Marvel.com: John, womit beginnen Sie bei einem Projekt wie Star Wars? Einfach ran, wie in allen Ihren Werken, oder gibt es da etwas Besonderes, was sie vielleicht getan haben, ehe sie sich darin vertieft haben?
John Cassaday: Das Herangehen an Star Wars war komplizierter als gewöhnlich, einfach aufgrund seiner immensen Ausdehnung. Wir wussten, dass die Reihe zum Kanon gehören würde und das übt natürlich Druck auf einen aus. Lucasfilm würde, so wussten wir, als Berater und Torwächter ziemlich mit drin sein, im März 2014 also habe ich mich mit dem Autor Jason Aaron und der Marvel-Crew für einige Tage auf der Skywalker-Ranch und bei Lucasfilm getroffen.
Wir haben über Grobhandlungen gesprochen, Herangehensweisen an Charaktere und grundlegende Design-Ideen bezüglich dessen, was kommen würde. Es gab viel aufzunehmen, aber meine halbe Hausaufgabe war bereits getan, wenn man bedenkt, dass ich diese Stories seit meinem fünften Lebensjahr konsumiert habe.

Ihre Arbeit ist bereits filmisch, aber fahren Sie dennoch das Gefühl für Star Wars hoch? Gehen Sie an diese Layouts mit dem Film im Kopf ran, oder haben sie das anders getan?
Zentral für mich in Sachen Star Wars ist es, in dieser Welt zu bleiben. Komme dem, was bereits bekannt ist und funktioniert, nicht in die Quere. Ich denk an die grundlegende Natur des Filmschöpfungsprozesses, die im Falle der originalen Trilogie bereits gut funktioniert hat. Keine exorbitanten Kunstflüge zum Angeben. Erzähl die Geschichte, nimm’s auf, mach die Performance und weiter.
Diesen imperialen Offizier in Band #1, der eins abbekommt, woher stammt der? Er wirkt wie eine reale Person – kennen Sie diese Person?
Er ist eine Verbindung verschiedener Leute. Ich wollte im Wesentlichen, dass er wie ein Hammer Films-Schauspieler aus den 1950ern oder 60ern herauskommt; eine britische Figur, die genau neben Peter Cushing und Christopher Lee passt.

Nun, wie sieht ihre Philosophie aus, wenn es darum geht, Ähnlichkeiten zu zeichnen? Ihre Star Wars-Figuren erkennt man sofort in Band #1, was läuft da rein? Welche Gewichtung verpassen Sie dem?
Von Anfang an war meine Perspektive, die Figur, den Schauspieler und meine stilistischen Tendenzen zu bedenken und sie in einen Topf zu schmeißen. Was dabei herauskommt, kommt heraus. Es gibt Zeiten, in denen ich die Aufnahme und den Ausdruck kenne und die Ähnlichkeit genau anpassen kann, aber ich will mich dazu nicht auf Kosten des Augenblicks festnageln. Geschichte und Figur haben Priorität.
Welcher Filmcharakter hat Sie beim Zeichnen am meisten angemacht? Gab es dabei irgendeine Überraschung, oder handelte es sich hierbei um einen Charakter, die sie visuell immer mochten?
Ich habe die meisten dieser Charaktere den Großteil meines Lebens lang geliebt, aber ich muss klar sagen, dass Han Solo sich als noch spaßiger herausgestellt hat, als ich angenommen hatte. Harrison Fords Gesicht hat so viel Charakter, mit dem man herumspielen kann. Er ist einfach ein augenrollender, schelmisch grinsender Irrer der Verrücktheit.
Ich muss sagen, dass Vader auf gegenteilige Weise interessant ist. Während er ein stoisches Robotdesign ohne Gesichtsausdruck ist, kann das Publikum dennoch seine Emotionen lesen, weil sie die Figur kennen. Mit Jasons treffsicheren Dialogen, können sie die Stimme vernehmen und begreifen, was unter dem Helm steckt. Mein Job ist zur Hälfte erledigt, ehe ich mit dem Zeichnen auch nur beginne.

Bitten Sie Ihren Autoren jemals um spezifische Elemente? Wie den AT-AT in Star Wars #1 – war der von Anfang an in den Skripten oder führen Sie herbei, dass Sie die coolsten Dinge aus den Filmen zeichnen?
John Cassaday: Eines der klugen Konzepte, die Jason [Aaron] in die erste Geschichte eingeführt hat, war, unsere Helden inmitten einer imperialen Waffenfabrik zu platzieren. Ganz natürlich haben wir so die Möglichkeit, aus den Transportmitteln unserer Schurken frei auszuwählen, einige davon erkennt ihr ja vielleicht…
Wir haben mit Lucasfilm hin und her überlegt, was wir nun verwenden sollen und was nicht…und ich denke, es ist wichtig, nicht zu sehr in Richtung Fan Fiction zu gehen, was heißt: Nehmt etwas nicht einfach deswegen, weil es unser Lieblingsspielzeug war oder ‚das wäre so cool!‘. Es muss an der Stelle Sinn machen. Als ich also das Skript las, dachte ich ‚AT-AT…ja, verdammt!‘

Als es darum ging, neue, nicht bereits in Filmen thematisierte Elemente für den Comic zu designen, wie diese Aliens in Band #2, wie kann man sich diesen Prozess vorstellen? Wie viel von den Filmdesigns des Aliens informiert darüber, was ihr macht und inwieweit ist es eure eigene Fantasie?
Von Anfang an wusste ich, dass mein Herangehen an das Buchdesign als solches sehr nahe am praktischen Schaffen der originalen Trilogie wäre. Ich wollte die Begrenzungen der Technik, des Make-Up und der Kostüme dieser Ära begrüßen. Kein komplxes CGI oder Motion Capture. Wenn ich also eine Alien-Figur designe, behalte ich im Kopf, dass es sich um einen Schauspieler mit Gummimaske handelt, ebenso mit Prothesen oder vielleicht eine Puppe. Wenn man es damals nicht hinbekommen hätte, wollte ich es jetzt auch nicht machen.
Wie würden Sie die Kolorierung des Buchs definieren? Was, meinen Sie, erwirkt es für Ihre Kunst?
Sie wird grundlegend und filmisch gehalten. Die Filme gehen niemals zu weit mit kinematographischen Tricks, also sollten wir das auch nicht machen. [Farbenkünstlerin] Laura Martin und ich habe schon oft miteinander gearbeitet und sie kennt das Star Wars-Universum ziemlich gut, sie hat also sofort gepasst und leistet fantastische Arbeit.

Okay, was sie DIE Sache in Star Wars #1, von der sie nicht erwarten können, dass die Leser sie erfahren, und warum?
Ehrlich gesagt will ich einfach, dass die Leser einfach die Musik von John Williams hören, wenn sie das gute Stück öffnen. Von da an, denke ich, werden sie sich – falls wir unsere Aufgabe gut erfüllt haben – in eine stellare Erfahrung aus längst vergangener Zeit und von weit weg vertieft finden. Ich weiß, dass ich meine erfüllt habe.
Über den Künstler:
John Cassaday (1971–2024) war ein US-amerikanischer Comiczeichner und Autor, der für seine detailreichen Illustrationen und filmische Erzählweise bekannt war. Er arbeitete unter anderem an Astonishing X-Men und Planetary und zeichnete die erste Star-Wars-Comicreihe von Marvel nach der Übernahme durch Disney. Neben seiner Arbeit an Comics war er auch als Konzeptkünstler für Film und Fernsehen tätig. Cassaday verstarb im September 2024 im Alter von 52 Jahren.







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