Die Kunst der Organisation

In der dritten Etage des Hauptgebäudes der Skywalker Ranch tobt ein regelrechter Schneesturm kreativer Energie. Hier versammelt die Künstlerische Abteilung spontan Ideen und zaubert phantastische Entwürfe, um George Lucas‘ Visionen einer weit, weit entfernten Galaxis klarer zu visualisieren. Für jeden Entwurf, der den Genehmigungsprozess durchläuft, werden dutzende andere abgelehnt. Bei der Organisation der Ergebnisse dieses Prozesses, der zahlreiche Skizzen, Zeichnungen, digitale Daten, Skulpturen und Modelle hervorbringt, verlässt sich die Künstlerische Abteilung auf die Koordinatorin Fay David.
„Ich bin fasziniert von dem gesamten Prozess der Erschaffung dieser Kreaturen und neuen Welten”, sagt David. „Es ist für mich ein solches Geschenk, jeden Tag zur Arbeit zu kommen und zu sehen, was sich die Designer Neues ausdenken. Jetzt, da ich mit David Dozoretz und der Animatics-Abteilung zusammenarbeite, bekomme ich zu sehen, wie sie die Entwürfe nehmen und zum Leben erwecken. Jedes Mal, wenn ich die Arbeit des Animatics-Teams sehe, bleibt mir förmlich die Luft weg.”
David begann ihre Karriere bei Lucasfilm während der Produktion von Episode I als Produktionsassistentin bei Industrial Light & Magic. Früh in der Vorproduktionsphase von Episode II übernahm sie die Aufgabe, eine digitale Methode zu entwickeln, um alle Bestände der Künstlerischen Abteilung über die gesamte Produktionszeit hinweg zu dokumentieren. Dies fiel unter die Zuständigkeit der IT-Abteilunng von Lucasfilm, die von David geleitet wurde.
„Die Künstlerische Abteilung hat Tausende von Bildern erstellt”, erklärt sie, „weshalb man jede Woche an allen Abgleichen der Abteilung teilnehmen muss, um festzuhalten, was grünes Licht bekommen hat, was nicht und wofür grünes Licht gegeben wurde. Erst dann kann man einen funktionierenden Prozess entwickeln, alle erstellten Konzepte zu ordnen und zu archivieren.”
Für einen Film, der so reich an Bildern ist wie ein Star-Wars-Film, ist es entscheidend, in allen Phasen des Produktionsprozesses Zugriff auf die Entwürfe zu haben. Denn egal ob die Kulissenbauer in den Fox Studios in Australien genauere Informationen zu einem Detail einer Kulisse benötigen, ein Verleger eine Grafik für ein kommendes Buch sucht oder eine Illustration für einen Online-Artikel auf StarWars.com angefragt wird, alle Anfragen landen auf Davids Schreibtisch.

„Eine der Herausforderungen, denen wir uns während der Produktion in Sydney stellen mussten, war der Zeitunterschied”, sagt sie. „Wir mussten sicherstellen, dass sie relativ schnell an Informationen gelangen konnten. Durch ihre Netzwerkverbindung waren sie in der Lage, sich in die Datenbank einzuloggen und selbst die benötigten Bilder zu beschaffen. Wenn etwas nicht verfügbar war, konnten sie mich anrufen und sagen: ‚Hey Fay, wir suchen nach diesem Bild, könntest du das bitte in die Datenbank stellen, damit wir es abrufen können?‘ Die Herausforderung bestand darin, ihnen die Informationen schnellstmöglich bereitzustellen.”
Der erste Schritt bei der Archivierung der Bestände der Künstlerischen Abteilung war das Fotografieren der Stücke mit digitalen Kameras. Die Bilder wurden dann in die Datenbank hochgeladen. „Zusätzlich werden alle möglichen Informationen hinzugefügt”, erklärt sie. „Der Künstler, das Medium – ob Filzstift, Füller, beides oder ein Gemälde – die Größe, wofür es genehmigt wurde, und eventuelle besondere Bemerkungen.”
Selbst Entwürfe, die kein grünes Licht bekommen haben, werden auf die gleiche Weise katalogisiert, da es oft vorkommt, dass ein älteres Design für einen anderen Entwurf wieder in Betracht gezogen wird. Als es bei Episode II an die visuelle Konzeption ging, kehrten so einige Entwürfe aus Episode I zurück und erhielten eine zweite Chance, Wirklichkeit zu werden. Dank der sorgfältigen Organisation waren diese Bilder leicht zugänglich.
„Die Originalstücke werden im Archivraum der Künstlerischen Abteilung aufbewahrt“, erzählt David. Nach dem Fotografieren werden die Entwürfe in Ordnern gelagert. Wenn der Film abgeschlossen und das Projekt beendet ist, werden diese Ordner dem Hauptarchiv zur langfristigen Aufbewahrung übergeben. Ähnliches geschieht mit den Skulptur- und Modellentwürfen, obwohl ihr Bestimmungsort etwas anders aussieht. „
Wir fotografieren sie alle und versehen sie mit einer Aktennummer, damit sie leicht wiederzufinden sind”, sagt sie. „Dann gehen die Modelle zu ILM, damit sie damit arbeiten können, und wenn ILM damit fertig ist, kommen sie zurück ins Archiv.”
Animatics und mehr
Der Großteil der Entwurfszeichnungen wurde fertiggestellt, noch bevor die Kameras zu rollen begannen. Doch der fließende Produktionsprozess, den George Lucas so schätzt, und die sich nach wie vor entwickelnde Handlung von Episode II machten es erforderlich, auch später noch weitere Entwurfszeichnungen anzufertigen, zum Teil sogar noch in der Nachbearbeitungsphase. Die Künstlerische Abteilung ist außerdem dafür zuständig, Sequenzen, die später an Industrial Light & Magic übergeben werden, vorzuvisualisieren, um den endgültigen Effekten als Vorlage zu dienen.
In dieser Phase bleibt David weiterhin eng in den Prozess eingebunden. „Anders ist an diesem Punkt vor allem, dass ich mein Wissen um die Entwürfe nutzen und nun sicherstellen kann, dass das Animatics-Team und die Kollegen bei ILM immer alle entsprechenden Vorlagen für alles haben, woran sie gerade arbeiten“, erklärt sie.
David nimmt an den Übergabe-Abgleichen teil, in denen George Lucas und Cutter Ben Burtt die zusammengeschnittenen Sequenzen an das Animatics-Team weitergeben, damit dieses seine Effekte einarbeiten kann.
„Das Animatics-Team organisiert seine Dateien zwar selbst”, sagt sie. „Aber ich bin für den Arbeitsfluss der Abteilung zuständig. Das kann alles sein von den Einstellungen, die dem Animatics-Team übergebenn werden über die ständige Aktualisierung der Anmerkungen in unserer Datenbank bis hin zur Festlegung von Zeitplänen für benötigte Produktions- und Matte-Bilder.”
Eine weitere bedeutende Rolle, die David übernommen hat, besteht darin, die zahlreichen exotischen Namen von Aliens, Kreaturen, Geräten und Fahrzeugen zu organisieren, die während der Produktion auftauchen. Ihre Notizen stellen sicher, dass die Twi’leks von Ryloth stammen, Po Nudo ein Senator von Ando ist, Senator Tesseks Name nicht Tikkes ist, und dass diese Charaktere jeweils auf Seiten der Handelsallianz, der Techno Union oder der Handelsgilde stehen.
„Für jede auftretende Figur und jede Kreatur, die keinen Namen hatte, haben wir eine Liste erstellt und diese George gezeigt, damit er ihnen Namen geben konnte”, erklärt sie. „Im Gegenzug habe ich diese Listen dann an Lucas Licensing, ILM, die Marketing-Kollegen und all jene weitergegeben, die sie benötigen. Das Gleiche galt für alle Fahrzeuge. Ich habe verschiedene Fahrzeuglisten erstellt, je nachdem, wo sie im Film auftauchen. Das erleichtert den Licensing-Kollegen ihre Arbeit ein wenig.”
Trotzdem sah sich David nie hauptsächlich als Star-Wars-Expertin, als sie den Job bekam. Aber ihre Arbeitserfahrungen haben ihr ein unschätzbares Wissen über Details vermittelt: „Ich kannte mich relativ gut aus, wenn auch sicher nicht so gut wie zum Beispiel meine Brüder. Es ist eine völlig neue Welt, die man kennenlernen muss, mit ihrem eigenen Repertoire an Arten, Kulturen und Politik. Das liebe ich am Star-Wars-Universum.”
David, die Film- und Fernsehproduktion am Communication’s Department des CalState Fullerton studierte, zog auf der Suche nach einer Zukunft in der Filmproduktion in die Metropolregion San Francisco. Ihre Fähigkeiten verschafften ihr einen Job bei Industrial Light & Magic, wo sie von einer Chance hörte, an der Produktion von Episode II mitzuwirken.
„Ich habe versucht, mir einen Überblick zu verschaffen“, erinnert sie sich. „Ich sprach mit der Produktionsmanagerin, und sie erwähnte, dass Doug Chiang nach einem Koordinator für Episode II suchte. Das klang für mich nach einer interessanten Herausforderung. Ich war definitiv daran interessiert, enger mit Doug zusammenzuarbeiten, ging zu ihm, hatte ein Vorstellungsgespräch mit Rick McCallum und Doug und bekam den Job.”
Bevor ihr Vertrag mit ILM auslief, erhielt David die seltene Gelegenheit, einen winzigen Gastauftritt am Ende von Die dunkle Bedrohung hinzulegen. „Bei ILM machten wir einige Nachdrehs für einige der Sequenzen, und sie brauchten die Zofen im Hintergrund einer Einstellung”, erinnert sie sich. „Ich war zufällig ungefähr so groß wie eine der regulären Zofen-Darstellerinnen, wurde in ihr Kostüm gesteckt und in den Hintergrund dieser Aufnahmen gestellt.”

David sorgte dafür, ihren Brüdern von ihrem Auftritt als Zofe (vielleicht Fé?) zu berichten. „Man sieht mich für den Bruchteil eines Augenblicks“, erzählt sie. „Aber es hat wirklich Spaß gemacht. Das Beste daran war, dass ich das Kostüm persönlich aus der Nähe sehen konnte. Der Detailreichtum war einfach unglaublich. Ich hatte danach eine riesige Ehrfurcht für die Arbeit, die in die Kostüme gesteckt worden ist, aber noch viel mehr jetzt, wo ich auf der anderen Seite stehe und die Kostüme als Entwürfe sehe und dann sehe, wie Trisha Biggar diese Entwürfe nimmt und sie in diese magischen Stücke verwandelt.”
Jetzt, nachdem sie an beiden Enden des Produktionsspektrums gearbeitet hat, schätzt David den gesamten Prozess viel höher. „In Episode I habe ich primär das Ende von allem gesehen, nachdem schon alles entworfen worden war, und ich war nur in der Nachbearbeitung beteiligt”, meint sie. „Eine Sache, die mich dazu brachte, hierher zu kommen und hier zu arbeiten, war die Chance, von Anfang an mitzuarbeiten und den gesamten Prozess von den Entwürfen bis zum Abschluss mitzuerleben. Rick McCallum war ganz großartig darin, auszuloten, wohin im Produktionsprozess ich am besten passen könnte. Er ist immer gut in solchen Dingen, weil er möchte, dass Mitarbeiter einen Job machen, der sie tatsächlich interessiert. Für mich ist ein Traum Wirklichkeit geworden.”
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