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Visionen // News

Vorschau: So viel kann Star Wars: Visionen

Radio Tatooines Tim wagt den Blick in die nahe Zukunft

In freundlicher Zusammenarbeit mit Disney hatten wir unlängst Gelegenheit, uns vorab Star Wars: Visionen anzusehen und mit Lucasfilm-Produktionsleiter James Waugh und Produzentin Kanako Shirasaki an einem virtuellen Stammtisch zusammenzukommen, um mehr über die Serie zu erfahren.

Ganz im Geiste der fernöstlich gepflegten Balance nähern dabei auch wir uns dem Punkt der Mitte, an dem wir vom letzten Star-Wars-Kinofilm genau so weit entfernt sein werden wie dem nächsten – womit es weiterhin den Serien, Büchern und Comics zufällt, die Macht vorübergehend im Gleichgewicht zu halten. Der Underdog unter den Disney+ Serien könnte das Anthologie-Projekt Star Wars: Visionen sein, für welches Lucasfilm mit sieben Anime-Studios zusammengearbeitet hat, um die westlichen und östlichen Wurzeln von Star Wars neu auszubalancieren, auf der Symmetrie-Achse eines Lichtschwerts. Alle neun Geschichten über die Jedi, die Macht und das Gleichgewicht von Gut und Böse erscheinen natürlich morgen am 22. September, wenn Tag und Nacht gleich lang sind, außerdem ein Mittwoch.

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Die Produktion von Visionen begann nach Ausbruch der Pandemie und war daher auf Kommunikation via Zoom und Mails angewiesen – Herausforderungen, die man dem Endprodukt jedoch nicht anmerkt. Mit seinen etwas über zwei Stunden Länge lässt sich dieses nun problemlos an einem einzigen Abend schauen und entspricht darin eher den Kinofilmen als den längeren Staffeln von Star Wars: The Clone Wars, Rebels und Co. Trotz dieser geringen Zeitinvestition mag es viele Fans geben, die sich von der in den Trailern präsentierten Anime-Optik gar nicht erst angesprochen fühlen. Für alle, die noch nach einem Anstoß oder einem Anhaltspunkt in Sachen Erwartungshaltung suchen, möchten wir kurz spoilerfrei umreißen, was Visionen ist, was es nicht ist – und wo vielleicht seine Stärken und Schwächen liegen.

Total Feudal

2003 waren sich die Wachowskis einig, dass sich ein Wortspiel wie Animatrix nicht einfach so ignorieren ließ, und baten mehrere japanische Studios, die Welt des Matrix-Franchises mit den Möglichkeiten moderner Animes zu erweitern. Im gleichen Anthologie-Format folgten später Batman: Gotham Knight (2008) und Halo: Legends (2010).

Die Star-Wars-Version dieses Konzeptes hätte auch „einfach” darin bestehen können, bekannte Figuren und Orte der Galaxis durch eine Anime-Kamera zu filmen, ähnlich wie wir im Buchbereich eine „Shakespeare-Adaption” der Saga erlebt haben. Nach diesem Prinzip arbeitet zum Beispiel der absolut spektakuläre Fan-Animationsfilm TIE Fighter (2015). Das Besondere hinter Star Wars: Visionen ist jedoch, dass auch die Welten und Figuren hinter der Kamera stark von der japanischen Kultur inspiriert sind. So erleben wir gleich mehrere Star-Wars-Interpretationen des feudalen Japans, während sich unter den Figuren ein legendärer Lichtschwert-Schmied findet, ebenso wie ein umherziehender Sith-Ronin und ein Astroboy- oder Megaman-inspirierter Droide.

Star Wars Visionen
© Disney / Lucasfilm

Was die meisten dieser Geschichten miteinander und mit dem Herz der Star-Wars-Saga verbindet, ist jedoch ein entschlossener Fokus auf Familien: Sowohl im klassischen Sinne (etwa ein Vater und seine zwei Töchter) als auch etwas weiter gefasst in Form eines Meister/Padawan-Duos oder natürlich einer Rockband mit Hutt-Bassist. Franchise-üblich treffen wir auch auf Zwillinge und Liebespaare, die – keine Sorge – diesmal klar auf zwei unterschiedliche Geschichten verteilt wurden.

Die meisten dieser Hauptfiguren sind Machtnutzer. Dies gibt der Anthologie einen zusätzlichen roten Faden und versorgt uns mit immer neuen kreativen Ideen für Lichtschwerter: Einige wechseln je nach Besitzer ihre Farbe, andere lassen im Kern der glühenden Klinge geheimnisvolle Schriftzeichen erkennen. Ein Schirm aus mehreren aktiven Lichtschwertern schützt seine Trägerin zuverlässig vor Regen, indem er diesen durch eine ungleich größere Gefahr ersetzt.

Dass viele Figuren also für sich den Status „Jedi”, „Sith” oder „It‘s complicated” beanspruchen, ist mit Blick auf die Kurosawa-inspirierten Welten voller Schwertkämpfer eine naheliegende Entscheidung. Lucasfilms Projektleiter James Waugh meinte dazu, Star Wars sei ohnehin durchdrungen von den Kurosawa-Einflüssen und dem Jidai-geki-Genre, die George Lucas inspiriert hätten. Die Arbeit an Visionen habe sich daher fast angefühlt, als würde nun etwas zurück übersetzt und gewissermaßen nach Hause gebracht werden. Produzentin Kanako Shirasaki ergänzte, dass im Gegenzug „wiederum Star Wars viele Animatoren und Erzähler in Japan stark beeinflusst [hat], nachdem sie die Filme als Teenager gesehen haben oder vielleicht als Kinder mit ihren Eltern. Sie tragen also die Essenz von beidem in sich.”

Die vielen Machtnutzer-Figuren, die dieses interkontinentale Zusammentreffen hervorgebracht hat, erlaubten es den Animatoren, sich in der Choreographie der Actionszenen auszutoben – auch wenn Fans von Piloten- oder Kopfgeldjäger-Geschichten vielleicht einen bunteren Mix bevorzugt hätten. Auf der anderen Seite kommen solche Star-Wars-Fans, die sich ausschließlich für „Space-Rock-Opera“-Band-Geschichten interessieren, nun zum ersten Mal in ihrer Star-Wars-Fan-Laufbahn überhaupt auf ihre Kosten und haben da von 1977 an wirklich ein beispielloses Maß an Voraussicht und Geduld bewiesen.

Dem Visionör ist nichts zu schwör

Star Wars Visionen
© Disney / Lucasfilm

Innerhalb der 13- bis 22minütigen Folgen bauen wir als Zuschauer natürlich nicht den gleichen Bezug zu diesen Figuren auf, den wir am Ende der langfristiger angelegten Serien wie The Clone Wars oder Rebels gewonnen haben, oder auch nur im Verlauf eines zweistündigen Films. Einige der Hauptfiguren erscheinen sympathisch-aber-einfach, andere bleiben coole Designs, denen wir selbst eine Vergangenheit andichten dürfen oder müssen. Action-lastige Geschichten wie „The Duel” haben kaum Zeit, die Feinheiten ihres durchweg interessanten Settings vorzustellen (eine gesetzlose, von Verbrecherbanden geplagte feudale Welt, die atmosphärisch schön umgesetzt ist und uns daran erinnert, kommenden Sonntag zur Wahl zu gehen). Visionen zielt also auf Weite, nicht auf Tiefe.

Im Gegenzug erreicht es damit eine Frequenz an „Ideen pro Minute“, die mit jeder der genannten Serien konkurrieren kann. Denn keine der Episoden muss sich mit der Vorarbeit für ein fernes Staffelfinale begnügen, sondern stellt stets die womöglich einzige Gelegenheit des Studios dar, für ein großes Publikum eine offizielle Star-Wars-Geschichte zu erzählen. Jedes Team dürfte sein erstes Projektmeeting eröffnet haben mit den Worten: „Wir bekommen nicht nochmal eine solche Chance“, während eine Projektmanagerin mit ernster Miene auf das riesige, blau schimmernden Hologramm eines Fernsehers deutet. Kurz: Visionen will was.

Worauf es dagegen mit einem höflichen Lächeln verzichtet, ist ein Platz im Kanon. Damit können wir der Serie vielleicht verzeihen, dass sie es in „Lop and Ochō” wagt, einen rot-orangenen Weltraumhasen in das düster-erwachsene Star-Wars-Franchise einzuführen, dessen Weltraumhasen traditionell grün sind. Ebenso schafft es Raum für den durchaus putzigen Droiden „T0-B1”, der nach dem magischen Energiefeld sucht, das zwar den Baum und den Felsen dort verbindet, sich aber nicht wortwörtlich unter dem Felsen befindet (wobei auch Luke vielleicht in der ersten Nacht heimlich aus Yodas Hütte geschlichen ist, um nachzuschauen). Nebenan hätten die konventionelleren Figuren von Geschichten wie „The Elder” und „The Village Bride” nur einen kurzen Fußweg in den Kanon, sollten spätere Werke sie aufnehmen wollen.

Alle Geschichten erreichen eine Art von Ende, manche jedoch auch eine Art von Anfang, ohne dass eine zweite Staffel offiziell angekündigt wäre. Da wir mit „Ronin“ demnächst eine Roman-Vorgeschichte zu „The Duel“ erhalten, wären generell auch andere Medien denkbar, beispielsweise Manga – wobei speziell eine Episode wie „The Twins“ klar von ihrer überdreht-dynamischen Animation lebt. George Lucas hat Visionen nach Angaben der Macher noch nicht gesehen, aber „The Twins“ könnte die erste Star-Wars-Geschichte sein, die ihm ein gequetschtes „Slower, less intense!“ entlockt, bevor er zur Entspannung erst einmal mit Harrison Ford ein Flugzeug landet.

Star Wars Visionen
© Disney / Lucasfilm

„Was zukünftige animierte Geschichten angeht”, sagte Produzent Waugh, „hoffe ich, dass der Enthusiasmus dafür da ist, denn wir sehen auch da eine Menge Potential. Wir werden darüber sprechen, wenn die Serie erscheint.”

So bleibt Star Wars: Visionen zu wünschen, dass die Zukunft, die immer in Bewegung ist, eine Zukunft in Bewegung ist.

Und Stichwort Zukunft: Star Wars: Visionen erwartet euch ab morgen auf Disney+. In einer der kommenden Episoden von Radio Tatooine wird sich das Podcast-Team noch einmal mit vereinten Kräften auf die Serie stürzen und die neun Episoden in ausufernder Detailverliebtheit besprechen, denn so ist nunmal der Lauf der Dinge. Noch davor sind wir ab morgen natürlich sehr gespannt auf eure Meinungen zur Anthologie!


Tim

Tim ist der gute Geist und Mitbegründer unseres Schwester-Podcasts Radio Tatooine. Auf SWU brachte er sich ursprünglich mit seiner FanFiction ein, als Newsautor erlebt ihr ihn hier nur selten und zu außergewöhnlichen Anlässen.

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5 Kommentare

  1. Jared Sunrider

    Wirklich toll geschrieben Tim! 😀 Musste mehrfach lachen beim Lesen 😆

    Ich sehe diese Serie auch eher als Häppchen für zwischendurch. Da man es ja mit mehreren Kurzgeschichten zu tun hat und die Serie weder stringenten Handlungen, noch Charakteren folgt, hat man ja auch nicht die Gelegenheit, sich länger mit den Personen und Geschichten auseinander zu setzen.
    Bin aber offen und sehr gespannt auf neue Erzählstile, sowohl hier im Speziellen, als auch generell.
    Star Wars als solches sollte sich nicht nur auf ein "Erzählgenre" begrenzen. Dafür sind die Welten und Geschichten zu vielfältig und bieten dabei so viele Möglichkeiten.
    Freue mich nach dem Text noch mehr auf das Ansehen von Visionen am Wochenende und gebe ihr gerne eine Chance. 🙂

  2. loener

    Ich bin sehr gespannt auf Visions und freue mich nach diesem wunderbaren Vorab-Bericht noch mehr auf die Gelegenheit, es zeitnah selbst erleben zu dürfen.

  3. Blue Max

    Sehr schöner Bericht 👍
    Visions wird geguckt, aber hey, ich gucke momentan auch die Ewoks-Serie auf Disney+, die ich schon auf DVD gesehen habe, da bin ich natürlich auch für einen Bass spielenden Hutt zu haben 🤷🏼‍♂️

  4. phazonshark

    Vielen, vielen Dank euch! : ) Und “Häppchen für zwischendurch” trifft Visions absolut, denke ich – zumal es ja auch von der Produktionsseite her kaum Kapazitäten für eine andere Serie geblockt hat und nicht einmal Platz im Kanon verlangt, somit wirklich rein “obendrauf” kommt. Entsprechend war das hier eine meiner unkompliziert-angenehmsten Star Wars Erfahrungen bislang.

    Trotzdem natürlich volles Verständnis, wenn jemand nun optisch mit einigen Geschichten nicht warm wird oder plot-technisch lieber näher an der Saga wäre, klar. Bin entsprechend gespannt in der Nachbar-News am Lesen, wie welche Episode so ankommt! : )

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