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Das Star-Wars-Rollenspiel

Das Star-Wars-Rollenspiel hat seit den 1980er Jahren Generationen von Fans die Chance eröffnet, eigene Abenteuer im Krieg der Sterne zu erleben. Wir stellen es vor und geben Tipps für Neueinsteiger.

Was zum Mynock ist ein Rollenspiel?

Vielleicht hat jeder schon mal den Begriff Rollenspiel gehört – in der Schule vielleicht, wo ihr mal in einer Stunde „Bundesregierung“ gespielt habt? Vielleicht denkt Ihr aber auch ein Star-Wars-Rollenspiel wäre, wenn sich Darth Vader bei seiner wöchentlichen Therapie zur Aggressionsbewältigung vorstellen soll, er wäre ein kleiner harmloser Junge auf Tatooine?

Nun all das sind zwar auch Rollenspiele – aber eben keine Rollenspiele (klingt komisch, ist aber so ;)). Ein Rollenspiel im Sinne des Star-Wars-Rollenspiels ist eigentlich eine Art FanFiction, also eine Geschichte – oder eine Reihe von Geschichten – bei der viele Personen mitdichten, in dem sie eine Rolle übernehmen, eine Figur steuern.

Mal Hand aufs Herz – wer würde nicht gerne beim Kampf um den Todesstern dabei sein und Luke Skywalker zur Seite stehen? Oder habt Ihr vielleicht schon mal davon geträumt auf Bespin die Wolkenstadt zu erkunden? Oder ein cooler mysteriöser Kopfgeldjäger zu sein, der erbarmungslos seine Beute jagt? All das und vieles mehr ermöglicht ein Rollenspiel

Grundsätzlich spielt man also eine Rolle, die man sich in der Regel selbst aussucht. Wenn man einen Pilotenveteranen spielen will, der für das Imperium fliegt, spielt man diesen. Möchte man eine Prinzessin durch eine Reihe von Geheimmissionen führen, die sie für die Rebellen absolvieren muss – dann geht auch das. Der Spieler, der in einer Rollenspielgruppe mitspielt, erdenkt sich eine Figur und schlüpft regelrecht in ihre Rolle, zieht sie bestenfalls über wie ein Gewand.

Wenn man also eine Truppe von Spielern zusammen hat – was macht man dann? Gut, ein Spieler ist eine Prinzessin, einer ein Pilot, einer ein Schmuggler, aber was machen die? Sitzen ‚rum und starren sich an? An dieser Stelle kommt der Spielleiter ins Spiel, der – Überraschung – das Spiel leitet. Er hat die wahrscheinlich schwierigste Aufgabe von allen. Er ist Schiedsrichter, Regelverfechter, Erzähler und Multirollenschauspieler zugleich. Ein Spielleiter oder SL im Jargon, bzw. GM für Gamemaster, denkt sich eine Rahmenhandlung aus – so detailliert wie nötig aber so frei wie möglich. Anders als ein Buchautor hat er aber ein großes Problem: Die Hauptfiguren – die Spielercharaktere – stehen nicht unter seiner Kontrolle.

Dennoch muss er die Geschichte erzählen, allerdings mit den Spielern zusammen. Er konfrontiert sie oder vielmehr ihre Figuren mit Fallen, Rätseln, moralischen Entscheidungen und natürlich weiteren Figuren. Er spielt den imperialen Zollbeamten, den der Spieler überlisten muss, wenn er für Jabba die Gewürzladung nach Corellia bringen soll. Er ist das kleine Bettlermädchen, das den ahnungslosen Glücksspieler ablenken soll, während der Dieb ihm den Geldbeutel stiehlt. Ebenso muss er auch Stimmungen hervorrufen, Angst, Freude, Trauer und das mit allen Hilfsmitteln, die er bekommen kann.

Da der Spielleiter die Geschichte als einziger vollständig kennt, obliegt ihm im Zweifel das letzte Wort. Er entscheidet ob die Handlungen der Spieler von Erfolg gekrönt sind oder nicht. Aber gerade das ist auch der Reiz am Rollenspiel. Der Spieler weiß nicht, was ihn erwartet – wie im wahren Leben. Er muss die Rätsel wirklich lösen, muss mit dem Universum um ihn herum interagieren aufgrund des Wissens, was ihm der Spielleiter zukommen lässt.

Zwar liegt die letzte Entscheidung beim Spielleiter, allerdings wird er in der Regel durch ein Regelsystem unterstützt. Dieses System fasst normalerweise die Fähigkeiten einer Figur, die Eigenschaften eines Fahrzeugs usw. in Zahlen. Aufgrund dieser Zahlen werden dann Würfelwürfe durchgeführt, die bestimmen, wie gut ein Charakter etwas erledigen kann, oder ob z.B. ein Raumschiff einem bestimmten Schaden standhält. Auf diese Weise kann das Spiel sehr dynamisch und unvorhersehbar werden. Aber nun genug geredet, hier einfach mal ein Beispiel für eine typische Spielsituation:

Raumstation

Der Spielleiter Alex hat den Charakter von Trudi, eine Calamari-Schmugglerin namens Ghinra Lass, auf einer verlassenen Raumstation stranden lassen. Dort muss sie nach Ersatzteilen für ihren alten Transporter suche:

Spielleiter: „Hinter der nächsten Schleuse wird der Gang plötzlich recht dunkel. Nur ab und zu flackert das Licht auf, lässt schemenhaft ein paar Deckplatten erkennen, die verbogen aus dem Boden ragen. Ein öliger Geruch steigt Dir in die Nase.“

Alex plant an dieser Stelle einen Hinterhalt. Was Trudi nicht weiß ist, dass die Platten als Ablenkung dienen. Sobald sie sich darüber beugt, wird ein Gamorreaner versuchen sie zu überwältigen.

Trudi: „In Ordnung, ich gehe vorsichtig näher heran. Ich ziehe meinen Blaster und achte darauf stets ein freies Schussfeld zu haben. Komme ich an den Platten vorbei, oder muss ich versuchen darüber zu klettern?“

Alex: „Die Platten sind auf der gesamten Gangbreite aufgerissen. Als Du näher herangehst, kannst Du mit einem Mal ein metallisches Heulen vernehmen, dass durch den Gang zieht.“

Trudi: „Ich sehe mich um, ist da irgend etwas?“

Hier setzen jetzt Spielmechanismen ein, die bestimmen, ob Trudi etwas wahrnimmt oder nicht. Ein guter Wurf könnte ihr hier schon ermöglichen den Gamorreaner in der Falltür über ihr zu erkennen. Eigentlich ist das metallische Heulen aber nur ein Stilmittel, um die Situation etwas unheimlicher zu machen. Wir gehen mal davon aus, dass Trudi aber keinen Erfolg hat und nichts bemerkt.

Alex: „Nein, Du kannst nichts erkennen, was Dir gefährlich werden könnte.“

Trudi: „Dann sehe ich mir mal die Platten genauer an, um festzustellen, wie ich daran vorbei komme.“

Alex: „Wie genau siehst Du sie Dir an?“

Trudi: „Nun ich beuge mich herüber, um nachzusehen, wie weit hinunter das Loch im Boden reicht.“

An dieser Stelle übernimmt der Spielleiter direkt die Figur des Gamorreaners. Er beginnt für ihn zu würfeln, ob er es schafft die Falltür heimlich zu öffnen und bestimmt dann ggf. das Angriffsergebnis, wenn er auf Ghinra Lass springt.

Auch wenn es in diesem Beispiel das Ziel des Spielleiters ist, die Schmugglerin zu überwältigen, so sollte man dennoch nicht meinen, Spielleiter und Spieler wären Widersacher – im Gegenteil. Alle müssen eng zusammen arbeiten, um eine spannende Geschichte zu erhalten und eine gute Dosis Star Wars. Im obigen Beispiel habe ich die Worte „Ich“ und „Du“ benutzt. In diesem Fall ist das Erzählen der Geschichte direkter. Manche Spieler bevorzugen es von den Figuren in der dritten Person zu sprechen – das kann für manche Geschichten besser sein oder auch nicht. Letztlich ist es Geschmackssache.

Alle Rollenspiele haben gemeinsam, dass sie mehr oder weniger rundenbasiert sind. Während sich dies in der normalen Erzählung nicht zeigt – man muss also Verhandlungen mit einem Verbrecherboss nicht in Runden durchführen – so kommt dies vor allem im Kampf vor oder in anderen Situationen wo Charaktere gegeneinander handeln. Dabei entscheidet dann oft ein Attribut der Schnelligkeit darüber, wann ein Charakter handelt und die Spieler sagen ihre Aktionen nacheinander an.

Spielerwerte

Neben dem Erfinden einzelner Geschichten und dem Leiten durch diese Abenteuer, obliegt dem Spielleiter aber auch die Koordination des ganzen Spiels. Er sollte sich eine Art Kampagne ausdenken – das kann von einem einfachen Hintergrund über einen langen Handlungsbogen alles sein. Er kann z.B. bestimmen, dass die Spieler alle Rebellen sind, die auf einem Planeten im Untergrund kämpfen. Die einzelnen Episoden der Geschichte hängen jedoch nicht zusammen. Der Hintergrund einer solchen Kampagne kann aber die Spieler in ihrer Figurenwahl einschränken. Im obigen Beispiel wäre es also unmöglich einen imperialen Piloten zu spielen – aber vielleicht einen eingeschleusten Agenten?

Alternativ könnte er planen, dass die Charaktere imperiale Soldaten sind, die einen Rebellenanführer jagen müssen, der ihnen immer wieder begegnet. Dabei stoßen sie aber auf verschiedene Gräueltaten des Imperiums und werden schließlich von dem Rebellen überredet sich ihnen anzuschließen. In diesem Falle hängen die einzelnen Abenteuer enger zusammen.

Wie die Kampagne abläuft, hängt ebenfalls vom Spielleiter ab. Sollen es dramatische Epen sein, die die Spieler zum Heulen bringen? Oder werden sie vielmehr über die Albernheiten eines Protokoll- und eines Astromechdroiden lachen?

Der vielleicht am meisten antreibende Ansatz im Rollenspiel ist jedoch die Charakterentwicklung. Das kann bei rein erzählerischen Kampagnen wirklich nur erzählerischer Natur sein – so könnte sich der einst so harte Kopfgeldjäger verlieben und darüber merken, wie weh es tut einen geliebten Menschen zu verlieren und sein Leben ändern. Aber auch die Spielwerte einer Figur können sich im Laufe des Spiels verbessern.

In der Regel werden die Spieler am Ende einer Geschichte mit Punkten belohnt, die es ihnen ermöglichen ihre Fähigkeiten auszubauen und neue Herausforderungen besser zu meistern. Geld – im Spiel natürlich! – hilft ihnen neue Ausrüstung zu kaufen, ein Machtartefakt gibt ihnen vielleicht Einsicht in die Geschichte der Jedi. Einen Charakter auf diese Weise wachsen zu sehen, macht ihn auch teuer und wertvoll – umso spannender sind dann brenzlige Situationen.


Ronen Tal-Ravis

Ronen Tal-Ravis begeisterte sich leidenschaftlich für das Star-Wars-Rollenspiel und verfasste u.a. unser großes Rollenspiel-Special. Darüber hinaus brachte er sich zwischen 2008 und 2010 als eifriger Newsschreiber auf SWU ein.

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