abweichungen vom ursprünglichen Dialogbuch. Oft entschied Voegeli, der Musik mehr Raum zu lassen, sie „atmen“ zu lassen, wie er es nannte, was manchmal Kürzungen im Text erforderte, um Musik und Dialoge Hand in Hand gehen zu lassen. Weitere Kürzungen folgten bei der zweiten Ausstrahlung der Radio-Serie, um den Abspann in gesamter Länge unterzubringen.
Reaktionen
Während der gesamten Produktionszeit begegneten viele Außenstehende der Produktion mit großer Skepsis. „Einige Leute haben mich gefragt“, erzählte Anthony Daniels später, „wie wir Krieg der Sterne mit all diesen Effekten im Radio herausbringen können. Sie erkennen dabei nicht, dass wir die Geschichte im Radio weit besser erzählen können, weil die Effekte einfach nur umwerfend sein werden. Töne sind wie Gerüche, man erinnert sich an sie. Deshalb kann man zuhause sitzen und erleben, wie einem die ganze Galaxis um den Kopf schwirrt.“
„Wir arbeiten mit absolut überragendem Material, und ich glaube, dass wir außergewöhnliche Bilder schaffen können.“, meinte auch John Madden. „Jeder, der jemals ein Radio-Drama gehört hat, wird bestätigen, dass man ein Stück, das man gehört hat, nicht vergisst – auch zwölf Jahre später ist es noch in lebhafter Erinnerung. Der Grund dafür ist einfach: man selbst hat die Arbeit geleistet, es lebt durch die Kraft der eigenen Vorstellung. Bei der Arbeit an diesem Projekt ging uns deshalb auch ständig der Slogan durch den Kopf: Du kennst den Film? Warte, bis Du ihn gehört hast!“

Die Euphorie von Autor, Regisseur und Schauspielern war ansteckend. Bei ihrer Erstausstrahlung – bereits in Dolby-Stereo – wurde die Adaption von Episode IV die beliebteste Radio-Serie in der Geschichte von National Public Radio. 50000 Briefe und Anrufe gingen ein, 750000 Menschen schalteten Woche für Woche ein, um zu erleben, wie vor ihrem geistigen Auge Luke Skywalker durch die Bettlerschlucht raste, Leia von Darth Vader verhört wurde und Han Solo den Rebellen seine wohlverdiente Belohnung abverlangte. Hatte die Filmversion Hollywood zu neuen Höhen geführt, tat die Radioversion das gleiche für National Public Radio: das Netzwerk konnte einen Anstieg der Zuhörerzahlen um 40 Prozent vermelden. Die Kritiken waren so positiv, dass eine Bearbeitung der Fortsetzung, Das Imperium schlägt zurück, sofort überlegt wurde.
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