Anzeige

Jede Linie zählt – Konzeptkünstler Kun Chang arbeitet an Episode I

Als Teil der in England aktiven Unterabteilung des Episode-I-Art-Departments war Konzeptzeichner Kun Chang u.a. für die Lenker von Anakins Podracer zuständig.
Kun Changs Konzept für den Thronsaal der Königin an Bord ihres Raumschiffs.© Lucasfilm

Quelle

Die Künstlerische Abteilung, in der viele der maßgeblichsten Entwürfe für Episode I entstanden, war nicht vollständig auf der Skywalker Ranch angesiedelt. Es gab ein zweites Team von Konzeptkünstlern auf der anderen Seite des Atlantiks, das in England unter der Leitung von Szenenbildner Gavin Bocquet arbeitete. Einer der dortigen Künstler war Kun Chang.

Obwohl sie durch einen Ozean getrennt, aber durch moderne Kommunikationstechnologie verbunden waren, arbeiteten die beiden Teams zusammen, um die phantastischen fernen Welten von Episode I zu erschaffen. „Wir waren immer sehr beeindruckt von den Dingen, die aus Amerika kamen“, erzählt Kun. „Als ich anfing, hatte ich eigentlich einen anderen Zeichenstil. Aber Gavin gab mir eine Zeichnung von Doug Chiang und sagte: Kannst Du das auch? Am Ende ähnelte mein Zeichenstil dem der Künstlerischen Abteilung in den USA.“

Kun Chang wurde in Dänemark geboren und hat in England, Deutschland und San Francisco gelebt. Er studierte am Royal College of Arts in London und am California College of Arts and Crafts. Er hat in der Werbebranche und im Grafikdesign gearbeitet. Sein Weg in die Filmindustrie war nicht so offensichtlich, wie manche vielleicht denken.

„Mein Vater war Nuklearwissenschaftler und wollte natürlich, dass auch ich Nuklearwissenschaftler werde“, erklärt Kun. „Als ich etwa 15 war, lernte ich einen Freund aus Deutschland kennen, der ein großer Star-Wars-Fan war. Das hat sein Leben wirklich verändert. Er sagte, er wolle Filme machen und so weiter, und ich dachte nur: Ja, das klingt nach Spaß.“

Kun Changs Design für einen tragbaren Videomonitor der Gunganer.
Kun Changs Design für einen tragbaren Videomonitor der Gunganer.

„Ich habe zuerst den zweiten Teil gesehen, Das Imperium schlägt zurück”, berichtet Kun weiter. „Mein Vater nahm mich mit in ein völlig leeres riesiges dänisches Kino, und ich war wirklich hin und weg. Ich glaube, den ersten Teil habe ich tatsächlich nur auf Video gesehen, aber der zweite Teil hat mich sehr beeindruckt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich eigentlich nicht daran gedacht, dass ich irgendetwas mit Filmen machen würde, weil ich immer vor Augen hatte, einmal Ingenieur zu werden. Aber die Leute sahen mich immer beim Zeichnen und sagten dann immer: Na, Du weißt ja offenbar schon, was Du mal machen willst, oder“

Obwohl er schon eine Weile als Konzeptkünstler und Illustrator für Filme gearbeitet hatte, darunter große Filmerfolge wie Das fünfte Element, kam Kuns Beteiligung an Episode I fast zufällig zustande.

„Es gab da einen Dokumentarfilm, bei dem ich Regie führen wollte, und ich ging nach England, um zu sehen, ob ich ihn vielleicht umsetzen könnte“, erzählt Kun. „Im Rahmen dessen ging ich ins Royal College, weil mein alter Lehrer mich gebeten hatte, vorbeizukommen und meine Arbeit aus dem letzten Jahr zu zeigen, damit die Studenten sehen konnten, was ich gemacht hatte.

Ich war nicht wirklich scharf darauf, an einem weiteren Film zu arbeiten, aber ich zeigte mein Portfolio und Tony Wright war dort und er unterrichtete. Wir gingen zum Mittagessen und dann sagte ich: Es gibt tatsächlich einen Film, an dem ich sehr gerne arbeiten würde, und zwar Star Wars. Mein Lehrer sagte nur: Nun, Tony arbeitet gerade an Star Wars. Bist Du immer noch interessiert?“

Kun hatte tatsächlich Gerüchte gehört, dass ein neuer Film in Arbeit sei und nach England kommen würde. Für alle Fälle hatte er bereits mit den Vorbereitungen für sein Portfolio begonnen. „Ich habe dafür gesorgt, dass mein Abschlussprojekt am Royal College of Art ein Science-Fiction-Projekt war“, erzählt Kun.

Nachdem Kun sein Interesse an dem Projekt bekundet hatte, besorgte ihm Tony Wright, ein weiterer Konzeptkünstler aus Großbritannien, der an Episode I arbeitete, die Telefonnummer von Gavin Bocquet. „Ich rief ihn an und Gavin reagierte sehr positiv darauf.“ Die Zeit verging, und immer mehr Kollegen von Kun von Das fünfte Element begannen, an Die dunkle Bedrohung zu arbeiten.

„Ich dachte mir: Na toll, ich habe den Job nicht bekommen”, seufzt Kun. „Und dann, als ich die Hoffnung aufgegeben hatte und gerade dabei war, mich mit allen möglichen anderen Dingen zu beschäftigen, bekam ich eines Abends einen Anruf aus Kalifornien. Gavin sagte mir, dass ich den Job habe. Das war eine große Überraschung.“

Kun Changs Design für verschiedene Lichtschwertgriffe

Als Kun mit der Arbeit begann, wurde ihm ein gewisses Maß an Flexibilität bei seinen Entwürfen eingeräumt, sodass er zahlreiche Herangehensweisen an ein Thema ausprobieren konnte. „Ich hatte viele Freiheiten und das hat mir wirklich Spaß gemacht. Gavin gab mir eine Liste mit Dingen, die entworfen werden mussten, und er erwartete einfach fünf, sechs Zeichnungen von allem. Er schickte sie einfach nach Amerika und dann kamen sie mit den Stempeln OK oder gar nicht zurück.“

„Wir haben alle an den Podracern gearbeitet, als ich angefangen habe. Es gab einige Leute, die für ein paar Wochen vorbeikamen und nur Auszubildende waren und sich mit Kit-Bashing beschäftigten. Es war also für alle sehr einfach, mitzumachen und etwas umzusetzen“, erzählt Kun. Der Enthusiasmus führte gelegentlich zu einer Art Rivalität zwischen den beiden Künstlerischen Abteilungen. „Jedes Mal, wenn wir etwas abschickten, dachten wir: Das ist besser als alles, was wir von den Jungs in Amerika gesehen haben“, scherzt Kun. „Und dann kam irgendwann ein Haufen Konzepte aus Amerika zurück, die wirklich atemberaubend waren, und wir dachten nur: Wow!”

Action-Requisiten

Kuns Zeichnungen halfen bei der Entwicklung mehrerer Podracer-Designs. Seine Skizzen wurden zur Vorlage der Maschinen von Elan Mak und Wan Sandage. Außerdem hatte er Einfluss auf Anakins Podracer-Design.
Gelegentlich mussten Änderungen vorgenommen werden, sobald eine zweidimensionale Skizze in eine dreidimensionale Skulptur verwandelt wurde. „Als ich ein maßstabsgetreues Modell von Anakins Podracer aus Schaumstoffplatten anfertigte, stellten wir fest, dass aufgrund des Designs der Lenker Anakins Hände immer sein Gesicht verdecken würden. Wir haben das geändert, deshalb laufen die Griffe nach oben aus“, sagt Kun.

Ein Podracer-Cockpit von Kun Chang.

Manchmal erschwerte die Entfernung zwischen den beiden Künstlerischen Abteilungen auch die Kommunikation. „Ich habe zwei Wochen lang Handfeuerwaffen für die Gunganer entworfen, nur um dann zu erfahren, dass sie keine solchen Waffen benutzen“, erinnert sich Kun.

Mit neuer Ausrichtung begann Kun mit der Entwicklung der exotischeren Gunganer-Waffen – der Speerschleudern und Blasrohre, mit denen Kugeln aus Plasmaenergie geschleudert werden. Zu Beginn der Entwurfsphase benutzten die Gunganer diese Waffen noch, um die Energiekugeln zu erzeugen, ähnlich wie ein Glasbläser.

Als die Entscheidung fiel, das Innere des königlichen Raumschiffs in England zu fertigen, war Kun Teil des Designteams, das sich dieser besonderen Herausforderung annahm. „Ich wurde mit der Erstellung all der ersten Modelle und der Ausarbeitung der Innenraumgestaltung beauftragt. Ich habe viel Zeit mit der Erstellung von Modellen und Zeichnungen verbracht.“

„Die Künstlerische Abteilung in Amerika entwarf das Äußere des Schiffs der Königin, und wir entwarfen das Innere, mit Ausnahme des Cockpits. Gavin gab mir alle Schiffsmodelle, mit denen ich arbeiten konnte. Es war wirklich schwierig, weil ich nur eine leere Form hatte und wusste, dass George Lucas eine wirklich grobe Zeichnung angefertigt hatte, in der er eine Art kleinen Kreis gezeichnet hatte, und dort sollte Padmé hin. Dann hatte er eine Vorstellung, wo die Zofen sein sollten, und so weiter“, beschreibt Kun den Prozess.

Das Schiff der Königin wurde früh in einigen Punkten geändert „Ursprünglich gab es einen Empfangsraum, der sich im hinteren Teil des Schiffes befinden sollte, wo es eine Art Rundung hat“, sagt Kun. „Es sollte dort ein Fenster geben, durch das man in den Weltraum schauen kann. Allerdings gab es kein entsprechendes Fenster, wenn man das Raumschiff von außen betrachtet. Von außen ist es ganz aus Metall und Chrom. Also wurde beschlossen, das Fenster wegzulassen.“

Neben den verschiedenen Innenräumen des Schiffs entwarf Kun auch den geschlitzten T-14-Hyperantriebsgenerator, der unseren Helden so viel Sorgen macht. Durch sein Design, das sich deutlich von der zweckmäßigen Natur der zuvor gesehenen Innenräume von Raumschiffen unterscheidet, könnte der T-14 fast als Wandschmuck durchgehen, so kunstvoll ist seine Oberfläche gestaltet.

Viele von Kuns Entwürfen waren sogenannte „Action-Requisiten“, also Geräte und Vorrichtungen, die tatsächlich von den Schauspielern gehalten und benutzt wurden. Kun trug dazu bei, dass ein Jedi-Ritter immer gut ausgerüstet war. Zu seinen Entwürfen gehören die Allzweckgürtel der Jedi, ihre Atemmasken und Holoprojektoren.

„Eine Idee für die Atemgeräte, die alle toll fanden, aber letztendlich nicht verwendet wurde, war, dass Obi-Wan und Qui-Gon eine Art Qualle nehmen und sie sich über das Gesicht halten, um unter Wasser atmen zu können“, verrät Kun.

Die Jedi-Requisiten – insbesondere der Holoprojektor – mussten eine gewisse Eleganz ausstrahlen, um mit einem so edlen Orden in Verbindung gebracht zu werden. „Das war schon ziemlich schwierig“, gibt Kun zu. „Ich stellte mir alles, was zu den Jedi passte, eher klein und wie ein Schmuckstück vor. So wie ein chinesisches Artefakt oder so etwas. Nicht klobig wie alles andere in Star Wars. Die wenigen Gegenstände, mit denen ein Jedi herumläuft, sollten schön sein.“

Während der Zufall eine Rolle bei seinem Einstieg ins Episode-I-Team spielte, beendete ein Unfall Kun Changs Arbeit vorzeitig. Ein Bandscheibenvorfall zwang ihn, die Produktion vorzeitig zu verlassen. Dennoch gelang es ihm, viele wichtige Beiträge zu Die dunkle Bedrohung zu leisten. Nach seiner Genesung arbeitet er weiterhin an anderen Filmprojekten. Seine schönsten Erinnerungen an seine Zeit bei Star Wars stammen aus der Phase, als er sah, wie etwas Erdachtes zum Leben erweckt und in drei Dimensionen umgesetzt wurde.

„Es war ein echter Kick, das fertige Set zu betreten und zu sehen, wie jedes kleine Detail der Zeichnung in die Realität umgesetzt wurde“, berichtet Kun. „Selbst kleine Kritzeleien, über die ich mir eigentlich keine großen Gedanken gemacht hatte, waren zu Griffen oder Schrauben geworden – wenn man so etwas sieht, wird einem wirklich bewusst, dass jede einzelne Linie zählt, sobald sie einmal grünes Licht erhalten hat. Das zu erleben, war wirklich erstaunlich.“


Mehr über Kun Chang erfahrt ihr auf seiner Webseite KunChang.net.


Christoph

Als SWUler der 2. Generation ist Christoph seit Sommer 2001 auf Star Wars Union aktiv und übernimmt inzwischen eher Aufgaben hinter den Kulissen. Seine Liebe gehört der Lucas-Saga, dem Dunklen Imperium, der New-Jedi-Order-Buchreihe, der Entstehungsgeschichte des Kriegs der Sterne sowie Jyn Erso.

Schlagwörter

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Anzeige

mehr zum thema

Mehr zum Thema

Die alte Republik versinkt in Chaos, Krieg und Korruption: Dunkle Mächte manipulieren die politische Lage mit einer Blockade des kleinen Planeten Naboo, die Jedi-Ritter stoßen auf einen seit 1000 Jahren vernichtet geglaubten Feind, und auf dem Wüstenplaneten Tatooine wird ein außergewöhnliches Kind entdeckt, das eine uralte Prophezeiung erfüllen könnte: Zum Guten wie zum Bösen. Dies ist der Auftakt zur Saga vom Krieg der Sterne.

Jetzt streamen!Mehr erfahren!
Qui-Gon Jinn - One-Plakat-Motiv

Die dunkle Bedrohung // News

Liam Neeson bedauert den laschen Tod von Qui-Gon Jinn

Ben Burtt bei der Arbeit am Schnitt von Star Wars: Episode I

Die dunkle Bedrohung // Artikel

Zeitreise 1999: Ben Burtt entwickelt Bild und Ton von Die dunkle Bedrohung

verwandte themen

Verwandte Themen

Sternenkind: Padmé Amidala und ihr Wüstenkleid

Sternenkind: Padmé Amidala und ihr Wüstenkleid

StarWars.com blickt auf die Konzeption von Padmés Sternenkleid aus Angriff der Klonkrieger.

Angriff der Klonkrieger // Artikel

07/01/2002 um 15:22 Uhr // 0 Kommentare

Genndy Tartakovsky im Interview über Star Wars: Clone Wars

Genndy Tartakovsky im Interview über Star Wars: Clone Wars

Genndy Tartakovsky spricht über seine Star-Wars-Trickserie Clone Wars.

Clone Wars, Die Macher // Interview

22/08/2010 um 18:44 Uhr // 0 Kommentare

Modeillustratorin Marilee Heyer über ihre Frisurendesigns für Die Rückkehr der Jedi-Ritter

Modeillustratorin Marilee Heyer über ihre Frisurendesigns für Die Rückkehr der Jedi-Ritter

Die Schöpferin der Leia-Frisuren in Die Rückkehr der Jedi-Ritter schwelgt mit StarWars.com in Erinnerungen.

Die Rückkehr der Jedi-Ritter // Artikel

24/05/2023 um 14:19 Uhr // 0 Kommentare

Keine Beiträge gefunden.

Anzeige