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Rückblick: Hollywood-Reaktionen auf „The Star Wars“

vor 34 Jahren meinte United Artists: Nicht schlecht, aber zu teuer

Als begeisterte Geschichtsfans, machen wir – es wird aufgefallen sein 😉 – hier und da gerne einen kleinen Abstecher in die Vergangenheit. Der heutige Tag bietet dafür einen interessanten Anlass: Am 13. Oktober 1975, also heute vor genau 34 Jahren, wurde im Management des Hollywoodstudios United Artists eine interne Mitteilung verschickt. Thema: Ein Drehbuch namens The Star Wars von einem jungen Filmemacher mit Namen George Lucas:

Star Wars United Artists Corporation

Büro Westküste – Vermerk
Datum: 13. Oktober 1975
An: Mike Medavoy
Von: Marcia Nasatir
Thema: THE STAR WARS/VON GEORGE LUCAS

Lieber Mike,

dieses Drehbuch gefällt mir sehr gut. Die Unschuld der Geschichte, plus der Detailreichtum der Welt, die [der Regisseur] zeigen will, stehen für die beste Art Kinofilm. Das ist wahrhaft ein Film für die ganze Familie.

Anhang:

Titel: THE STAR WARS
Autor: George Lucas
Eingereicht von: Vertraulich
Via: Mike Medavoy
Betreut von: Jerry Silverstein
Datum: 12. Oktober 1975
Format: Drehbuch, 110 Seiten
Schauplatz: Der Weltraum
Zeit: Die Zukunft

Inhalt: Ein Krieg ist zwischen verschiedenen Sonnensystemen ausgebrochen. Jetzt herrschen die DUNKLEN LORDS DER SITH unter Führung von DARTH VADER. Überall tobt der Bürgerkrieg, und der Imperator macht sich Sorgen, weil Rebellentruppen gerade einen wichtigen Sieg errungen haben.

Ein Rebellenraumschiff wird zerstört. Zwei verschiedenartige Roboter, ERZWO und DREIPEO, entkommen. Zur gleichen Zeit befindet sich LUKE STARKILLER, ein 20 Jahre alter Bauernjunge, auf dem Planeten Utapau. Er sehnt sich danach, auf die Militärakademie zu gehen und in den Sternenkriegen mitzukämpfen. Sein Onkel OWEN kauft Erzwo und Dreipeo, die gefangengenommen und als Sklaven verkauft worden sind. Owen kauft die Roboter mit dem Geld, das Luke angespart hat, um den Hof zu verlassen und zur Akademie zu gehen.

Inzwischen ist die schöne Rebellenprinzessin LEIA ORGANA von Darth Vader gefangen worden. Sie weigert sich ihm zu sagen, was sie mit den geheimen Daten gemacht hat. Er will sie zu Tode foltern. Luke freundet sich mit Erzwo und Dreipeo an. Er säubert sie und bemerkt dabei in Erzwos Kopf ein Fragment. Es handelt sich um ein Hologramm von Leia, die befiehlt, dass Erzwo den Behörden auf Organa Major zu übergeben sei. Sie erklärt, sie sei gefangengenommen worden und sie werde den Überbringer dieser Nachricht reich belohnen. Mehr muss Luke nicht wissen. Er, Dreipeo und Erzwo machen sich auf eine Reise über mehrere Planeten, um die Prinzessin zu retten und ihren Teil dazu beizutragen, die Tyrannei zu beenden, die nun im Sonnensystem herrscht.

Auf ihrer Reise sichern sie sich die Hilfe von BEN KENOBI, dem tapferen Jedi-Ritter, dessen Orden zu Fall gebracht worden ist, und unter dessen Befehl Lukes Vater gedient hat. Viele gefährliche Situationen mit seltsamen, bedrohlichen und schrecklichen Ungeheuern und Kreaturen sind zu bewältigen. Am Ende zerstören Luke und seine Anhänger die imperiale Ordnung. Prinzessin Leia wird gerettet und Luke wird ein Held.

McQuarrie-Magic McQuarrie-Magic

Kommentar: Das Drehbuch ist eine Mischung aus einem phantasmagorischen Walt-Disney-Zeichentrickfilm und einer aufregend frischen FLASH-GORDON-Abenteuergeschichte. Es handelt sich um eine Phantasiewelt, die von ihrem Schöpfer George Lucas offenbar gut durchdacht worden ist. Die Konzeptbilder am Ende des Drehbuchs sind beeindruckend und phantasievoll. Es besteht kein Zweifel, dass der Film visuell sehr außergewöhnlich und teuer sein könnte. Das Drehbuch ist hinsichtlich der Handlungsentwicklung sehr unkompliziert gehalten.

Aber es gibt keine metaphysische Botschaft wie in 2001, keine Aussicht auf eine gute Zukunft für die Jugend von heute. THE STAR WARS ist ein Weltraum-Actionfilm für die ganze Familie. Es handelt sich um einen Regiefilm. Wenn Lucas ihn entsprechend spannend und phantastisch gestaltet, so dass man mitfiebert und einen das Abenteuer komplett mitreißt, wird dieser Film ein Erfolg werden. Aber wenn die einfache Geschichte und die Heldentaten nicht vollends überzeugen können, ist dies ein kostenintensiver Flop. Denn ich sehe keine Möglichkeit, diesen Film kostengünstig zu drehen. Es gibt im Kern keine Rollen für Filmstars, die den Film verkaufen könnten, sondern Mundpropaganda und die Geschichte selbst werden dies tun müssen. Die Frage lautet damit, ob man dem Regisseur das Vertrauen entgegen bringt, einen teuren Familien-Abenteuerfilm zu drehen. Ich würde dieses Projekt nicht bewilligen.

Die Kosten für diese Art simpler Geschichte sind einfach zu hoch. Aber der Regisseur weiß offenbar, was er will, und vielleicht gelingt es ihm auch. Dies ist ein äußerst visuelles Projekt, aber meine Phantasie haben die amüsanten und energiegeladenen Heldentaten nicht angeregt oder stimuliert.

Ein riskantes Projekt, und eines, das ich nicht riskieren würde. Andere mögen dies anders sehen.

Das Studio Universal sah das übrigens fast genauso. Hier deren Gedanken, ebenfalls aus dem Herbst 1975:

Star Wars Teaser Universal Internes Memo

Thema: „The Star Wars“-Drehbuch von George Lucas

Meines Erachtens ist ein Projekt wie dieses ein Vabanquespiel, aber das Konzept ist (zumindest verglichen mit bisherigen Projekten in diesem Genre) recht spannend, und zusammen mit seiner möglichen Umsetzung, scheint es mir auf manche Weise eine attraktive Investition darzustellen.

Auf der anderen Seite wird es sehr schwierig sein, weite Teile des Drehbuchs (vor allem die Spezialeffekte und die Probleme mit der Maske) visuell umzusetzen. Ich denke da vor allem an unsere Roboter“helden“, Dreipeo und Erzwo.

Und selbst wenn das Bildmaterial und alle Spezialeffekte wie gewünscht funktionieren, könnte die Geschichte am Ende doch nur eine interessante Fingerübung sein, wenn die Zuschauer das Gut und Böse nicht verstehen und, was genau so wichtig ist, mit dem jungen Luke Starkiller nicht hundertprozentig mitfiebern. Und ich glaube, in diesen Bereichen muss das Drehbuch noch nachgebessert werden. Es bietet jede Menge Action und Abenteuer. Aber wir müssen aus diesen Figuren mehr herausholen.

Fazit: Wenn der Film funktioniert, haben wir einen wunderbaren, humorvollen und spannenden Abenteuer-Phantasiefilm, einen sowohl künstlerischen, wie auch kommerziellen Erfolg. Alles läuft auf die Frage hinaus, wieviel Vertrauen wir in die Fähigkeiten von Herrn Lucas haben, dies auch zu bewerkstelligen.

Man sieht: Anders als George Lucas es gerne darstellt, verstanden manche Leute in den Hollywood-Studios sein Drehbuch durchaus und waren generell auch davon angetan. Sie waren nur nicht bereit, ihr Geld auf diese „simple“ Geschichte, geschweigedenn auf diesen Regisseur zu setzen. Betrachtet man sich die wirtschaftliche Lage jener Jahre – und wer zwischen den Zeilen liest merkt: die Leute hatten nicht nur Sorge um ein schlechtes Geschäft für ihre Firma, sondern wollten vor allem auch jede Verantwortung für diesen möglichen Fehlschlag weit von sich weisen, um nicht am Ende ihren Job zu verlieren – und dazu Lucas‘ Sci-Fi-Megaflop THX-1138, ist dies auch komplett nachvollziehbar.
Glück für uns, dass die Geschichte doch noch ein Happy End hatte: Am 3. Dezember 1975 gab 20th Century Fox offiziell grünes Licht für The Star Wars, weil Alan Ladd jr. das Vertrauen in Lucas aufbrachte, dass den anderen Studiobossen fehlte. Ein riskantes Spiel, das ihn fast den Kopf gekostet hätte, am Ende aber aufging.

Mehr zur Entstehung von Krieg der Sterne gibt es in unserem Genesis-Special und in der Geschichtsübersicht. Und die volle Dröhnung klassischen Materials findet ihr natürlich auf Starkiller-The Jedi Bendu Script Site. Immer wieder einen Klick wert. 🙂


Christoph

Als SWUler der 2. Generation ist Christoph seit Sommer 2001 auf Star Wars Union aktiv und übernimmt inzwischen eher Aufgaben hinter den Kulissen. Seine Liebe gehört der Lucas-Saga, dem Dunklen Imperium, der New-Jedi-Order-Buchreihe, der Entstehungsgeschichte des Kriegs der Sterne sowie Jyn Erso.

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