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Literatur // Artikel

Zeitreise 1996: Ein Porträt von Comic-Zeichner Cam Kennedy

Das Galaxy Magazine beleuchtete im Sommer 1996 den Zeichner von Dark Empire.
Cam Kennedys Illustration zu Dark Empire© Dark Horse Comics

Quelle: Galaxy Magazine

Star-Wars-Comic-Zeichner Cam Kennedy ist ein Kind der 60er Jahre, das inzwischen ein ruhiges Leben führt, die schwere Farbpalette stets griffbereit.

Mann des Kriegs und des Friedens

Das Galaxy Magazine Nr. 8 erschien im Juli 1996

Heute lebt Cam Kennedy fernab vom Trubel der Welt auf den nördlichen Inseln Schottlands, wo er ein zurückgezogenes Leben als zufriedener Künstler führt. Von dort aus zeichnete und kolorierte er die atmosphärischen Seiten von Dark Empire, der Comic-Reihe, die dazu beigetragen hat, die Generation X in den Neunzigern für Krieg der Sterne zu begeistern. Vor dreißig Jahren gehörte Kennedy zu den Twens seiner Generation und suchte selbst nach dem, was seine Altersgenossen aus den Sechzigern interessierte. Er hatte seine Heimatstadt Glasgow verlassen und streifte durch die Straßen Londons, wo er die Einflüsse der Beatles und anderer britischer Rock-n-Roll-Pioniere in sich aufnahm. Er war gerade alt genug, um die Nachwirkungen der „Beat“-Ära zu spüren, hörte aber auch noch Folk-Musik und schrieb Gedichte.

1965 reiste er per Anhalter durch Europa und blieb ein Jahr lang in Frankreich – lange genug, um die Sprache zu lernen und seine erste Frau und Mutter seiner beiden inzwischen erwachsenen Söhne Byron und Tristan kennenzulernen. Doch selbst in seiner wanderlustigen Zeit hatte Campbell Kennedy ein tief verwurzeltes Talent, das letztendlich sein Leben bestimmen sollte. „Laut meiner Mutter war ich zweieinhalb oder drei Jahre alt, als ich mit dem Zeichnen anfing”, erinnert sich der heute 52-jährige Kennedy. „Ich bin so aufgewachsen – ich habe einfach immer gezeichnet.”

Nicht, dass Kunst eine Familientradition gewesen wäre oder so. Tatsächlich war das Glasgow von Kennedys Jugend noch als Arbeiterstadt bekannt, als eines der damaligen Zentren des Schiffbaus im Vereinigten Königreich, wobei die meisten Fabriken und Werften der Stadt inzwischen längst geschlossen sind.

Cam Kennedys Illustrationen für Dark Empire II 3 und 6.
© Dark Horse Comics

„Ich stamme aus einer Familie von Ingenieuren, daher war es irgendwie seltsam, Künstler zu sein“, erzählt Kennedy. „Erst Jahre später, als ich nach London zog und andere Künstler traf, wurde mir klar, dass sie viel nettere Typen waren als meine Cousins, die Ingenieure geworden waren.“

In vielerlei Hinsicht ähnelten Kennedys Erfahren denen seiner amerikanischen Kollegen auf der anderen Seite des Atlantiks, der Babyboomer der Nachkriegszeit, die sich allmählich von den nüchternen, von der Weltwirtschaftskrise geprägten Lebensweisen ihrer Eltern lösten und einen ästhetischeren Lebensstil bevorzugten. Wobei es da einen Unterschied gab: Comics. In den USA verschlangen die Kinder der 50er- und 60er-Jahre Superman, Batman, Spiderman und andere Superhelden der ersten Stunde, deren Geschichten und Illustrationen so viele Künstler und Filmemacher beeinflussen sollten.

„Als Teenager habe ich manchmal Comics gelesen“, erinnert sich Kennedy, „aber ich war kein Fan. Außerdem waren sie schwer zu bekommen.“

Was er in Herrenboutiquen in einem „zwielichtigen Teil der Stadt“ aufstöbern konnte, waren bestimmte amerikanische Comics, die als Füllmaterial für den Überseeversand diverser „Erwachsenenmagazine” wie Stag und True Confessions dienten. „Ich habe versucht, Comics wie Our Army at War, All-American Men of War und Sergeant Rock zu finden“, erzählt Kennedy, der die Schwermetallzeiten seiner Heimatstadt und seiner Familie, als Männer und ihre riesigen Maschinen das Sagen hatten, offenbar noch nicht ganz hinter sich gelassen hat. Als er 16 war, waren Kennedys künstlerische Talente seinen Lehrern aufgefallen. Er wurde eingeladen, die Glasgow School of Art zu besuchen, lehnte jedoch ab.

„Ich war damals ein typischer Klugscheißer und wusste es besser als alle anderen“, berichtet er. „Also ging ich zu einer Werbeagentur, um Werbegrafiker zu werden. Ich wollte dort den ganzen Tag im Büro sitzen und Zeichnungen für Kunden anfertigen.“

Stattdessen verbrachte er die meiste Zeit damit, Tee zu kochen und Besorgungen zu machen. Erst als er Mitte der sechziger Jahre von seiner Europareise zurückkam, versuchte er sich zum ersten Mal an Comic-Illustrationen und zeichnete mehrere Jahre lang immer wieder Kriegs- und Detektivgeschichten für einen schottischen Verlag. Nach einem weiteren Zwischenaufenthalt in Frankreich, der sechs Jahre dauerte, kehrte er 1978 nach Schottland zurück und begann, nach Arbeit zu suchen.

Ein Freund erzählte ihm von Fleetway Publications, einem äußerst produktiven Comic-Verlag in London. Nicht lange danach begann Kennedy, selbst Titel zum Zweiten Weltkrieg sowie die beliebte Serie Judge Dredd zusammen mit dem Autorenduo Alan Grant und John Wagner zu illustrieren. Schließlich winkte der amerikanische Markt – insbesondere DC Comics, das das Trio mit einer Serie namens Outcasts sowie weiteren Judge-Dredd-Comics auf dem US-Markt einführte.

„In den Jahren danach habe ich mit Grant und Wagner für Marvel einen Punisher-Hardcover-Comic namens Blood on the Moors sowie einige Ausgaben von Spectre und zwei Ausgaben von Batman gezeichnet.“ Kennedy tat sich dann mit Tom Veitch zusammen, zunächst für sechs Ausgaben von Light and Darkness War für Epic und schließlich für seinen ersten Krieg-der-Sterne-Comic Dark Empire für Dark Horse Comics.

Doch obwohl er längst ein etablierter Comic-Zeichner ist, gibt Kennedy zu, dass er nie ein großer Science-Fiction-Fan war, abgesehen davon, dass er einige Klassiker wie die Werke von Ray Bradbury gelesen hat. Er hatte sogar Krieg der Sterne nicht gesehen, als der Film in Schottland anlief. „Aber ich ging mit meinen Kindern ins Kino, um Das Imperium schlägt zurück zu sehen, den ich sehr gut fand.“

Er mochte George Lucas‘ Geschichten am Ende so sehr, dass er sie 1991 in dem phänomenal erfolgreichen Dark Empire weiterentwickelte, einer sechsteiligen Reihe, die Dark Horse Comics bekannt machte und half, den Krieg der Sterne wiederzubeleben, insbesondere unter der Generation X, die so viele Comic-Leser hervorgebracht hatte.

„Die Leute hatten lange nichts Neues [von Krieg der Sterne] gesehen und waren wirklich hungrig darauf“, empfand Kennedy den Erfolg. „Es war schön, ein Teil davon zu sein.“

So schön, dass Dark Horse Kennedy einlud, sich bei ihnen in Oregon niederzulassen, um mit Veitch an einer sechsteiligen Fortsetzung zu arbeiten, die letztes Jahr veröffentlicht wurde und ebenfalls begeisterte Kritiken und hervorragende Verkaufszahlen erzielte. Dark Horse brachte Kennedy dann mit John Wagner zusammen, um das 48-seitige Special Boba Fett: Bounty on Bar Kooda zu entwickeln. Auch dieses war ein Riesenerfolg, der zu einem zweiten Fett-Special führte. Ein drittes ist in Arbeit.

Cam Kennedys Illustrationen für Dark Empire II 2, 4, 5 und 6.
© Dark Horse Comics

Abgesehen von den fesselnden Handlungssträngen genießt Kennedy bei seinen Krieg-der-Sterne-Aufträgen die einzigartige künstlerische Freiheit.

„Es ist das erste Mal, dass ich meine eigenen Zeichnungen koloriere“, erzählt er. Nachdem er das Skript gelesen hat, sieht Kennedy die Farben bereits vor seinem inneren Auge, noch bevor er mit dem Zeichnen beginnt.

„Ich stelle mir vor, dass ich die Geschichte wie einen Film sehe”, beschreibt er es. „[Der berühmte französische Illustrator] Mœbius hat mir einmal gesagt, dass ich im Filmgeschäft arbeiten sollte, weil ich die Dinge so darstelle, wie es ein Regisseur tun würde.”

Insgesamt genießt Kennedy, der im August letzten Jahres nach Schottland zurückgekehrt ist, seine Ausflüge in das Krieg-der-Sterne-Universum sehr, obwohl er zugibt, dass seine nahe Zukunft wohl eher im Bereich der traditionellen Kunst liegen wird.

„Ich finde, Comics sind einfach zu machen“, meint er, „aber sie befriedigen meinen kreativen Drang nicht vollständig. Dieses Jahr bin ich wieder zur ‚richtigen Malerei‘ zurückgekehrt: Leinwand, Öl, Aquarellfarben.“

Das klingt gut für den Fall, dass Kennedy sich entscheidet, sich ganz auf seine Insel zurückzuziehen. Vorerst ist er zufrieden damit, Teilzeit-Illustrator für Krieg der Sterne zu bleiben, bekannt und bewundert für seinen sogenannten „klobigen“ Stil. Der natürlich perfekt zu ihm passt, wenn man sich ins Gedächtnis ruft, dass der Künstler aus einem Schwermetallzentrum wie Glasgow stammt.


Christoph

Als SWUler der 2. Generation ist Christoph seit Sommer 2001 auf Star Wars Union aktiv und übernimmt inzwischen eher Aufgaben hinter den Kulissen. Seine Liebe gehört der Lucas-Saga, dem Dunklen Imperium, der New-Jedi-Order-Buchreihe, der Entstehungsgeschichte des Kriegs der Sterne sowie Jyn Erso.

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1 Kommentar

  1. Dark Yoda FDS

    Mein Gott, waren diese Comics damals geil…
    Ein absolutes Event.
    Ich finde die Zeichnungen bis heute atemberaubend.

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