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Literatur // Rezension

SWU-Rezension: Star Wars – Brotherhood

oder auch "Herzlich Willkommen Mike Chen"

Eigentlich wäre es etwas vermessen, Mike Chen mit diesen Worten zu begrüßen. Man müsste so etwas sagen wie:“Danke dass du da bist! Genau dich haben wir gebraucht. Bitte bleib so lange du möchtest.“

In diesem kleinen Review geht es natürlich um den noch relativ neuen Roman Star Wars – Brotherhood und zu Beginn auch um den Künstler, der hinter diesem Buch steckt. Mike Chen ist ein von den Kritikern durchweg gelobter Science Fiction Autor, der besonders durch seinen Roman Here and Now and Then bekannt wurde. Am 10. Mai 2022 wurde Brotherhood, sein erster Beitrag zum Star Wars-Universum, im Del Rey Verlag veröffentlicht und ich habe mich schon bei der Ankündigung sehr auf diesen Roman gefreut, gleich wenn ich die Veröffentlichung durch den Trubel um die neue Obi-Wan Kenobi Serie total vergessen habe. Schande über mich! Aber besser spät als nie.

Das Cover ziert ein Foto von Ewan McGregor und Hayden Christensen in ihrer jeweiligen Rolle als Obi-Wan Kenobi und Anakin Skywalker. Optisch sieht es eher aus wie ein altes Filmplakat zu Episode II, doch das ist absolut nicht unpassend.

StarWars-Brotherhood
Chens Geschichte setzt zeitlich sehr kurz nach Episode II an. Die Klonkriege haben begonnen. Die ersten Kämpfe sind entfacht und für die meisten Bewohner der Galaxis ist der Kriegszustand etwas völlig Fremdes, denn einen solchen Krieg hat es seit viel Jahren nicht gegeben. Unsere Protagonisten, ganz offensichtlich Obi-Wan und Anakin, stehen zu Beginn der Geschichte großen Veränderungen und persönlichen Herausforderungen gegenüber. Obi-Wan bekleidet nun den Rang eines Meisters und hat einen Sitz im Rat der Jedi inne; Anakin wird zum Ritter geschlagen und muss sich an seine neue kybernetische Hand gewöhnen, die erst vor relativ kurzer Zeit in Betrieb genommen wurde. Wir erinnern uns: Anakin verlor seine Hand in einem Duell gegen Count Dooku in Episode II. Auch die Beziehung zwischen Obi-Wan und Anakin wird von ihrem neuen Statusverhältnis auf die Probe gestellt. Und das ist natürlich nicht genug. Cato Neimoidia, eigentlich ein neutrales System in den Klonkriegen, wird von einer Explosion erschüttert und ein großer Teil der Hauptstadt wird zerstört. Nun stellt sich die Frage: ”Wer ist für diese Tat verantwortlich und wer kann die Aufgabe übernehmen, die Bewohner von Cato Neimoidia zu beschützen?”

Neben den Erzählperspektiven von Anakin und Obi-Wan gibt es auch noch zwei Charaktere, die Abwechslung in Mike Chens Geschichte bringen. Bei der ersten handelt es sich um einen Jüngling mit dem Namen Mill Alibeth und die zweite ist eine junge Neimoidianerin, die direkt während des Vorfalls zugegen war.

Im Verlauf der Handlung treffen unsere Protagonisten noch auf ein paar Gesichter aus dem bereits bekannten Star Wars – Universum, auf die ich hier natürlich nicht weiter eingehen werde. Das solltet ihr lieber selbst herausfinden.

Ich habe den Roman erst vor kurzem beendet und auch wenn mir beim Lesen hier und da einige Sachen aufgestoßen sind, muss ich sagen:” Ich bin begeistert.”

Mir persönlich ist es besonders wichtig, dass ein Werk etwas in mir auslöst, dass ich mitfiebere und ich im besten Falle das Handeln von Figuren nachvollziehen oder nachfühlen kann. Und das ist bei Mike Chen definitiv der Fall! Der Autor legt einen deutlichen Fokus auf die intrinsischen Gedanken, Gefühle und Konflikte seiner Figuren. Auf diese sorgt er dafür, dass der Leser den Protagonisten so nah wie irgend möglich ist. Unbeschönigte Beschreibungen von Beobachtungen, viele Einblicke in die Gedankenwelt unserer Helden und ein stetiger Perspektivwechsel, der dennoch die gleiche Situation vor Augen hat unterstützen die Nähe zu den Helden. Wir lernen zwei der wohl beliebtesten Star Wars Charaktere ganz anders kennen. Der Funke ist, zumindest bei mir, immer wieder übergesprungen. Ich habe mitgefiebert. Selbst die kleinsten Gefühle und Ärgernisse waren deutlich zu spüren und Mike Chens Liebe zum Detail hat dazu definitiv einen großen Beitrag geleistet. Um nur ein sehr kleines Beispiel zu nennen: Mike Chen verpasst es nicht mitten in großen Konflikten zu erwähnen, dass die neue Hand von Anakin gerade auf irgendeine kleine und nichtig wirkende Weise stört. Diese Einwürfe sind so klein und kurz, dass ich mich manchmal darüber aufgeregt habe, wie unnötig die Information wirkt. Doch schnell habe ich gemerkt, dass diese Hand ein ständiger Störfaktor in Anakins Leben ist. Das soll der Leser wohl immer nachempfinden und auf einmal wirkte dieser kleine Einwurf absolut genial.

Der Roman hat etwas großartiges für mich geleistet: Er trägt viel dazu bei, dass man die Zweifel des Rates gegenüber Anakin und den Konflikt von Obi-Wan und Anakin deutlich besser nachvollziehen kann. Sowohl die Prequels als auch die originale Trilogie gewinnen dadurch meines Erachtens nochmal sehr und mehr kann ich von einem Autor nicht verlangen. Mike Chen macht das bekannte Star Wars – Universum mit seinem Roman noch plastischer und greifbarer für den Betrachter. Wieso ist das so?

Von den ersten Seiten an denkt Anakin immer und ständig an die Bindungen, die er in seinem Leben hat oder hatte; Shmi Skywalker und natürlich Padmé. Der Leser hat während der gesamten Handlung einen so tiefen Einblick in Anakins Gedanken, man fühlt seine Angst, seine Wut, seine Verzweiflung, aber auch seine Freude und seine Hoffnung. In ihm schlägt das Herz eines Feuerdrachen. So sagte es seine Mutter früher immer zu ihm. Ein sehr interessantes Kontrastprogramm bietet dazu Obi-Wan, der eigentlich immer damit beschäftigt ist, sich zu fragen, ob mit Anakin alles in Ordnung ist, ob er ihn so ausbildet bzw. ausgebildet hat, wie Qui-Gon es getan hätte. Obi-Wan ist auch erzählerisch ein absoluter Gegensatz zu Anakin. Deutlich mehr innere Monologe und ein absolut durchdachtes Vorgehen zeichnen ihn wie immer aus. Eigentlich zu erwarten, aber wie ich finde einfach sehr schön umgesetzt.

Mike Chen, du wirst dies vermutlich nie lesen, aber ich möchte mich hiermit bei dir bedanken. Star Wars – Brotherhood ist in meinen Augen eine absolut Bereicherung für den neuen Star Wars Canon und sollte auf jeder To-Do Liste von Obi-Wan und Anakin Fans stehen. Das Buch hat mich gefesselt und einfach nicht mehr losgelassen. Ich habe es beinahe in einem Rutsch gelesen und werde es in naher Zukunft definitiv noch einmal zur Hand nehmen. Ich war schon immer ein großer Fan von Obi-Wan Kenobi und ich glaube, dieser Roman wird niemanden enttäuschen, der das genauso sieht wie ich.

Mike Chen, bitte bleib uns als Star Wars Autor erhalten. Ich würde mir noch einen High-Republic Roman und vielleicht einen Dooku Qui-Gon Roman wünschen. Das würde mich sehr glücklich machen.

Und zum Ende, um die Filmliebhaber und Prequel Fans unter euch etwas wachzurütteln, möchte ich Obi-Wan Kenobi definitiv in einer Sache zustimmen: Diese Sache auf Cato Neimoidia… die zählt wirklich nicht. 😉

Brotherhood von Mike Chen erschien als gebundene Ausgabe auf 352 Seiten zum Kostenpunkt von ca. 25,00 € und kann u.a. hier bei Amazon.de bestellt oder hier bei Thalia bestellt werden.


Flemming Brauns

Flemming ist das jüngste Mitglied unserer Crew. Da er sich besonders in der Literaturecke von Star Wars zuhause fühlt, schreibt er am liebsten Rezensionen über die Romane des neuen Kanon. Die Jedi/Sith Philosophie fällt gemeinsam mit coolen Kampfkoreographien in sein Interessengebiet, weshalb es vermutlich die Wenigsten wundert, dass die Hohe Republik seine liebste Star-Wars-Epoche ist.

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5 Kommentare

  1. Anagro

    Ein wunderbares Review, welchem ich mich nur anschließen kann. Ein toller Einstand ins SWU-Team 🙂

  2. andrenalin

    Flemming, ich gehe mal davon aus das Du die original englische Fassung gelesen hast. Gibt es das Buch auch auf Deutsch, bzw. wann erscheint es? Irgendwie hast Du mir das Buch doch schmackhaft gemacht. 🙂

  3. Flemming Brauns

    @adrenalin
    Das freut mich sehr! Ich kann es nur weiterempfehlen. Ja, ich habe die englische Fassung gelesen. Leider kann ich dir zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, wann die deutsche Ausgabe erscheint. Ich habe das Gefühl, dass sich damit in letzter Zeit immer etwas Zeit gelassen wird 😆

  4. Jacob Sunrider

    Fans des Expanded Universe haben derzeit wahrlich keinen Grund zum Klagen. So hat Disney/LFL in jüngerer Vergangenheit nicht nur mit den Themen und Epochen, sondern auch mit den Autoren ein glückliches Händchen bewiesen. Im Moment weiß ich gar nicht, was ich zuerst lesen soll. Wave 3 von The High Republic will noch abgeschlossen werden, Shadow of the Sith hat mich total in seinen Bann gezogen (Pflichtlektüre für alle Fans der ST und solche die es noch werden wollen) und als ich mit meiner Tochter (die nun begeistert auf den Zug „Lesen auf Englisch“ aufgesprungen ist) nun Brotherhood angefangen habe, hat auch das Werk von Mike Chen mich direkt mit sprachlicher Wucht, faszinierendem Worldbuilding und charakterlicher Tiefe überzeugt. Und schließlich habe ich mich erneut überzeugen lassen, auch Alphabet Squadron noch eine Chance zu geben.
    Danke @Wedge und @Detoo 😉

    Ich plane dieses Jahr nicht mehr groß was anderes zu machen als Star Wars zu lesen. Gaming News verfolge ich schon gar nicht mehr. Neue Serien müssen lang erwartete Hits sein, dass sie mich interessieren. Im Herbst startet auch bereits Phase II von THR.

    Ich genieße diese Hochphase des EU einfach nur, so lange sie anhält. Ich könnte mir Star Wars ohne den gedruckten Content gar nicht vorstellen. Hier verbringe ich ein Vielfaches der Zeit, verglichen mit dem Konsumieren der qualitativ äußerst schwankenden D+ Produktionen. (Ja, das ist auch ein Appell pro EU). Und lasst euch nicht von der englischen Sprache abschrecken. Man muss sich Anfangs rein arbeiten, aber wie beim Sport, dem Lernen eines Instruments oder anderen derartigen Beschäftigungen, spürt man stetig den Erfolg. Letztlich hat man sehr viel davon, wenn man irgendwann flüssig lesen kann. Auf deutsche Übersetzungen warten ist leider keine Option mehr, zumindest nicht für mich. Das EU lebt nun mal auch von Aktualität, Hypes und Kontext.

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