Ob es nun das vertraute Bimmeln von Star Tours ist, das nasse Schmatzen eines Hutten, der sich in seinem Schlammbad aalt, oder das grimmige Knurren des wolfsähnlichen Captain Brutus: Sie alle sind Geräusche, die in Star Wars: Skeleton Crew zu hören sind. Diese und viele weiteren komplexen Details wurden akribisch von einem Team von Sound-Enthusiasten bei Skywalker Sound unter der Führung des Leitenden Toningenieurs Matthew Wood und des Tondesigners David W. Collins ausgearbeitet.
Affige Anfänge
Bekanntlich hat jede Saga einen Anfang. Collins erinnert sich, dass sowohl er als auch Wood über den Spielebereich zu Lucasfilm kamen. „Matt fing 1990 als Tester bei Lucasfilm Games an. Sein erstes Projekt damals war The Secret of Monkey Island. Zehn Jahre später begann ich bei LucasArts als Sound-Assistent beim vierten Monkey-Island-Spiel, Die Flucht von Monkey Island (2000), und später, im Jahr 2009, übernahm ich die Sprachregie für die Special Edition des Originals“.
Im Jahr 2024 arbeiteten beide zusammen schließlich an Skeleton Crew, der Star-Wars-Realserie von Jon Watts und Christopher Ford. Sie nutzten ihre Liebe zur Monkey-Island-Reihe bei der Arbeit an einer passenden Tonkulisse für die Piraten der Neuen Republik. Die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Filmemachern – ob sie nun Monkey-Island-Fans sind oder nicht – ist der vielleicht wichtigste Teil der Arbeit eines Sounddesigners. „Sie sind alle sehr aufgeregt, an Star Wars zu arbeiten, und wir wollen ihnen den roten Teppich ausrollen und ihnen das Gefühl geben, willkommen zu sein“, fügt Wood hinzu. Wir wollen, dass sie wissen, dass Skywalker Sound ihre Erzählung gewinnbringend unterstützen kann.”
Das Leben auf At Attin
Eine frühe Herausforderung bei der Arbeit an Skeleton Crew stellte die Tonkulisse für den friedlichen, aber geheimnisvollen urbanen Planeten At Attin dar. „Dieser Ort kam einem aus der eigenen Kindheit sehr vertraut vor, aber man hat es gleichzeitig auch mit der weit, weit entfernten Galaxis zu tun, also muss man sehr auf die Balance achten“, erklärt Collins das Problem.
Ein gutes Beispiel für diese heikle Klangerzeugung ist der scheinbar einfache Düsenflitzer, mit dem Wim, Neel, Fern und KB unterwegs sind. „Man muss ihnen einerseits ein richtig cool klingendes Hoverbike zur Verfügung stellen, aber gleichzeitig muss es im Grunde klingen wie ein altes Kinderfahrrad mit Korb und Quasten dran“, meint Collins. „Als ich Wims Rad zum ersten Mal sah, sagte ich mir: Das Ding sollte wirklich eine Klingel haben. Es gibt keine richtige Klingel an dem Rad, aber wenn man genau hinhört, hört man es leicht klingeln, wenn Wim es [über die Absperrung] wirft.

© Lucasfilm
Andere Töne aus dem Alltag von At Atin, die auch auf der Erde zu finden sind, sind die Walkie-Talkies, die Wim und Neel mit sich herumtragen. „Meine Kinder hatten diese billigen Spielzeug-Funkgeräte zum Geburtstag bekommen“, erinnert sich Collins. „Wenn ich sie zusammensteckte, erzeugten sie all diese wunderbaren Störgeräusche und Rückkopplungen. Ich habe diese Spielzeuge in die Walkie-Talkies der Serie eingebaut, weil ich nicht wollte, dass sie nach Hightech klingen. Sie sollten sich sehr nach Plastik und Spielzeug anhören.”

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Ein leises Geräusch in der ersten Episode sollte Fans der Disney-Freizeitparks bekannt vorkommen, wie Collins erzählt: „Ich saß mit Watts und Ford in der Tonmischung und sie fragten mich: Können wir einen kleinen Piepton im Schulzug haben, wenn wir ankommen? Ich holte also meinen Synthesizer heraus, und als großer Fan von Star Tours und den Disney-Parks wagte ich es, eine Interpretation des legendären Bimmelns von Star Tours in den Mix einzubauen und ihnen vorzuspielen. Sie waren begeistert. Eine Anspielung auf den Starspeeder stellt auch der Droide aus der RX-Serie dar, der den Bus steuert.
Die Highschool von At Attin erinnerte Collins an seine eigene Schulzeit, als jeden Morgen der US-Treueschwur durch die Gänge hallte. „Ich schlug vor, einen At-Attin-Treueschwur zu schreiben und aufzunehmen. Also so etwas wie: Ich gelobe Treue dem Großen Werk von At Attin etc.“, erzählt er weiter. „Man kann ihn unter den Hintergrundgeräuschen des Schulflurs kaum hören, aber der Rhythmus gibt einem als Amerikaner das Gefühl, wieder im Schulunterricht zu sein.”

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Sogar Wims Essensgeld hat seinen eigenen Klang. „Wenn man ganz genau hinhört, erkennt man ein wiedererkennbares Klimpern, ganz am Anfang der ersten Episode“, sagt Collins. „Das zahlt sich natürlich aus, sobald wir nach Port Borgo kommen und die Piraten davon so begeistert sind, wodurch dann das Geheimnis um At Attin das große Thema wird.“
Ein Droide und seine Ratte

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Beim Piraten-Droiden SM-33 war es dem Skywalker-Sound-Team wichtig, die Arbeit von Schauspieler Nick Frost zu unterstreichen, ohne sie zu beeinträchtigen. „Nur einige seiner Dialogzeilen haben wir moduliert“, merkt Collins an. Der Großteil des Sounddesigns rund um den Droiden dreht sich um die alten Gelenke und schleifenden Drähte des Droiden. „SM-33 ist wahrscheinlich einer der lautesten Droiden, die wir je mit Geräuschen ausgestattet haben, und das ist Absicht. Er hat all diese Kabel an sich und ein Holzbein. Wir wollten, dass er wie ein kaputter Panzer klingt, ein bisschen unheimlich, hohl, geisterhaft und quietschend.“
Was SM-33s pelzigen Mitbewohner Snowball betrifft, so ist das Zwitschern der Kreatur eine Mischung aus Collins‘ Gesangstalent und einer Audiodatei aus einem anderen Abenteuerklassiker von Lucasfilm. „Kreaturen sind eine schwierige Kiste, weil sie viele verschiedene Emotionen ausdrücken müssen“, meint Collins. „Ich habe Snowballs Dialoge eingesprochen, bzw. gefiept, das Ergebnis dann aber stark verändert und bearbeitet. Aber es gab danach immer noch ein Element, das mir fehlte.” Das fehlende Element fand er in einem Museum.
„Ich wollte einen wilderen Klang für die Momente, in denen Snowball die Piraten oder Neel anschreit. Ich hatte immer die Idee, dass er ein bisschen wie der Affe in Jäger des verlorenen Schatzes schreien sollte.“ Glücklicherweise hatte Skywalker Sound in seinen frühen Tagen auch an jenem ersten Film der Indy-Reihe garbeitet. „Ich habe die unbearbeitete Aufnahme des Affen aus dem Film in unserer Effektbibliothek gefunden, stimmte und filterte einige dieser Schreie und fügte sie meiner Gesangsaufnahme hinzu. Und voilà: Da hatten wir Snowball.”
Ahoi, Matrosen!
In einem Piratenhafen geht es natürlich hoch her, und jede Ecke des geschäftigen Raumhafens Borgo verlangte nach einer eigenen Tonkulisse. Eines der wichtigsten Werkzeuge, mit denen Skywalker Sound solche komplexen Klanglandschaften erschafft, ist die „Loop Group“, eine Gruppe talentierter Synchronsprecher (mit Star-Wars-Erfahrung), die für jede Episode zusätzliche Zeilen und Hintergrundgeräusche einsprechen. Wood erklärt ihre Arbeit so: „Wir sind gut darin, miteinander zu improvisieren, und alle Beiträge werden auf einer separaten Tonspur aufgenommen. Ich verwende dann all dieses Material, um die Kreaturen, die Droiden und die verschiedenen Sprachen zu erschaffen, die wir in den Serien verwenden. Ich liebe das.”
„Mein Lieblingsbeispiel dafür findet sich in der zweiten Episode, in der Brig von Port Borgo“, erzählt Collins. „Ich schlug damals vor, eine Hommage an Fluch der Karibik einzuarbeiten. Also habe ich wie im Film und in der Fahrtattraktion gepfiffen. Watts und Ford waren begeistert, und ich bin so froh, dass wir es in den Mix aufgenommen haben. Es gibt so viele Hintergrund-Dialoge in diesen Szenen, sei es, dass ich Jawas aufnehme oder so tue, als würde ich mich auf den Boden übergeben. All das macht immer eine Menge Spaß.”
Das Quieken von Fuzzball aus Captain EO war eine weitere Datei aus der Bibliothek, die die Synchronsprecherinnen Shelby Young und Terri Douglas zu einer neuen Performance inspirierte. Skywalker Sound arbeitete 1986 an der Vertonung der Fahrtattraktion. „Wir haben uns auch das Geräusch von Hooters Rüssel für das Niesen und Schnarchen von Neel in der Show ausgeliehen“, erzählt Collins.
Und Wood ließ seine berühmten B-1-Kampfdroiden für einen kurzen Auftritt in Port Borgo wieder auferstehen. „Als Jod einen davon aktiviert, gab es dafür keinen richtigen Dialog. Ich meine, er hätte Roger, Roger sagen können, denn das wäre der offensichtlichste Gag gewesen“, meint Wood. „Aber dieser Droide war seit den Klonkriegen nicht mehr eingeschaltet worden, also ließ ich ihn als Erstes fragen: Haben wir gewonnen?”
„Danach mussten wir eine Pause einlegen, weil es einfach zu komisch war“, lacht Collins.
Inmitten der Sterne

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Als Wim, Fern, KB und Neel mit ihrem neuen Gefährten Jod Port Borgo verlassen, treffen sie auf eine Vielzahl neuer Planeten, von denen einer aufregender ist als der andere. Laut dem Team ist die eulenartige Kh’ymm in Episode 3 vor allem der unglaublichen stimmlichen Leistung der Komikerin und Schauspielerin Alia Shawkat zu verdanken. „Aber wir hatten auch die Anweisung, ihr riesiges rotierendes Observatorium riesig klingen zu lassen“, fügt Collins hinzu. „Genau das hat David Kraska, unser unglaublicher Sound-Editor, gemacht. Er hat dafür die echten Geräusch eines rotierenden Observatoriums benutzt sowie verschiedene groß klingenden mechanischen Geräusche.“
Eine weitere Überraschung findet sich in Kh’ymms Sicherheitstürrobotern. „Ich war von Jabbas Droiden in Star Wars: Die Rückkehr der Jedi-Ritter begeistert und beschloss, jedem ihrer drei Droiden eine leicht veränderte Version von Kh’ymms Stimme zu geben“, erklärt Collins. „Man hat ihre Stimme in der Mitte, eine tiefe und eine hohe jeweils daneben, und alle sprechen auf Jod ein, was wirklich Spaß gemacht hat.”

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Auf At Achrann in Episode 4 konnte das Team dann die Geräusche für eine Herde Eopies erzeugen, die zum ersten Mal in Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung zu sehen waren. „Bonnie Wilde, eine unserer Tontechnikerinnen, hatte eine Pause in ihrem Zeitplan, in der sie den Ton für diese Episode schneiden konnte“, erinnert sich Collins. „Ich weiß noch, dass ich zu ihr sagte: Können wir diesen Eopie hier furzen lassen? Ich glaube, das ist wichtig. Ich glaube, das ist wirklich wichtig für die Geschichte. Nur ein bisschen furzen, okay?“
In der Folgeepisode, Episode 5, landet die Crew dann auf dem glamourösen Spa-Planeten Lanupa. „Der fühlte sich so anders an als die Piratenwelt. Die Begleitgleiter, die die Onyx Cinder in den Spa-Bereich eskortieren, sollten wie eine Hommage an die Doppelkapsel-Gleiter aus Star Wars: Das Imperium schlägt zurück klingen“, erzählt Collins.
„Ich habe den Klang von Hörnern, Posaunen und Trompeten verwendet, ihn bearbeitet und mit ein paar anderen Dingen gemischt, um diesen wunderbaren, glatten Klang zu erhalten. Dann hört man einen schönen Brunnen, das subtile Geplauder von Leuten im Urlaub … bis man zu den Schlammgruben kommt, die wirklich eklig sind. Ich habe kleine, eklige Blasen hineingeschnitten. Jede einzelne, die in dieser Schlammgrube platzt, ist von Hand in die Tonmischung eingebaut worden. Und dann habe ich natürlich den Hutten selbst vertont“. Und der ahnungslose Snack des Hutten? Der kleine Begleiter wurde von Chris Ford, dem Mitschöpfer der Serie, vertont, verrät Collins.
Das Lichtschwert, das man erstmals sieht, wenn die Abenteurer die gesammelten Piratenschätze finden, bot Collins eine einmalige Gelegenheit. „Es war schon immer mein persönliches Ziel, etwas so Cooles zu machen, wie es mein Held Ben Burtt mit dem ersten Lichtschwert gelungen ist“, erzählt er. „Für Skeleton Crew habe ich versucht, ein Lichtschwertgeräusch zu erzeugen, das anders ist. Wir wissen nicht genau, wo es herkommt oder wann es zuletzt verwendet wurde, aber das Ziel für diese Serie war es, etwas zu schaffen, das einzigartig klingt, aber auch in dieser Welt verankert und vertraut.”
Hinter der Musik
Wood und Collins sind auch die Soundarchitekten hinter der bei den Fans beliebten Interpretation von Peter Schillings Major Tom, die mit ein wenig Übersetzungshilfe von Leland Chee und Pablo Hidalgo von Lucasfilm zu Youngee Wim (Bunky Dunko) in vollem Huttisch umgeschrieben wurde. Wood erinnert sich gerne daran, wie er als Kind eine VHS-Kassette von Krieg der Sterne eingelegt hat und „die Szene mit Greedo transkribierte, um die Sprache zu lernen, die Ben Burtt und Larry Ward für diese erste Version von Huttisch erfunden hatten“, erzählt er. „Bis heute kann ich Greedos Texte auswendig.“
Während einer Marketingpräsentation von Skeleton Crew schlug Ford vor, Schillings klassischen Popsong ins Huttische zu übersetzen. In nur 24 Stunden erzeugten Wood und Collins eine Kurzfassung, die dann auch im Trailer verwendet wurde. „Der Trailer kam sehr gut an, so dass wir den Auftrag für den kompletten Song erhielten, den wir an einem Wochenende aufnahmen“, erzählt Wood.
Der Coversong war nur ein weiterer Ausdruck der Freude des Teams an der Produktion von Skeleton Crew. „Die ganze Serie hat so eine positive Energie“, fügt Collins hinzu. „Man spürt sie in jedem Bild. Unsere Arbeit hat so viel Spaß gemacht und das Kreativteam war so kooperativ. Sie haben uns experimentieren und neue Dinge ausprobieren lassen, sie haben auf Lacher und Gags gesetzt und auf Tausende verschiedener Geräusche. Die Loop Group, die Geräuschemacher, die Mischer, alle Kollegen vom Tonschnitt und das ganze Support-Team von Skywalker Sound haben es möglich gemacht. Es ist eine kleine Armee von Tontechnikern, unsere eigene kleine Crew, die alle versuchen, die bestmögliche Produktion mit dem bestmöglichen Feeling zu machen.”
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