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Vermischtes, Fans // Artikel

Star Wars in der Hiphop-Kultur

Autor Constantin Gillies zeigt Euch, dass Star Wars auch vor der Hiphop Kultur nicht Halt gemacht hat und hier auf witzige und/oder kreative Art aufgegriffen wird.

„Met her at the Star Wars convention. Did I mention, she was looking for love?“ Mit diesen Zeilen beginnt MC Frontalot seinen Hitsong „Yellow Lasers“ (2005). Was zunächst recht unschuldig klingt, entwickelt sich im Laufe des Songs zu einer heißen Geschichte: Dem Rapper gelingt es sogar, das Mädel von der Con, die ihre Haare zu Leia-Schnecken gedreht hat, ins Bett zu lotsen: „I’d like to be Luke, unless that’s a little bit too perverted for you“, verkündet Frontalot noch selbstbewusst. Aber am Schluss nimmt das kleine Rollenspiel – und der Song – ein ziemlich unappetitliches Ende, dass jeder lieber selber lesen sollte.

Wie bitte? Ein Rapper, der von Star Wars erzählt anstatt von Kanonen, „Bling-Bling“ und „Bitches“? Allerdings. Und das ist nichts Besonderes. Denn zwischen Hiphop und Star Wars gibt es seit jeher eine enge Verbindung – obwohl die zwei Pop-Phänomene scheinbar soweit auseinander liegen wie Coruscant und der Outer Rim: Auf der einen Seite das Weltraummärchen, die harmlose Fantasie eines Wohlstandkindes namens George Lucas, ein porentief weißes Produkt – zumindest bis zum grandiosen Auftritt von Billy Dee Williams in „Das Imperium schlägt zurück“. Auf der anderen Seite der harte Rap, geboren aus der Armut der amerikanischen Innenstadtghettos, einer Welt der Zuhälter und Drogendealer.

Autor Constantin Gillies zeigt Euch, dass Star Wars auch vor der Hiphop Kultur nicht Halt gemacht hat und hier auf witzige und/oder kreative Art aufgegriffen wird.


„Met her at the Star Wars convention. Did I mention, she was looking for love?“ Mit diesen Zeilen beginnt MC Frontalot seinen Hitsong „Yellow Lasers“ (2005). Was zunächst recht unschuldig klingt, entwickelt sich im Laufe des Songs zu einer heißen Geschichte: Dem Rapper gelingt es sogar, das Mädel von der Con, die ihre Haare zu Leia-Schnecken gedreht hat, ins Bett zu lotsen: „I’d like to be Luke, unless that’s a little bit too perverted for you“, verkündet Frontalot noch selbstbewusst. Aber am Schluss nimmt das kleine Rollenspiel – und der Song – ein ziemlich unappetitliches Ende, dass jeder lieber selber lesen sollte.

Wie bitte? Ein Rapper, der von Star Wars erzählt anstatt von Kanonen, „Bling-Bling“ und „Bitches“? Allerdings. Und das ist nichts Besonderes. Denn zwischen Hiphop und Star Wars gibt es seit jeher eine enge Verbindung – obwohl die zwei Pop-Phänomene scheinbar soweit auseinander liegen wie Coruscant und der Outer Rim: Auf der einen Seite das Weltraummärchen, die harmlose Fantasie eines Wohlstandkindes namens George Lucas, ein porentief weißes Produkt – zumindest bis zum grandiosen Auftritt von Billy Dee Williams in „Das Imperium schlägt zurück“. Auf der anderen Seite der harte Rap, geboren aus der Armut der amerikanischen Innenstadtghettos, einer Welt der Zuhälter und Drogendealer.

Und trotzdem liebten die Rapper von Anfang an Star Wars. Ein halbe Ewigkeit, bevor andere Musikrichtungen wie Independent, Punk oder Reggae ihre Zuneigung zu Star Wars entdeckten, spickten die MCs ihre Texte schon mit Anspielungen an die Filme. Blowfly zum Beispiel, der sich selbst als den ersten „dirty Rapper“ der Welt bezeichnet, brachte bereits 1980 einen Song namens „Blowfly versus Darth Vader“ heraus. Leider ist der Text in der Tat zu „dirty“, um ihn hier wiederzugeben.

Oft wurde spekuliert, dass Rapper Star Wars deshalb so gerne mögen, weil sie sich, wie die Rebellen, als Underdogs fühlen. Doch die Zuneigung hat etwas mit der grundsätzlichen Einstellung des Hiphop zu tun. Während sich Rock und Pop oft in andere Sphären träumen, wollte Hiphop immer nur eines: Die Welt so zu zeigen, wie sie wirklich ist, mit allen Details: Welche Autos, Klamotten, Getränke angesagt sind, was die Leute auf der Straße eben beschäftigt.

Und das war zu Zeiten der „Old School“, Anfang der Achtzigerjahre, nunmal Star Wars. Der Film hatte damals ein Art Monopol auf die Popkultur. Es gab keine Konkurrenz, kein „Herr der Ringe“, „Matrix“, oder „Kampfstern Galactica“ – zumindest keinen so guten „Kampfstern Galactica“ wie heute. X-Wing und TIE-Fighter hatten die Lufthoheit über Kinosäle, Gespräche und die Gedankenwelt der damaligen Jugendlichen. Deshalb griffen die Hiphopper, Breakdancer und Graffitikünstler alles, was mit Star Wars zu tun hatte, so bereitwillig auf (mehr zu Star Wars und Graffiti in Teil 2 dieses Artikels).

Die Liste der Star-Wars-Referenzen, die in den letzten Jahren in Rapsongs aufgetaucht sind, ist lang (weitere Tipps sind willkommen). 1990 rappte A Tribe Called Quest davon, dass sie gerne „the Force like Wan Kenobi“ hätten. Ein Jahr später erwähnten DeLaSoul in ihrem Hit „Ring Ring Ring“ einen Herren namens „Luke Sky“. Mittlerweile gibt es sogar einen Rapper, der sich so nennt, allerdings mit „i“ statt „y“. Apropos Namen: Hiphop-Fans sind natürlich auch die Jedi Mind Tricks ein Begriff, ein recht hartes Duo aus Philadelphia, das es in Interviews seit Jahren kategorisch ablehnt, seinen Bandnamen zu kommentieren.

Selbst im Oberhaus des Rap ist Star Wars allgegenwärtig. So textete der buchstäblich gigantische Notorious B.I.G. in seinem Charthit „Hypnotize“:  „Hit ëem with the force like Obi!“ Nur wenige Monate später wurde der Rapper übrigens eins mit der Macht – ein Unbekannter erschoss ihn. Ebenfalls eher auf der dunklen Seite wandelt Eminem, der in seinem Song „Rain Man“ davon erzählt, dass auf seinem Kühlschrank zwei Sticker kleben – einer mit dem Bild von Darth Vader darauf und einer mit „Superman“ Christopher Reeve. Dass der Schauspieler nach einem Unfall für den Rest seines Lebens im Rollstuhl sitzen musste, kommentiert Eminemso: „Darth must have put a hex on him“ – der dunkle Lord habe ihn wohl mit einem Fluch belegt.

Doch all diese Referenzen sind, so ehrlich muss man sein, reines „Name Dropping“. Die Rapper lassen ein paar Namen aus der Saga fallen, und das warës. Zu einem echten Thema ist Star Wars im Hiphop erst in den letzten Jahren geworden, und zwar durch eine neue Musikrichtung namens Nerdcore. Wie der Name schon sagt, bezeichnen sich Anhänger dieser Bewegung offen als Nerds, also genau als jene verschrobenen Computerfreaks, die so ziemlich das Gegenteil von 50 Cent sind: Ihre Text drehen sich nicht um Luxusschlitten und Stripclubs, sondern um Linuxrechner und Scifi-Conventions.

Die Anti-Stars versuchen bewusst, so uncool und peinlich wie möglich rüberzukommen. Sie nehmen das ganze Hiphop-Image mit seinem Männlichkeits- und Monetenwahn auf die Schippe. Ihr Motto lautet: Aggro ist anders. Der schon erwähnte MC Frontalot, ein Mittdreißiger mit Halbglatze, erklärte im Magazin „Wired“ seine neue Musikrichtung unlängst so: „Ich habe es Nerdcore genannt, weil mein erstes Publikum nur aus Boba Fett Actionfiguren bestand. Und ich dachte: Wie nerdy ist das bitte?“

Besonders tief in die Star Wars-Kiste greift der Rapper und DJ Suckadelic: Er brachte 1998 ein Album namens „Star Wars Breakbeats“ heraus, das praktisch nur aus Soundschnipseln der original Filmmusik besteht. Es grenzt an ein Wunder, dass die Anwälte von Lucasfilm diesen Raubzug all die Jahre übersehen haben. Doch damit nicht genug: Auf seiner Webseite verkauft Suckadelic obendrein Actionfiguren, die sich als schamlose Abgüsse von offiziellen Hasbro-Produkten entpuppen, allerdings mit kleinen Änderungen: Sein Bestseller ist ein rosa Stormtrooper, den er selbst als erste „offen homosexuelle 3,3/4 Zoll-Actionfigur anpreist“. Die weiteren Unterschiede zum Hasbro-Original sollte jeder lieber selbst herausfinden.

Soweit der Blick in die manchmal etwas bizarre Verbindungen zwischen Sprechgesang und Krieg der Sterne. Zum Schluss des Rundflugs darf natürlich nicht der „Star Wars Gangsta Rap“ fehlen, eine legendäre Flash-Animation, die zur Zeit der Premiere von „Episode I“ im Internet die Runde machte. In dem Song wird übrigens auch der alte Streit zwischen Westküsten- und Ostküsten-Rappern entschieden. „It’s not the east or the west side. It’s the Dark side.“ Tja, so sehr sich Bushido und Konsorten auch anstrengen mögen: So böse wie der Imperator – der ultimative Gangster – werden sie wohl nie sein.

Wer das Glück hatte, letztes Jahr zur Celebration Europe nach London fahren zu können, wurde schon vor der Tür begrüßt – und zwar mit Lackdämpfen! Hier war eine handvoll Sprayer damit beschäftigt, während der drei Con-Tage eine riesige Wand voller Graffiti zu erschaffen, ein so genanntes Mural. Am Ende konnten die Besucher an einem zusammengebrochenen AT-AT, einem heldenhaften Yoda und mehreren Stormtroopern vorbeiflanieren.

Für die meisten Straßenkünstler war die Aktion natürlich eine Art Heimspiel: Motive aus Star Wars gehen den Sprühern leicht von der Hand. Denn die Filme spielen in der Graffiti-Kunst seit jeher ein große Rolle. Das liegt allein schon an den gemeinsamen Wurzeln: Graffiti entstand zeitgleich mit Rap, DJing und Breakdance im New York der späten 1970er Jahre. Von Anfang an gehörten Motive aus Star Wars ganz selbstverständlich zum Repertoire der Sprüher – ganz einfach, weil die Filme seinerzeit das dominierende Popkultur-Phänomen waren (s. dazu Teil I dieses Artikels). So ist es auch kein Zufall, dass eine der ersten Dokumentarfilme über die Sprayerszene den Titel Style Wars (1983) trug.

Richtig populär wurden Motive aus Star Wars bei den Graffiti-Künstlern in den 1990er Jahren. Zu dieser Zeit kamen die so genannten Sprühschablonen auf, im Szenejargon Stencils genannt. Bei dieser Technik wird erst eine Maske aus Karton auf die Wand geklebt und dann Farbe drübergesprüht. Das Ergebnis: Die Motive sehen gestochen scharf wie ein Holzschnitt aus und haben nicht die typischen weichen Sprühränder wie bei der Dosentechnik. Stencils haben sich in den letzten Jahren stark verbreitet, vor allem, weil sich mithilfe von Programmen wie Photoshop (Stempeleffekt) die nötigen Schablonen leicht erstellen lassen. Mit seinem „Pappa“ hat der norwegische Künstler Dolk das wohl bekannteste imperiale Stencil-Motiv abgeliefert.

Auffallend ist, dass sich die meisten Straßenkünstler nicht damit zufrieden geben, einfach nur Star-Wars-Motive möglichst realitätsnah darzustellen. Für viele von ihnen ist der Bilderschatz der Saga nur das Rohmaterial zum „sampeln“. Genau wie der DJ Soundschnipsel aus anderen Platten zu neuen Stücken rekombiniert, mischen die Sprüher Motive aus dem Sternenkrieg mit anderen Ikonender Popkultur. Wie das funktioniert, zeigen die US-Künstler Derek Fridman und Heather Alexander: Sie nehmen das berühmte Foto des Revolutionärs Che Guevara, kombinieren es mit einem Stormtrooper – und fertig ist der CheTrooper, mittlerweile ein weltbekanntes Motiv. Die Macher nennen ihre Methode „Culture Jamming“.

Einen noch drastischeren Kulturschock hat sich der britische Maler mit dem Nick Idoru45 ausgedacht. Er kreuzt Hello Kitty, den Inbegriff von allem was „süß“ auf dieser Welt ist, eiskalt mit einem Soldaten des Imperiums. Heraus kommt der Kitty Trooper – ein Motiv, das zeigt, wie tief sich die Ikonen aus „Krieg der Sterne“ schon im kollektiven Gedächtnis eingebrannt haben. Wer es noch tiefgehender mag, kann sich das Motiv auch eintätowieren lassen (Hinweis: Für 100 Pfund malt der Herr das Bild auch auf Leinwand – empfehlenswert!).

Die ultimative Verbindung zwischen Hiphop, Star Wars und Straßenkunst hat der New Yorker Designers Bill McMullen abgeliefert. Rap-Fans kennen den Mann vielleicht: McMullen arbeitete jahrelang als kreativer Leiter bei der Kultplattenfirma DefJam und gestaltete hier zum Beispiel die Platten der Beastie Boys. Unlängst zauberte McMullen ein ganz eigenes popkulturelles Remix; er kombinierte zwei Ikonen der Old School-Zeit: Ein AT-AT aus „Das Imperium schlägt zurück“ und einen Adidas Shelltoe Sneaker, bekannt geworden als bevorzugtes Schuhwerk des Raptrios Run DMC (Hit: „Walk this way“). McMullen malte die Kreuzung namens AD-AT zunächst auf Leinwand – und verkaufte sie später sogar kurzzeitig als limitiertes Spielzeug.

Das liegt im Trend. Denn wie „Krieg der Sterne“ selbst, hat auch die so genannte Urban Art längst ihr Untergrund-Image abgestreift und den Kommerz für sich entdeckt. Wem die ironischen Motive der Graffiti-Künstler gefallen, der kann sie heute als T-Shirt, Aufkleber, Kunstdruck oder auch Actionfigur erwerben. Die ehemalige Hinterhofkünstler stehen in Sachen Vermarktung der Lucasfilm-Maschine mittlerweile in nichts mehr nach: Stars der Stencil-Szene wie der britische Künstler Banksy verlangen für ihre Werke – dann natürlich auf Leinwand statt auf Betonwand gesprüht – bis zu 30.000 Euro; zu den Kunden zählen Hollywoodstars wie Brad Pitt.

Wer weiß? Vielleicht lädt Old George ja demnächst den ersten Sprüher zur Verschönerung seiner Ranch ein? Eine perfekte Dekoration für das Wohnzimmer von Peter Mayhew zumindest gibt es schon: den Chewbarber des Sprayers Eelus:


Constantin Gillies, Jahrgang 1970, freier Journalist. Autor des Star-Wars-Sachbuches „Die Macht mit uns“ (Rowohlt 2005). Im März 2008 erschien sein erster Roman „Extraleben“ (CSW 2008).

Ausführliche Informationen über ihn findet ihr auf seiner Webseite Gillies.de.


Christoph

Als SWUler der 2. Generation ist Christoph seit Sommer 2001 auf Star Wars Union aktiv und übernimmt inzwischen eher Aufgaben hinter den Kulissen. Seine Liebe gehört der Lucas-Saga, dem Dunklen Imperium, der New-Jedi-Order-Buchreihe, der Entstehungsgeschichte des Kriegs der Sterne sowie Jyn Erso.

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