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Andor // Artikel

Die Tragödie des Kino Loy

Andy Serkis spricht über seine Rückkehr zu Star Wars in der Disney+-Serie Andor.
Kino Loy und Cassian Andor im Gefängnis© Lucasfilm

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Ein Neubeginn

Eines sollten wir von vornherein klarstellen: Kino Loy ist nicht Snoke.

Allerdings werden beide Figuren in der Star Wars-Galaxis von Andy Serkis gespielt, wobei Loy erstmals in Andor zu sehen ist. Aber wie Jar Jar Binks und Achk Med-Beq (beide dargestellt von Ahmed Best) sowie C-3PO und Dannl Faytonni (beide dargestellt von Anthony Daniels) bedeutet das nicht, dass sie derselbe Charakter sind.

„Ich war etwas nervös, denn als ich mich mit der Rolle befasste, dachte ich: Oh nein, nein, das wird zu neuen absolut irren Theorien über Snoke werden!”, beschreibt Serkis seine Reaktion auf die ersten Gespräche über die Rolle.„Ist das Snoke? Ist er zurückgekommen?”

Seine Sorgen wurden beruhigt, als er sich mit dem Schöpfer von Andor, Tony Gilroy, traf, um über die Figur zu sprechen. Serkis war da bereits ein großer Fan von Gilroys Arbeit: „Ich war ein großer Fan von Rogue One, den ich absolut phantastisch fand, und als wir uns trafen und über [die Rolle von Kino Loy] sprachen, verliebte ich mich wirklich in die Figur.“

Nach Gilroys Präsentation und nachdem Serkis die Drehbücher für die drei Episoden gelesen hatte, begann der Schauspieler, eine detaillierte Biografie für Loy zu erstellen, was für den Künstler eine gängige Praxis ist. Für Serkis war klar, dass Loy vor seiner Inhaftierung als Vertrauensmann oder Vorarbeiter gearbeitet haben musste. „Er ist es gewohnt, in der Fabrikhalle zu arbeiten und sich für die Rechte der Arbeiter einzusetzen“, meint Serkis. „Er ist ein Mann, der sich um andere kümmert. Und plötzlich findet er sich in einer Welt wieder, in der er den Kopf einziehen, nicht seine Meinung sagen und einfach versuchen muss, seine Strafe abzusitzen, in dem Glauben, dass er danach sicher freigelassen wird.“

Auf seine eigene Art zeigt Loy sein Mitgefühl für seine Männer, indem er versucht, sie bei der Stange zu halten, um Bestrafungen zu vermeiden. „Er ist jemand, der ziemlich energisch ist. Er ist direkt und, wie ich finde, durch die harte Behandlung, die er auf Narkina 5 erfahren hat, auch selbst sehr hart geworden“, sagt Serkis.

„Er ist faktisch ein Zuchtmeister und ziemlich nachtragend. Er sich gegen das System oder gegen ihn auflehnt, den bringt er zum Schweigen. In gewisser Weise ist er fast schon ein Tyrann. Aber im System dieses Gefängnisses geht es nur um Wettbewerb. Jede Ebene arbeitet darauf hin, andere Leute zu schlagen. Und wenn man das nicht tut, werden einem Stromschläge versetzt. Es gibt nur Bestrafung oder Belohnung, und die Belohnungen sind mager.“

Voll auf Linie: Cassian Andor und Kino Loy im Gefängnis
© Lucasfilm

Als Cassian Andor eintrifft und anfängt, alles in Frage zu stellen, sieht sich Kino jedoch mit immer mehr Beweisen dafür konfrontiert, dass die Urteile des Imperiums bedeutungslos sind. Und als sich herumzusprechen beginnt, dass ein Insasse irrtümlicherweise scheinbar freigelassen wurde, nur um auf einer anderen Etage derselben Einrichtung wieder eingesperrt zu werden, beginnt Kino, die Kraft zu finden, sich Cassians Sache anzuschließen.

“Es war spannend zu sehen, wie Kino Loy [und Cassian] allmählich zusammenfanden. Da wurde eine Figur geschaffen, die durch das System innerlich verhärtet ist und die dann durch Cassians Wunsch, sich für andere einzusetzen, den Wunsch neu entfacht, wieder zu dem zu stehen, was er denkt“, meint Serkis.

„Ich denke, dass seine harsche Art am Anfang absichtlich so angelegt war, um dann allmählich zu verschwinden, wenn er beginnt, zu sich selbst zu finden, sobald er erkennt, dass es absolut sinnlos ist, noch daran zu glauben, dass eine Freilassung eine Option ist. Er erreicht so auf wirklich grausame Weise einen Moment der Erleuchtung, und dann findet er in sich selbst wieder die Größe und Selbstlosigkeit, sich wieder äußern zu wollen. Es war einfach eine wirklich wunderschön gestaltete Charakterentwicklung, und ich habe es enorm genossen, ihn zu spielen.“

Kino und Cassian

Serkis lernte Cassian Andor so kennen wie die meisten Fans: Er sah Rogue One: A Star Wars Story auf der Leinwand, nur ein Jahr nach seinem eigenen Debüt in der weit, weit entfernten Galaxis.

„Das Geniale an diesem Universum ist, dass es so viel Menschlichkeit in Rogue One zum Ausdruck bringen kann. Gleichzeitig gibt es die anderen [Star-Wars-]Welten, die wunderschön gezeichnet sind, aber eben auf einer etwas opernhafteren und überhöhten Ebene. Auch das ist sehr reizvoll. In Andor fühlte sich dieses Universum immer wie echte Härte und echter Schweiß an. Die Geschichte ist unglaublich vervollkommnet und geerdet.“

Die Chance, an der Seite von Diego Luna eine Figur zu spielen, war einer der Gründe, warum Serkis sich für die Rolle interessierte. „Das war ein weiteres sehr starkes Argument, mitzuspielen. Ich liebe Diegos Art zu schauspielen und Cassian als Figur. Die Möglichkeit zu haben, wirklich eng mit ihm zusammenzuarbeiten, war unglaublich. Er ist ein großer Mime, ein brillant begabter Schauspieler und Geschichtenerzähler und wirklich großzügig im Umgang mit anderen. Er ist ein natürlicher Anführer. Außerdem hat er auch schon Regie geführt, und es war schön, sich auch darüber mit ihm auszutauschen.“

Auf dem Boden der Tatsachen

Als die Produktion in vollem Gange war, stellte die Arbeit barfuß am kargen Gefängnis-Set eine neue Erfahrung dar. „Die eigentlichen Dreharbeiten waren aufgrund der Umgebung wirklich hart”, so Serkis. „Das Set war einfach gnadenlos. Die Gefängnis-Outfits waren einfach gnadenlos. Und die ganze Vorstellung, barfuß auf Metallplatten herumzulaufen, ist sehr seltsam für den Kopf. Es raubte einem wirklich jegliche Kraft. Es gab überhaupt keinen persönlichen Freiraum. Alles war klinisch weiß. Man konnte sehen, dass es keinen Erholung in dieser Umgebung gab, und das hat sich emotional wirklich auf einen ausgewirkt.“

Kino Loy ruft zum Kampf auf
© Lucasfilm

Serkis lobt die Setdesigner dafür, dass sie einen Raum geschaffen haben, der dazu beitrug, dem Dreh diese Authentizität zu verleihen. „Die Arbeit der Setdesigner war einfach phänomenal, weil man sich dadurch wie in einer Art seltsamen Experiment fühlte.“

Aus der Kombination von Drehbuch, Gilroys Vision und Serkis herzzerreißender, ungeschminkter Darstellung entstand die Figur Kino Loy. „All diese Dinge haben dazu beigetragen, diese Figur zu formen, vom Drehbuch über das Design bis hin zu den Gesprächen, die wir geführt haben. Und dann natürlich das Verständnis, dass ich wusste, wo er am Ende landen würde, das Wissen, dass er nie wirklich in der Lage sein würde, da herauszukommen, selbst wenn er andere dazu inspirieren muss, dies zu tun. Die Rolle ist sehr tragisch, und ich habe es wirklich genossen, sie zu spielen. Mein Ziel war es, ihn immer auf dem Boden der Tatsachen zu halten und keine Sentimentalitäten zuzulassen.“

Was die Debatte der Internet-Fans darüber angeht, ob Snoke und Kino Loy miteinander in Verbindung stehen könnten, ist sich Serkis dieser Gespräche wohl bewusst. Er selbst hat sich damit allerdings nicht beschäftigt. „Ich habe es nicht getan, weil ich mich einfach nicht traue. Das ist mir zu unheimlich! Ich möchte den Leuten ja eigentlich sagen: Es gibt keine Verbindung, lebt euer Leben, verschwendet keine Zeit damit, solche Gedankengebilde zu entwickeln.“

Doch von all den Theorien abgesehen, ist er immer noch dankbar für die Gelegenheit, sowohl Snoke als auch Loy verkörpern zu dürfen. „Es ist einfach ein unglaubliches Privileg, gleich doppelt in diesem Universum aktiv zu sein, gerade weil es zwei Figuren sind, die an entgegengesetzten Enden des Spektrums existieren”, so Serkis.


Christoph

Als SWUler der 2. Generation ist Christoph seit Sommer 2001 auf Star Wars Union aktiv und übernimmt inzwischen eher Aufgaben hinter den Kulissen. Seine Liebe gehört der Lucas-Saga, dem Dunklen Imperium, der New-Jedi-Order-Buchreihe, der Entstehungsgeschichte des Kriegs der Sterne sowie Jyn Erso.

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Die Geschichte zweier Außenseiter: Cassian Andor und Mon Mothma. Er ist ein Dieb und Kleinkrimineller, der in den Kampf der noch zerfaserten Rebellion verstrickt wird, sie ist Senatorin in einem zunehmend machtlosen Senat, die versucht, der politischen Bewegung gegen das Imperium Nachdruck zu verleihen. Beide sind im Begriff, einen Preis für ihre Überzeugungen zu entrichten, der höher ist, als sie es sich je hätten vorstellen können.

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