Anzeige

Zeitreise 1999: Drew Struzans Plakat zu Episode I – Die dunkle Bedrohung

Zum Tod des Künstlers blicken wir zurück auf den Entstehungsprozess seines Plakats zu Die dunkle Bedrohung.
Drew Struzans Plakatmotiv für Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung© Lucasfilm

Quelle: StarWars.com, 10. März 2000

Es ist eine beeindruckende Collage: Ein Jedi-Meister und sein Schüler, ein Junge, der aus der Sklaverei befreit wird, um seinem Schicksal zu folgen, eine junge Königin, deren Welt in Gefahr ist, und eine schattenhafte Sith-Bedrohung, die hinter den Kulissen lauert. In seiner Komposition fängt das Kinoplakat zu Episode I perfekt die vielen Elemente des ersten Kapitels der Saga vom Krieg der Sterne ein. Seine Entwicklung gegen Ende der Arbeiten an Die dunkle Bedrohung erfolgte zwar unter großem Zeitdruck, wurde aber dennoch mit viel Liebe zum Detail durchgeführt.

Das Teaser-Plakat zu Episode I stammte nicht von Struzan.
© Lucasfilm

Während das Teaser-Plakat zu Episode I, das am 10. November 1999 veröffentlicht wurde, eine schlichte Eleganz hatte, die insbesondere Gelegenheits-Kinogänger an die weit, weit entfernte Galaxis erinnern und das dunkle Schicksal eines kleinen Jungen dabei nur andeuten sollte, ist das Hauptplakat zum Film eine explosive Präsentation der Helden, Schurken, Außerirdischen und Droiden des Films.

Es war George Lucas selbst, der sich erneut für ein illustriertes Plakatdesign entschied. Unter seiner anfänglichen Leitung und unter der Aufsicht von Jim Ward, des Vizepräsidents für Marketing, arbeiteten die Künstler Doug Chiang und Ellen Lee an einer Reihe von Entwürfen. Chiang fertigte schließlich eine fotobasierte, computergestützte Collage der wichtigsten Elemente an, die das Plakat enthalten sollte.

Mit seiner Illustration wurde Drew Struzan beauftragt, der alles andere als ein Unbekannter für den Krieg der Sterne war, nachdem er in den vergangenen zwei Jahrzehnten bereits die Plakate für die Special Edition der klassischen Trilogie, Dutzende von Romantitelbildern und Kunstwerke für andere lizenzierte Krieg-der-Sterne-Produkte gemalt hatte.

Was folgt, ist eine Schritt-für-Schritt-Tour durch die Entwicklung des Plakats, vom Konzept über die Skizzen bis hin zum fertigen Kunstwerk.

Teil I: Der große Plan

Die traditionelle Illustration des Plakats zu Episode I zeugt von Lucas‘ großer Bewunderung für diese Kunstform. „Ich möchte mich ein wenig vom Fotorealismus entfernen und etwas schaffen, das ein wenig grandioser, glorreicher und romantischer ist als einfache Fotografien“, erklärt Lucas auf der CD-ROM The Art of Drew Struzan: The Star Wars Portfolio.

Auch wenn die Marketingkampagne sorgfältig auf verschiedene Teile der Welt zugeschnitten war, sollte das Design des Episode-I-Plakats weltweit ein einheitliches Erscheinungsbild haben. Da das Plakat den Film weltweit repräsentieren sollte, hing viel von diesem einen Bild ab. Entsprechend wurde große Sorgfalt darauf verwendet, dieses Bild als repräsentatives Symbol für den Film vorzuhalten. Deshalb kam es auch nicht bei den Ablegerprodukten zum Film wie Romanen, Hintergrundbüchern, Comics oder Spielzeugverpackungen zum Einsatz.

„Dieses Plakat für Episode I war in vielerlei Hinsicht eine Premiere“, erzählt Struzan. „Mir wurde gesagt, dass es in den rund 60 Ländern, in denen der Film gezeigt wurde, komplett unverändert blieb. Das gleiche Plakat, das gleiche Bild, repräsentierte den Film in jedem einzelnen Land.“

Teil II: Recherchen

Für Struzan begann die erste Phase seiner Recherchen mit einem Besuch auf der Skywalker Ranch, wo er sich einen Rohschnitt des Films ansehen konnte. „Als ich den Anruf erhielt, dass ich den Auftrag bekommen hatte, war ich überglücklich“, erzählt Struzan, der vor der Vorführung nichts über den Inhalt von Episode I wusste. „Man stelle sich das mal vor: Man darf Monate vor der öffentlichen Premiere in einer privaten Vorführung diesen mit Spannung erwarteten Film sehen, und das im Vorführraum von Lucasfilm.“

Die Version, die Struzan sah, war noch in Arbeit, weshalb mehrere Szenen fehlten oder sich in verschiedenen Stadien der Fertigstellung befanden. Viele der komplexen computergenerierten Effekte waren nur in Form von Drahtgittermodellen vorhanden, oder Szenen enthielten nur einen einzigen computergenerierten Charakter, wo später Hunderte zu sehen sein würden. „Es war faszinierend, den Schauspielern bei der Arbeit vor Hintergründen zuzusehen, die nur Produktionszeichnungen waren. Gut, dass ich über eine blühende Vorstellungskraft verfüge!“, kommentierte es Struzan.

Die Vorführung vermittelte Struzan ein Verständnis für die Charaktere, die Dynamik und die Atmosphäre von Episode I. Außerdem erhielt er eine Reihe von visuellen Referenzen und den ersten Plakatentwurf von Doug Chiang.

„Ich war überrascht“, erzählt Struzan, „als ich später eine Vorführung des fertigen Films sah. Nicht nur waren Ergänzungen und Vervollständigungen vorgenommen worden, sondern der gesamte Film war neu geschnitten worden. Ich hatte das Gefühl, zwei verschiedene Versionen von Episode I gesehen zu haben.“

Teil III: Die erste Skizze

Struzans erste Skizze
© Lucasfilm

Ausgehend von den Vorgaben von Lucasfilm fertigte Struzan eine Bleistiftillustration an, um die grundlegende Komposition und die Charaktere seines Werks darzustellen.

„Es war eine Ableitung einiger früherer Entwürfe, die ich rund um Krieg der Sterne angefertigt hatte“, erklärt Struzan. „Der schwarze Rahmen zum Beispiel stammt von den Plakaten zur Special Edition.

Die großen Augen von Darth Maul wiederum stammen von einem erfolgreichen Buchcover, das ich für ein früheres Krieg-der-Sterne-Abenteuer, Blick in die Zukunft, entworfen hatte.”

Vorlage: Thrawn
© Lucasfilm

Nachdem die Zeichnung fertiggestellt war, schickte Struzan sie per Nachtexpress an Lucasfilm. Dort wurde sie im Großen und Ganzen genehmigt, aber bevor mit dem Malprozess begonnen werden konnte, gab es noch eine Reihe kleiner, aber wichtiger Änderungen.

Teil IV: Die zweite Skizze

Als Lucasfilm die Skizze sah, hatte das Unternehmen einige Anmerkungen. Die Pose von Obi-Wan Kenobi sollte mehr Action suggerieren und seine Kampffähigkeiten zur Geltung bringen. Obi-Wans „Bereit”-Position wurde zu einer dynamischeren Pose umgestaltet. Zweitens wurde Jar Jars spielerisch ausgestreckte Zunge neu gezeichnet. Stattdessen wurde der Gunganer mit einem schockierten Gesichtsausdruck dargestellt.

Das Droidenkontrollschiff wurde aus dem Entwurf gestrichen und durch das Droiden-Duo R2-D2 und C-3PO ersetzt, um eine größere Kontinuität zu den Originalfilmen herzustellen.

Die schnell näher rückende Abgabefrist lag dabei wie ein Schatten über allem. Struzan, der mit engen Fristen bestens vertraut war, arbeitete schnell und effizient. „Da alles so eilig war, habe ich nur den Teil des Bildes neu gezeichnet, der auch wirklich geändert werden sollte”, erklärt er. „Anstatt das Ergebnis dann erneut per Nachtexpress zu verschicken, habe ich Lucasfilm einfach einen Scan per E-Mail geschickt, damit sie sich die neue Fassung sofort ansehen konnten.“

Teil V: Die dritte Skizze

Die nächste Änderung betraf erneut Jar Jar, der mit einem gewinnenden Lächeln und strahlend weißen Zähnen gezeichnet werden sollte. Struzan fertigte eine neue Zeichnung des Gunganers an, klebte sie über die alte und schickte einen neuen Scan per E-Mail an Lucasfilm.

Jar Jar war eine besondere Herausforderung, da er außerhalb des Computers nicht existiert. Er konnte insofern nicht einfach im Atelier eines Illustrators vorbeikommen, um zu posieren. „Jar Jar existiert nur in den für den Film erstellten Bildern“, erklärt Struzan. „Es gibt keine anderen Variationen seines Lebens außerhalb der Kamera. Er kann nicht vorbeikommen und mich ein paar Schnappschüsse machen lassen, die mir als Vorlage dienen könnten. Entsprechend muss ich mit Standbildern und meiner Vorstellungskraft arbeiten.

Das alles dauerte etwa drei Tage, einschließlich des Zeichnens, Versendens, Überprüfens und Antwortens. Das war in der gleichen Woche, die damit begonnen hatte, dass ich mir den Film ansah, um überhaupt zu wissen, was ich zeichnen sollte“, so Struzan. „Insgesamt dauerte es so etwa eine Woche von der kompletten Unkenntnis bis zur genehmigten Zeichnung.“

Teil VI: Pinselstriche

Nachdem die Bleistiftversion des Plakats genehmigt worden war, begann Struzan mit dem eigentlichen Malen des Plakats. „Ich verwende für meine Illustrationen immer die gleichen Materialien“, erklärt er. Durch die Verwendung eines einheitlichen Werkzeugsatzes entsteht der eigentliche Struzan-Look. „Ein Kunde erwartet, das zu bekommen, was er zuvor gesehen hat, daher möchte ich keine unerwünschten Überraschungen.“

Struzan erklärt seinen Prozess so:

„Auf säurefreiem Illustrationskarton trage ich zunächst mehrere Schichten Acryl-Gesso-Grundierung auf. Dann fertige ich eine Vorzeichnung mit Bleistift an. Anschließend male ich mit Acrylfarben – dem gleichen Acryl wie bei der Grundierung – und verwende zum Ausarbeiten der Details Buntstifte. Es sind Stifte auf Wachsbasis, also regieren sie nicht mit dem Untergrund, sondern liegen einfach auf der Farbe auf, ohne sie zu beeinträchtigen.

Es ist ein einfacher Prozess, bei dem keine Medien gemischt werden, die die chemische Integrität des Bildes beeinträchtigen könnten. Außerdem lässt sich so alles sehr leicht ändern, was ja offensichtlich auch nötig ist. Um eine Änderung vorzunehmen, radiere ich einfach den Bleistift aus, male das Bild neu und zeichne mit Bleistift darüber. All diese Überarbeitungen sind möglich, weil ich eine Gesso-Grundierung habe, auf der ich arbeite.“

Teil VII: Fast fertig

„Ich hatte eine Woche Zeit, um das Bild fertigzustellen“, erzählt Struzan. „Das sind wohlgemerkt nicht fünf Arbeitstage. Für mich beginnt eine Woche am Samstag, und sie endet neun Tage später, wenn ich das Kunstwerk am Montag abgebe.“

Struzan wurde pünktlich fertig und lieferte sein Bild wie geplant ab. Allerdings waren noch einige Änderungen erforderlich. Darth Mauls rote Gesichtstätowierung wurde als zu violett empfunden, und Struzan musste sie anpassen. „Dafür musste ich den gesamten oberen Teil des Bildes neu malen.“

Obwohl solche Änderungen für einen Illustrator manchmal frustrierend sein können, war Struzan bewusst, wie besonders dieses spezielle Projekt war.

„Die Wahrheit ist, dass Episode I all die Zeit, Mühe und Überstunden wert war, die ich und alle bei Lucasfilm in das Projekt investieren konnten.“

Teil VIII: Versteckte Raumschiffe

Während er die Änderungen an Darth Mauls Farbton vornahm, begann Struzan, sich das königliche Raumschiff in der Ecke genauer anzusehen. „Ich fand, dass das Raumschiff der Königin hier ganz allein ein wenig einsam aussah“, erzählt er.

Struzan beschloss daher, dem Bild etwas mehr Spannung und Aufregung zu verleihen, indem er ein paar Droiden-Raumjäger der Handelsföderation hinzufügte, die dem Schiff nachjagten. Nachdem die Jäger platziert waren, änderte Struzan jedoch seine Meinung.

„Ich machte in diesem Punkt von meiner künstlerischen Freiheit Gebrauch, denn nachdem ich das Ergebnis gesehen hatte, entschied ich, dass es mir doch nicht gefiel, und so malte ich die Jäger wieder weg.“

Teil IX: Das fertige Plakat

Nachdem die letzten Änderungen vorgenommen worden waren, wurde das Kunstwerk erneut ausgeliefert. „Ohne Fanfaren, ohne Applaus“, wie Struzan sagt. „Der Expressdienst kam, holte das Kunstwerk ab und lieferte es aus, und das war’s. Wenn das alles ein wenig einfach klingt, dann war es das auch. Aber das kommt eben heraus, wenn Wissen, Erfahrung, Vertrauen und Respekt zusammenkommen, ganz zu schweigen von dem Adrenalin, das einen durchströmt, wenn man an einem so großartigen Projekt hart arbeitet.“

Trotz seiner Erfahrungen aus der Vergangenheit, als er andere Krieg-der-Sterne-Kunstwerke gemalt hatte, stellte die hochkarätige Natur des Episode I-Plakats das Gesamtprojekt vor zusätzliche Herausforderungen. „Ich musste die Integrität dessen, was wir kennen, bewahren und gleichzeitig das Versprechen von etwas Neuem und Aufregendem einfangen“, erklärt Struzan. „Und natürlich war mir klar, dass ich angesichts all der anderen Künstler, die sich diese Chance sicher gewünscht hätten, besser etwas ganz Besonderes auf meine Leinwand banne.“


Christoph

Als SWUler der 2. Generation ist Christoph seit Sommer 2001 auf Star Wars Union aktiv und übernimmt inzwischen eher Aufgaben hinter den Kulissen. Seine Liebe gehört der Lucas-Saga, dem Dunklen Imperium, der New-Jedi-Order-Buchreihe, der Entstehungsgeschichte des Kriegs der Sterne sowie Jyn Erso.

Schlagwörter

0 Kommentare

Einen Kommentar abschicken

Anzeige

mehr zum thema

Mehr zum Thema

Die alte Republik versinkt in Chaos, Krieg und Korruption: Dunkle Mächte manipulieren die politische Lage mit einer Blockade des kleinen Planeten Naboo, die Jedi-Ritter stoßen auf einen seit 1000 Jahren vernichtet geglaubten Feind, und auf dem Wüstenplaneten Tatooine wird ein außergewöhnliches Kind entdeckt, das eine uralte Prophezeiung erfüllen könnte: Zum Guten wie zum Bösen. Dies ist der Auftakt zur Saga vom Krieg der Sterne.

Jetzt streamen!Mehr erfahren!
Michael Lynch als C-3PO

Die dunkle Bedrohung // Artikel

Zeitreise 1999: Der Mann hinter C-3PO

Qui-Gon Jinn - One-Plakat-Motiv

Die dunkle Bedrohung // News

Liam Neeson bedauert den laschen Tod von Qui-Gon Jinn

verwandte themen

Verwandte Themen

Ab heute auf Disney+: Staffel 2 von Light & Magic

Ab heute auf Disney+: Staffel 2 von Light & Magic

Zur Rückkehr der großen Dokumentarserie über Industrial Light & Magic melden sich Joe Johnston, Ahmed Best und die ILM-Magier zu Wort.

Lucasfilm, Die dunkle Bedrohung // Artikel

18/04/2025 um 11:38 Uhr // 0 Kommentare

Storyboards für Die dunkle Bedrohung

Storyboards für Die dunkle Bedrohung

In Storyboards werden Filme erstmals visuell lebendig. Storyboard-Zeichner Ed Natividad berichtet hier über seine Arbeit an Episode I.

Die dunkle Bedrohung // Artikel

22/12/1999 um 15:46 Uhr // 0 Kommentare

Keine Beiträge gefunden.

Anzeige