
Wer versucht, die Genesis der Geschichte des ersten Films nachzuvollziehen, stößt dabei unweigerlich auf das Problem, dass von offizieller Seite, insbesondere von George Lucas selbst, diverse Mythen über diesen Schaffensprozess verbreitet werden. Die wohl bekannteste oder weitestverbreitete dieser Legenden berichtet, dass sich die Saga seit jeher um Darth Vaders Erlösung drehte.
Diese Legende hat, wie jede Legende, einen wahren Kern. Sie verkörpert aber gleichzeitig einen anhaltenden Geschichtsrevisionismus, der insbesondere von George Lucas selbst gepflegt wird, scheinbar um die Entstehung der Saga zu etwas Übermenschlichem zu stilisieren, indem die Vorstellung vermittelt wird, dass alle Handlungselemente seit jeher vorhanden waren und später nur filmisch umgesetzt wurden.
Im folgenden soll deshalb zunächst versucht werden, die Entwicklung des Kriegs der Sterne nachzuzeichnen, bevor in weiteren Kapiteln die Entstehungsgeschichte einiger zentraler Bauteile der Erfolgssaga näher beleuchtet wird.
Von der Idee zur Handlung
Jede Saga hat einen Anfang, so verkündete es 1998 der Teaser-Trailer von Episode I. Im Falle der Filme war dieser Anfang das sogenannte „Tagebuch der Whills“, eine etwa 40seitige Mischung aus Konzepten und Handlungssträngen, die George Lucas 1972 verfasste und die rückblickend viele vertraute Namen und Ideen enthält.
Das „Tagebuch der Whills“ begann mit den Worten: „Dies ist die Geschichte von Mace Windy, einem angesehenen Jedi-bendu von Ophuchi, wie sie uns von C.J. Thorpe, einem Padawaan-Schüler des berühmten Jedi, erzählt worden ist.“ Der Erzähler dieses Tagesbuchs, C.J. Thorpe, heißt mit vollem Namen „Chuiee Two Thorpe von Kissel“ und nennt sich mal C.J. und mal C.2. Sein Vater ist „Han Dardell Thorpe, Pilot des berühmten galaktischen Kreuzers Tarnack“.

Mit sechzehn Jahren geht Chuiee an die Intersystem-Akademie, um ein Jedi-Templer zu werden. Dort wird er zum Padawaan-Schüler Mace Windys, eines Kriegsherrn des Vorsitzenden der Allianz Unabhängiger Systeme. Windy fällt einer Intrige am Hof zum Opfer. Seine Feinde – unter ihnen einige seiner eigenen Kameraden – fürchten, dass Windy mächtiger sein könnte, als der „Imperiale Führer des Galaktischen Imperiums“. Sie sorgen dafür, dass er ersetzt und aus den königlichen Streitkräften ausgestoßen wird, doch auch als Windy den Hof verlässt, bittet Chuiee ihn, in seinen Diensten bleiben zu dürfen.
Dies führt zum noch fragmentarischeren zweiten Teil des Journal of the Whills, in dem Windy und Chuiee, etwa vier Jahre nach dem ersten Teil, ihr größtes Abenteuer erleben. Sie bringen eine Ladung Fusionsträger nach Yavin, wo sie von einem geheimnisvollen Kurier des Vorsitzenden der Allianz zum abgelegenen Planeten Yoshiro zitiert werden. An diesem Punkt bricht die Erzählung ab.
Bereits in dieser ersten Version, finden sich eine Reihe bekannter Ideen: Vorformen von Obi-Wan, Qui-Gon, Han Solo, eine frühe Version sowohl des Imperiums, als auch der Republik, und bereits hier auch die erste Version der Anti-Jedi-Intrigen, die erst 2005 in Episode III umgesetzt werden sollten. Doch was in der Rückschau faszinieren und begeistern mag, stieß bei Lucas‘ Freunden 1973 auf wenig Begeisterung und viel Unverständnis.
Lucas nahm diese Kritik zum Anlass, sein Traumprojekt von Grund auf neu aufzuziehen und stellte in einem zweiten Anlauf im Mai 1973 einen weiteren Handlungsabriss fertig, den er „The Star Wars“ betitelte. Diesmal war die Geschichte sehr viel konventioneller gehalten, genaugenommen handelte es sich bei ihr um eine recht genaue Kopie von Akira Kurosawas Film „Die verborgene Festung“.

Kurosawas Film spielt in einer Zeit, als Japan durch Bürgerkriege erschüttert wurde. Der Film erzählt die Geschichte zweier wenig erfolgreicher Söldner oder bessergesagt Gauner, die auf der Flucht sind, da die Armee ihres Landesherrn besiegt wurde. Unterwegs finden sie einen Schatz, den ihr überlebender General auf sicheres Gebiet bringen will. In der Obhut des Generals befindet sich auch die Tochter des besiegten Landesherrn. Der General setzt die beiden Gauner nun als Träger ein, was diese gerne mitmachen, da sie hoffen, so eine Gelegenheit zu bekommen, das Gold zu stehlen. Gelegenheiten gibt es viele, allerdings stellen sich die Beiden so ungeschickt an, dass der Diebstahl nie gelingt.

Gerade als die Gruppe glaubt, in Sicherheit zu sein, wird sie von feindlichen Soldaten gestellt. Die Gauner können entkommen, doch die Prinzessin und der General werden gefangengenommen. Der Befehlshaber der Feinde ist ein alter Freund des Generals, und als die Prinzessin berichtet, dass die lange Reise bei ihr dazu geführt hat, dass sie nun Mitgefühl mit dem einfachen Volk empfindet, ist der feindliche General so gerührt, dass er sich der Prinzessin und seinem alten Kampfgefährten anschließt und ihnen zur Flucht verhilft.
So gelingt es der Prinzessin, sich in Sicherheit zu bringen und die Herrschaft ihrer Familie wiederherzustellen. Auch für die Gauner springt am Ende eine Belohnung heraus.
In Lucas‘ Handlungsabriss, der im 33. Jahrhundert, einer Epoche der Bürgerkriege, angesiedelt war, klang Kurosawas Geschichte so:
Ein General und eine Prinzessin versuchen, befreundetes Territorium zu erreichen. Dabei stoßen sie zunächst auf zwei imperiale Beamte und später auf eine Gruppe von jungen Burschen, die sich alle, mal mehr, mal weniger freiwillig dem General anschließen. Die Beamten versuchen dabei ständig, dem General das wertvolle „Aura-Gewürz“ zu stehlen, das dieser in seinem Besitz hat, scheitern jedoch ebenso regelmäßig.
Nach einigen Abenteuern auf dem Planeten Aquilae, gelingt der Reisegruppe die Flucht von dem Planeten, doch bevor sie ihr Ziel, den Planeten Ophuchi erreicht, gilt es zunächst, den imperialen Verfolgern zu entkommen, einen Flug durch ein Asteroidenfeld zu überstehen, den Gefahren einer Dschungelwelt zu trotzen und die Prinzessin, die dort dem Imperium in die Hände gefallen ist, aus einem Gefängnis auf der imperialen Thronwelt zu retten.










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