150 Jahre vor den erschreckenden Ereignissen des großen Disasters spielt nun die neue Geschichte von Justina Ireland und Tessa Gratton. Path of Deceit erschien am 04. Oktober 2022 und ist somit der Auftakt zur zweiten Phase des The High Republic-Literaturprojekts. Auf 352 Seiten erzählt uns das Autorinnen-Duo von einer Zeit, die von großem Entdeckergeist aber auch von viel Unsicherheit geprägt ist; so steht es zumindest im Einführungstext des Romans.
Vorab aber noch eine kleine Beichte: Aufgrund der eher schlechten Verfügbarkeit der zweiten Phase in Europa, musste ich ausnahmsweise auf das Hörbuch zurückgreifen. Das sollte euch beim Lesen des Reviews nicht stören, kann aber meine Wahrnehmung etwas verändern.
Der Roman spielt in einer sehr ereignisreichen Zeit. Unzählige Gruppen von Jedi sind auf verschiedensten Planeten des Outer Rim unterwegs, um neue Außenposten zu erschließen und der einheimischen Bevölkerungen von den guten Absichten der Republik und des Jedi-Ordens zu berichten; so auch der leidenschaftliche Padawan Kevmo Zink mit seiner Meisterin Zallah Macri. Nachdem unseren Protagonisten der Auftrag erreichte, ein gestohlendes Macht-Artefakt aufzuspüren, reisten die beiden Jedi nach Dalna, um dort mit der Suche zu beginnen. Der erste Schritt ihrer Mission war simpel: Der Plan sah vor, zuerst die einheimische Bevölkerung kennenzulernen. So stoßen sie auf eventuelle Indizien oder Motive, warum sich das Artefakt hier befinden sollte. Auf dem Marktplatz begegnet Kevmo der jungen und wunderschönen Marda Ro, die, so erfährt er sehr schnell, zum hier ansässigen Kult „Pfad der offenen Hand“(i.O. path of the open hand) gehört; eine religiöse Gruppe, die sich mit den Mysterien der Macht beschäftigt und diese anbeten. Kevmo verliebt sich auf den ersten Blick, doch wie man schon vermuten kann, steht dieser Liebe so einiges im Weg. Natürlich ist es den Jedi nicht gestattet, weltlichen Bindungen hinterherzueifern, doch auch der Kult hätte etwas einzuwenden. Der Pfad der offenen Hand hasst die Jedi, da sie der Macht ihren Willen aufzwingen, obwohl die Macht zu jeder Zeit frei sein soll. Während Kevmo versucht, Marda möglichst nahe zu kommen, nutzt seine eher kühl und distanziert wirkende Meisterin Zallah Macri die Gelegenheit, um dem Kult und dessen Anführerin, die sich die Mutter nennt, etwas auf den Zahn zu fühlen und die Mission voranzutreiben.
Es fällt mir sehr schwer, bei diesem YA-Roman sachlich zu bleiben. Ich finde ihn großartig. Als die Phase II der High Republic angekündigt wurde, war ich skeptisch und sogar ziemlich traurig, dass wir die uns bereits bekannten Charaktere zurücklassen müssen, um eine nun wieder neue Ära zu erkunden. Doch nachdem ich Path of Deceit von Justina Ireland und Tessa Gratton beendet habe, muss ich mich, wie so oft, für meine Unwissenheit entschuldigen. ich sollte mehr Vertrauen in die Autoren haben, die uns bereits eine so fantastische erste Phase beschert haben. Dennoch hebt sich dieser Roman von dem uns bekannten ab, was ihn in meinen Augen so großartig macht.
Was ich zuerst hervorheben möchte, sind die wunderschön beschriebenen und auserzählten Charaktere, die das Autorinnen-Duo einführt und lebendig macht. Und LEBENDIG ist hier ein passendes Stichwort. Die Charakterlandschaft in Path of Deceit könnte in meinen Augen diverser kaum sein. Kevmo und Marda sind leidenschaftlich, Meisterin Macri ist abgeklärt und kühl, es gibt hinterhältige Figuren, Einschüchternde, Freundliche, Fiese und absolut keine Charaktereigenschaft und kein Gefühl wirkt künstlich oder überzogen. Die Absichten jeder auftretenden Figur werden offen dargelegt und sorgen für absolut nachvollziehbare Handlungsstränge, was für mich ein Hauptkriterium einer guten Dramaturgie darstellt.
Auch im Laufe der Handlung glänzt der Roman mit schön auserzählten Szenarien, die zwar manchmal etwas unwichtig erscheinen, aber einen großen Beitrag zum Worldbuilding leisten. Stimmungsvolle Beschreibungen unterstützen die Charakterzüge der Protagonisten oder sorgen dafür, dass man sich zumindest etwas besser in die erzählte Situation hineinversetzen kann. Eines meiner Lieblingsbeispiele dazu ist (sinngemäß zitiert): Kevmo Zink führt ein gold-gelbes Lichtschwert, dessen Licht den Raum mit Wärme und Hoffnung füllt. In meinen Augen gab es nie eine besser passendes Lichtschwertwahl für einen Jedi. Ich könnte mir Kevmo mit keinem anderen vorstellen.
Mein Fazit: Obwohl die Hohe Republik mit Abstand meine Lieblingsära in Star Wars ist, schwankt die Qualität der veröffentlichten Phase I Romane doch ein wenig. Path of Deceit hat mich allerdings schon in den ersten Kapiteln eingefangen und bis zum Ende nicht mehr losgelassen. Die erzählte Geschichte ist spannend, die Charaktere großartig erzählt und das Ende ist überraschend, herzzerreißend und verständlich gleichermaßen. Einen besseren Start der Phase II hätte ich mir nicht vorstellen können und auch wenn ich bis jetzt eher ein Fan der Erwachsenenromane war, müssen sich diese von nun an aber sehr anstregen, um besser zu sein als Path of Deceit. Ich kann diesen Roman nur jedem empfehlen, der Spaß an der Hohen Republik und den Rätseln der Macht hat. Ich hoffe, dass ihr schneller an eine Print-Variante herankommt, als ich.
Path of Deceit von Justina Ireland und Tessa Gratton erschien als gebundene Ausgabe auf 352 Seiten zum Kostenpunkt von ca. 20€ und kann u.a. hier bei Amazon.de bestellt werden.
Flemming Brauns
Flemming ist das jüngste Mitglied unserer Crew. Da er sich besonders in der Literaturecke von Star Wars zuhause fühlt, schreibt er am liebsten Rezensionen über die Romane des neuen Kanon. Die Jedi/Sith Philosophie fällt gemeinsam mit coolen Kampfkoreographien in sein Interessengebiet, weshalb es vermutlich die Wenigsten wundert, dass die Hohe Republik seine liebste Star-Wars-Epoche ist.
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