Wie haben Sie persönlich den Führungswechsel und die Veränderungen bei Lucasfilm erlebt?
Darüber kann ich nicht allzu sehr ins Detail gehen – Lucasfilm und ich haben unterschiedliche Auffassungen über die Reichweite der Geheimhaltungsvereinbarung. Ich bin natürlich kein Anwalt, aber ich kann sagen, dass die Lizenzvergabe zu Georges Zeiten im Wesentlichen autonom war. George erhielt einen Prozentsatz der Lizenzgebühren, einen großen Prozentsatz. Was auch immer Hasbro verkaufte, er bekam seinen Anteil.
Er war ziemlich erfolgreich mit LEGO und all dem. Auch das Verlagsgeschäft lief gut. Wir sind nur ein kleiner Teil davon, aber wir haben getan, was wir konnten. Millionen Dollar, mehrere Millionen Dollar pro Jahr. Georges Haltung war: ‚Ich will nichts davon hören, was ihr macht.‘ Vielleicht hat er sich hier und da mal einen Comic angesehen und wenn ihm etwas auffiel, verwendete er es vielleicht in den Filmen, aber das war schon alles.
Er war sehr zufrieden, wenn ihm ein Buch gefallen hat. Wenn wir ein Buch gemacht haben, das ihm gefallen hat, wie die DK Visual History of Star Wars, hat er mir gesagt, dass es toll ist. Das ist nicht oft passiert, aber ein paar Mal. Er wollte uns einfach in Ruhe lassen. Wenn ich ein Buch machen wollte und mein Verlagsleiter einverstanden war, habe ich mich einfach an die Arbeit gemacht. Ich habe einen Lizenznehmer gefunden, und wir haben uns darauf geeinigt, wie wir vorgehen wollten. Dann haben wir das Buch gemacht, es ist erschienen, und alles war ganz einfach. Dadurch konnten wir ein ziemlich hohes Qualitätsniveau halten.
Als George Lucas mit Krieg der Sterne begann, war der Vietnamkrieg noch im Gange. Er hat Watergate und den Zweiten Weltkrieg einfließen lassen. Ist diese reflektierte Konzeptionsarbeit aus Ihrer Sicht noch ein Thema bei den aktuell handelnden Personen?
Um ehrlich zu sein, habe ich die letzten beiden Star-Wars-Filme nicht gesehen, weil für mich die Kluft zwischen dem, was George gemacht hat, und dem, was danach kam, so groß ist, dass ich mir die Filme einfach nicht ansehen kann. Das ist nur meine persönliche Meinung. Ich kenne viele Leute, die das anders sehen, für die Das Erwachen der Macht ihr Lieblings-Star-Wars-Film ist.
George hat die Prequel-Trilogie gedreht, und das hat viele Leute wütend gemacht. Aber sie hat seine sehr persönliche Sichtweise auf die Politik in Amerika reflektiert und darauf, wie man von einer Demokratie zu einer Diktatur gelangt. Natürlich glaube ich nicht, dass wir schon ganz in einer Diktatur leben, aber wir haben derzeit in Amerika politische Probleme, was unsere Demokratie angeht.
Ich denke, das Positive daran ist, dass sich jetzt viele junge Menschen engagieren, aber man muss jeden Tag für die Demokratie kämpfen. Jeder Einzelne muss Entscheidungen treffen, die demokratisch oder undemokratisch sein können. Ich halte Unternehmen beispielsweise grundsätzlich für wichtig, aber ich finde es falsch, wenn ein CEO 300 Millionen verdient, während andere Mitarbeiter mit 40.000 auskommen. Das ist einfach falsch. Und ein CEO, der das akzeptiert, handelt undemokratisch.
Sie haben in Ihrer Karriere viele schwierige Themen behandelt. Was war das schwierigste Buch, an dem Sie bisher gearbeitet haben?
Gute Frage. Das schwierigste Projekt war wahrscheinlich Star Wars Frames. Ich wäre deswegen fast zweimal gefeuert worden. Ich habe sehr eng mit George Lucas zusammengearbeitet, und er hat die Grenzen dessen, was man in einem Buch machen kann, wirklich ausgereizt. Wir haben im Grunde genommen 35-Millimeter-Filmzellen genommen und sie auf diese riesigen Seiten vergrößert.
Interessanterweise verstehen selbst viele aus der Filmbranche, die mit Druckprozessen nicht vertraut sind, die Schwierigkeiten nicht. Man denkt: ‚Wenn ich etwas 100 Meter breit projizieren kann, müsste es doch auch auf zwei Fuß Breite funktionieren.‘ Aber es ist eben ein völlig anderer technischer Prozess.
Der Verlag musste wirklich viel recherchieren, um herauszufinden, wie wir das machen können. Es war ein langwieriger Prozess. Da es sich zudem um ein sehr wichtiges Buch für George handelte, musste wirklich alles perfekt sein. Und dann war es sein 3.000-Dollar-Buch. Ein paar Jahre später brachte Abrams eine 150-Dollar-Version des Buches heraus, die kleiner ist, aber es ist dasselbe Buch. George war währenddessen ein paar Mal verärgert. Und ich glaube, ich war auch ein paar Mal kurz davor, und einmal war es wirklich meine Schuld. Ich wäre fast gefeuert worden.
Von allen Menschen, die Bücher geschrieben haben, haben Sie wahrscheinlich am engsten mit George Lucas zusammengearbeitet. Was für ein Mensch ist er?
Ich habe ihn als sein Angestellter tatsächlich ziemlich gut kennengelernt, und manchmal war er sehr offen. Im Grunde genommen ist er, gerade am Anfang, allerdings sehr schüchtern. Das sagen alle, und es stimmt.
Während der Dreharbeiten zu Episode III habe ich ihn rund drei Jahre lang begleitet. Das Making-of-Buch darüber war tatsächlich das erste Buch, das ich geschrieben habe. Ich war also am Set und habe Abstand gehalten, weil er ja den Film gedreht hat. Selbst bei den ersten Besprechungen in der Kunstabteilung habe ich nie wirklich mit ihm gesprochen. Aber dann hat er sich allmählich daran gewöhnt, dass ich da war, und ich habe ihn nicht gestört.
So kam es, dass wir schließlich ins Gespräch kamen. Eines Tages kam er einfach zu mir und wir unterhielten uns eine halbe Stunde lang, und das war ein sehr gutes Gefühl. Und dann passierte das immer öfter. Dann wurde ihm klar, dass er viele Bücher schreiben konnte, die er schreiben wollte, weil er jemanden kannte, der sie veröffentlichen würde. Und ich konnte dem Verleger sagen: ‚George möchte, dass Sie dieses Buch machen. Was halten Sie davon?‘ Und ich habe immer ein ‚Ja‘ gehört, was ja auch verständlich ist.“
Er hat Ihnen sein frühestes Werk anvertraut, The Star Wars. Als zum ersten Mal bekannt wurde, dass es eine Comic-Adaption geben würde, glaubten das wohl nur wenige. Wie war es, mit ihm daran zu arbeiten?
Nun, das war lustig, denn als ich Making of Star Wars schrieb, las ich alle Drehbücher und auch diesen ersten Entwurf. Ich dachte: ‚Das ist so anders als der fertige Film, und natürlich würde das niemand verfilmen, aber es wäre ein großartiger Comic.‘ Jahre später habe ich George dann tatsächlich gefragt: ‚Könnten wir daraus wohl einen Comic machen?‘ Und er sagte: ‚Nein.‘
Aber dann fand ich heraus, dass Randy Stradley von Dark Horse genau dasselbe dachte, denn der Rohentwurf ist öffentlich zugänglich. Jeder kann ihn lesen. Also ging ich zu Randy, denn er hatte das Geld, um das zu tun, was ich nicht tun konnte. Ich hatte kein Budget. Ich sagte: ‚Hör mal, wenn wir ein paar Seiten machen würden, dann ohne Worte, denn George mag das so.‘
Geschichten ohne Worte zu erzählen – wie in den klassischen Stummfilmen. Ja, sowas gefällt ihm. Ich dachte, das würde ihn vielleicht überzeugen. Also engagierte Randy einen Künstler, und ich schrieb ein kleines Drehbuch. Das Ergebnis habe ich an George geschickt und gefragt: ‚Hey, was halten Sie davon? Können wir das machen?‘ Und er sagte einfach: ‚Ja.‘ Ich fragte: ‚Möchten Sie die Konzeptzeichnungen sehen?‘ Er sagte, er sei sehr gespannt. Plötzlich wollte er alles sehen, weil die Bilder so toll waren.
Wie sich herausstellte, war aber zu viel Zeit vergangen, der Originalkünstler war anderweitig beschäftigt. So kam Mike Mayhew dazu und hat fantastische Arbeit geleistet, wirklich großartige Arbeit. Aber dann verkaufte George die Firma. Als ich George das erste Konzept zeigen wollte, sagte er nur: ‚Zeig es Kathleen Kennedy.‘ Ich fragte: ‚Sie wollen es selbst nicht sehen?‘
Das Drehbuch hatte er bereits gesehen und genehmigt. Ich sagte: ‚Hören Sie, ich füge ein paar Szenen hinzu. Ist das in Ordnung?‘ Nun, er war damit einverstanden, was sehr nett war. Und dann kenne ich George wirklich ziemlich gut. Der Comic wurde zur Nummer eins der New-York-Times-Bestsellerliste, und ich weiß, dass er sich darüber sehr gefreut hat.
Haben Sie jemals mit George Lucas über das ursprüngliche Journal of the Whills gesprochen?
Ich habe die eineinhalb Seiten gesehen, die er geschrieben hat, die den Titel Journal of the Whills tragen, und im Making-of-Buch beschrieben sind. Ich glaube, ich habe dort eine Kopie der ersten Version beigefügt. Ich war in seinem Haus, und dort – ich möchte seine Privatsphäre nicht verletzen – hat er seine Drehbücher in gebundener Form stehen. Selbst in seiner Version ist es nur eine Fotokopie.
Er erzählte mir einmal, dass er ein großes Notizbuch hat – vielleicht sogar mehrere Bände mit privaten Notizen zu Krieg der Sterne. Ich fragte ihn, ob ich es sehen könnte. Er sagte nein. Das sei das Einzige, was er mir nie gezeigt habe. Wahrscheinlich stehen noch andere Dinge darin. Er scherzte: ‚Das ist wahrscheinlich eine Menge Geld wert, oder?‘ Ich sagte: ‚Ja, wahrscheinlich.‘ Woraufhin er lachte: ‚In Wirklichkeit ist es gar nichts wert.‘ Das ist typisch für ihn – er sieht immer beide Seiten.“
Nun gibt es, wie man hört, noch andere Konzepte von George Lucas, die sich um die Sequel-Trilogie drehen. Hatten Sie bei Ihrer Arbeit am Buch zu Das Erwachen der Macht Gelegenheit, diese zu lesen?
In dem Buch, das ich über Das Erwachen der Macht geschrieben habe, zusammen mit Mark Vaz, der einige Erweiterungen geschrieben hat, gehen wir ein wenig darauf ein. Aber um ehrlich zu sein, durfte ich die frühen Drehbücher nicht lesen. Obwohl ich das Buch geschrieben habe, haben sie mich nicht gelassen. Ich denke, das hatte wahrscheinlich etwas damit zu tun, dass die Autoren gewechselt haben und es politisch einfach zu heikel ist.
Wie sehen Sie persönlich die Zukunft von Star Wars? Glauben Sie, dass es als Mythos weiterbestehen wird?
Das ist schwer zu sagen. Ich habe keine Kristallkugel. Filme verändern sich. Die Art und Weise, wie Menschen Filme schauen, verändert sich schon seit einiger Zeit. Früher hat man Filme nur im Kino gesehen. Davor gab es nur Stummfilme. Heute schauen nicht mehr viele Menschen Stummfilme.
Wenn sich die Technologie radikal verändert und es möglich wird, holografische Filme zu sehen, werden sich die Menschen fragen, wie wir jemals zweidimensionale Filme schauen konnten. Das ist so langweilig. Es ist schwer zu sagen. Aber jede Geschichte, die wirklich gut erzählt ist, wird Bestand haben. Die Star-Wars-Filme sind sehr gut erzählte Geschichten. Die ersten sechs Filme sind ein riesiges kulturelles Phänomen, das nicht nachlässt. Sie werden mindestens noch ein paar Generationen überdauern.
Aktuell arbeitet George Lucas an seinem großen Museumsprojekt.
George hat mich einmal gebeten, eine Rede zu halten, als er eine Auszeichnung von einer Museumsgruppe in San Francisco erhielt, weil er sich ursprünglich dafür eingesetzt hatte, dass das Museum dort gebaut wird. Ich habe eine kleine Rede gehalten und ihn vorgestellt, das war alles.
Das Museum wird sich im Wesentlichen um seine amerikanische Kunstsammlung drehen. Nur ein Teil wird Krieg der Sterne sein – das Zuckerl, um die Kinder dazu zu bringen, sich die anderen Dinge anzusehen. Er hat Gemälde von Norman Rockwell, eine große Kunstsammlung.
Außerdem viele Comic-Kunstwerke, Peanuts-Originale – eine wundervolle Sammlung.
Ich wusste nicht, dass er etwas von den Peanuts hat. Ich habe ihn einmal gefragt, ich wusste es damals nicht besser, ob er Comic-Kunst sammelt. Er sagte: ‚Ja, ein bisschen.‘
Dann habe ich einen Mann namens Ed Summers kennengelernt. Von ihm erfuhr ich, dass George Miteigentümer der Supersnipe Comic Art Gallery in New York City war. Er fuhr also richtig auf Comickunst ab, Ed ebenso. Und niemand wollte damals Comic-Kunst kaufen. In den frühen 70ern konnte man sie für einen Apfel und ein Ei bekommen. Sie kauften Wally Wood, Norman Rockwell, all diese großartigen Künstler, die damals als trashige amerikanische Kunst galten. George hatte verstanden, dass das alles in Wahrheit große Kunst war. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, mich daran zu beteiligen, würde mich das sehr interessieren. Ich bin zwar kein Experte für Kunst allgemein, für amerikanische Kunst aber natürlich schon.
Sie interessieren sich nicht nur für Star Wars, The Shining und Planet der Affen, sondern für Filme im Allgemeinen. Gibt es ein Traumprojekt, das Sie irgendwann einmal in Angriff nehmen möchten?
Der Traumfilm, über den ich ein Buch schreiben würde, wäre Der unsichtbare Dritte. Ein fantastischer Film. Der Urvater. James Bond, Alfred Hitchcock in Höchstform, Cary Grant. Ich war in San Francisco bei einem Konzert, wo die Musik zu Alfred-Hitchcock-Filmen gespielt wurde, und Eva Marie Saint war da. Sie ist inzwischen über 90 Jahre alt und erzählte großartige Geschichten über Hitchcock. Es wäre toll, ein richtig großes Hochglanz-Bildbandbuch zu machen und die wahre Geschichte hinter einem Hitchcock-Drehbuch zu erzählen. Mit Illustrationen, wissen Sie.
Gäbe es Umstände, unter denen Sie sich vorstellen könnten, zu Lucasfilm zurückzukehren?
Ehrlich gesagt glaube ich das nicht. Ich glaube nicht, dass Disney mich will, also denke ich nicht, dass das in Frage kommt.
Herr Rinzler, vielen Dank für das spannende Gespräch!
J.W. Rinzler (1962-2021) war ein amerikanischer Autor, Herausgeber und Historiker, der vor allem für seine Arbeit rund um die Star-Wars-Filme bekannt wurde. Er schrieb zahlreiche Making-of-Bücher, die detailliert die Entstehung der Filme dokumentierten und damit einzigartige Einblicke in George Lucas’ kreative Prozesse gaben. Rinzler zeichnete sich durch seine akribische Recherche aus: Er studierte Originaldrehbücher, Konzeptzeichnungen und Produktionsnotizen und führte Interviews mit Schauspielern, Technikern und Designern, um ein vollständiges Bild der Filmproduktion zu liefern. Seine Werke gelten heute als unverzichtbare Quellen für Fans und Filmhistoriker gleichermaßen.
Neben Star Wars beschäftigte sich Rinzler auch mit anderen großen Filmklassikern wie The Shining und Planet der Affen. Er verstand es, technische und künstlerische Details verständlich zu erklären, ohne den Lesefluss zu stören, und verband dabei Leidenschaft für Filme mit einem journalistischen Anspruch. Sein Stil war geprägt von Präzision, anschaulichen Anekdoten und einem tiefen Respekt für die Schöpfer, über die er schrieb. Auf diese Weise trug Rinzler entscheidend dazu bei, das Verständnis für die Kunst und Handwerkskunst des Films für ein breites Publikum zugänglich zu machen.
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