John Henry Alvin (1948–2008) war einer jener Künstler, deren Werke man gemeinhin kennt, auch wenn man sich nicht an ihren Namen erinnern kann. Genau wie sein unlängst verstorbener Kollege Drew Struzan prägte er mit seinen Filmplakaten über Jahrzehnte die Art, wie wir Kinofilme erstmals wahrnehmen. Alvin verstand sich darauf, den emotionalen Kern eines Films in ein einziges, magisches Bild zu verdichten. Über 135 Motive tragen seine künstlerische Handschrift, die in Filmkreisen gerne als Alvinesque bezeichnet wird. Auch in der weit, weit entfernten Galaxis hinterließ Alvin mehrfach seine Spuren, so zum Beispiel mit seinen Titelbildern für die letzte Veröffentlichung der Klassischen Trilogie vor den Special Editions.
Vor dreißig Jahren schuf John Alvin eine der denkwürdigsten – und skurrilsten – Illustrationen, die jemals ein Krieg-der-Sterne-Poster zierten. In den Jahren seitdem hat er sich zu einem der besten Illustratoren seines Fachs entwickelt und ist in einem Bereich erfolgreich, der dabei ist, eine verlorene Kunstform zu werden. Wir können uns glücklich schätzen, Johns Talent zu den Schätzen zählen zu dürfen, die das Vermächtniss der Saga darstellen, und werden ihn und seine Leidenschaft für Krieg der Sterne, die er so erfolgreich durch seine Kunst zum Ausdruck gebracht hat, sehr vermissen.
-George Lucas, 2008 anlässlich des Todes von John Alvin
Quelle: StarWars.com, 14. Oktober 2004



Von der Kinoleinwand ins Atelier

Als herausragender Designer und Illustrator von Kinokunstwerken und Plakaten hat John Alvin einige der weltweit bekanntesten Filmkunstwerke geschaffen, darunter Plakate für E.T. – Der Außerirdische, Blade Runner, Der König der Löwen und viele mehr. Das Smithsonian Museum in Washington D.C. kürte Alvins Plakat für Das Phantom im Paradies gar zu einem der besten Plakate des 20. Jahrhunderts.
Alvin hat zudem eine Reihe besonderer Kunstwerke rund um den Krieg der Sterne geschaffen: Sein Konzertplakat von 1978 ist eines der beliebtesten Sammlerstücke aus der Anfangsphase der Saga, und auch sein Banner zum 10. Geburtstag von Krieg der Sterne ist bis heute heißbegehrt. Mitte der 90er Jahre wurde Alvin dann von Twentieth Century Fox beauftragt, drei neue Titelbilder für die internationale Neuveröffentlichung der klassischen Trilogie zu schaffen.
Als Jugendlicher war Alvin von den Ankündigungen kommender Filme fast genauso fasziniert wie von den Filmen selbst. Er konnte es kaum erwarten, dass die Sonntagszeitung kam, um zu sehen, welche Filme liefen.
„Seit ich 12 war, habe ich mich auf die Unterhaltungsindustrie zubewegt und das manchmal sogar ohne es zu merken“, verrät uns Alvin. „Das Einzige, was ich, der ich weder Schauspieler noch Autor oder Kameramann war, tun konnte, um Filmen näherzukommen, war, sie künstlerisch in Zeichnungen einzufangen.”

Alvin erlernte als Schüler am renommierten Art Center College of Design in Los Angeles alle künstlerischen Fertigkeiten und Techniken, die er dazu brauchte. Nach seinem Abschluss fand Alvin eine Anstellung beim renommierten Trickfilmstudio Hanna-Barbera.
„In meinen ersten Jahren nach dem Kunststudium bekam ich als Freiberufler nur sehr unregelmäßig neue Aufträge. Doch als meine Frau Andrea und ich unser gemeinsames Leben begannen, bot mir Hanna-Barbera die Möglichkeit, ein wöchentliches Gehalt nach Hause zu bringen“, erinnert sich Alvin. „Andrea war damals professionelle Trickfilmerin, und für kurze Zeit arbeiteten wir beide dort. Ich entwarf und zeichnete Layouts, die Animatoren wie meiner Frau als Vorlage für die späteren Szenen dienten.“
1974, nach einem Jahr bei Hanna-Barbera und nebenbei freiberuflicher Tätigkeit, bekam Alvin die Chance, seine Liebe zum Film und seine künstlerische Ausbildung in die Praxis umzusetzen, als er beauftragt wurde, die Kampagnenkunstwerke für Mel Brooks‘ Westernkomödie Der wilde wilde Westen zu erstellen.

„Es stellte sich heraus, dass Mr. Brooks mit den bis dato entwickelten Werbematerialien unzufrieden war, und das bot mir – als Neuling – die einmalige Chance, mich daran zu versuchen“, erzählt Alvin. „Ihm gefiel, was ich gemalt hatte, und damit begann für mich eine sehr interessante und dankbare Karriere.“
Oftmals erhält Alvin, wenn er beauftragt wird, ein einzigartiges Poster für einen Film zu entwerfen, die Gelegenheit, sich eine Rohfassung des Films anzusehen.
„Das ist für mich natürlich ideal, weil ich so eine sehr gute Vorstellung davon bekomme, was das Publikum bald erleben wird“, erklärt Alvin. „In manchen Fällen wurde mir aber auch nur ein Drehbuch zur Verfügung gestellt, doch fast immer arbeite ich mit Standbildern aus der Produktion und, wenn verfügbar, mit speziellen Promofotos. Konzeptzeichnungen helfen mir hingegen in der Regel nicht weiter, weil sie nur Konzepte abbilden und nicht das, was letztlich auf der Leinwand zu sehen sein wird.“
Ein außerirdisches Projekt

Als Alvin das unvergessliche Poster für E.T. entwarf, sollte er damit so wenig vom Film verraten wie irgend möglich und gleichzeitig den Geist von Abenteuer und Spannung, die den Film ausmachen, vermitteln.
„E.T. ist ein gutes Beispiel für eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe“, erklärt Alvin. „Ich konnte nicht einmal die Hauptfigur zeigen, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch geheim war. Das Darstellerensemble des Films war zwar wunderbar, aber zu dieser Zeit gab es keine großen Namen und berühmten Gesichter, die man zeigen konnte. Das Plakat musste also symbolisch sein, aber dennoch der Geschichte treu bleiben und interessant genug sein, um die Leute dazu zu bringen, den Film sehen zu wollen.“
Dieser äußerst anspruchsvolle Auftrag erwies sich als eines der erfolgreichsten Projekte für Alvin, das ihm den Hauptpreis der Hollywood Reporter Key Art Awards einbrachte, und es ist das einzige Filmplakat, das jemals mit dem Saturn Award der Academy of Science Fiction, Horror and Fantasy Films ausgezeichnet wurde.
E.T. ist jedoch bei weitem nicht der einzige Science-Fiction- oder Fantasy-Film, der durch Alvins Arbeit in der Öffentlichkeit repräsentiert wurde. Er schuf auch die Plakate für Filme wie Star Trek VI: Das unentdeckte Land, Darkman – Der Mann mit der Gesichtsmaske, Arachnophobia, Cocoon, The Lost Boys, Batman Returns, Batman Forever, Willow, Blade Runner und Legende. Auch diverse Trickfilme der Disney Studios wurden mit Alvins Kunstwerken beworben, darunter Die Schöne und das Biest, Aladdin und Der König der Löwen.

Alvins Kunstwerke sind so stark mit diesen und anderen Filmen verbunden, dass sie bis heute für die Werbung für Wiederveröffentlichungen der Filme, für Videocovers und ähnliche Zwecke verwendet werden.
„Die Arbeiten, auf die ich besonders gerne zurückblicke, sind oft diejenigen, die noch viele Jahre, nachdem ich sie entworfen habe, immer wieder auf Video- und DVD-Verpackungen und in Anzeigen auftauchen“, erklärt Alvin. „Ich habe natürlich keinen Einfluss auf solche Darstellungen, aber es ist sehr erfreulich zu sehen, dass die Menschen meine Bilder immer noch mit einem bestimmten Film in Verbindung bringen wollen. Bei Der wilde wilde Westen ist das zum Beispiel so: Das Bild wird auch fast dreißig Jahre später noch verwendet. Das Gleiche gilt für E.T., Blade Runner, Der König der Löwen und Victor/Victoria, um nur einige zu nennen.“
Die Kunst der Macht
Von allen Filmkampagnen, zu denen Alvin mit seiner Kunst beigetragen hat, ist Krieg der Sterne bis heute eine seiner Lieblingsfilmreihen, da er seit ihrer ersten Kinoveröffentlichung vor 27 Jahren ein Fan der Filme ist.
„Die Kinobesucher standen damals Nacht für Nacht Schlange, um den Film zu sehen, Darth Vader tauchte gar auf dem Titelbild des Time-Magazins auf“, erinnert sich Alvin an jene Anfänge.
„Der Einfluss auf mein Leben spiegelt sich in dem Einfluss auf meine Kunst wider, und Krieg der Sterne ist seitdem ein wichtiger Teil meiner Karriere. Das ist immer noch so und wird auch noch lange so bleiben.“
Alvins erstes Krieg-der-Sterne-Plakat zeigte die beiden berühmten Droiden C-3PO und R2-D2 als Musiker. „Mein damaliges Konzertplakat ist inzwischen sehr selten und ziemlich sammelwürdig geworden“, erzählt Alvin mit einem gewissen Stolz.
Ein weiteres von Fans sehr geschätztes Plakatmotiv war das Banner-Plakat, das zum 10-jährigen Jubiläum von Krieg der Sterne 1987 herauskam.

„Es war meine Idee, den Slogan Die ersten zehn Jahre dafür zu verwenden. Das schien mir motivierender und vielversprechender, weil man auf diese Weise nicht nur zurückblickte, sondern quasi sagte, es gibt für diese Trilogie keine zukünftigen Grenzen. Bisher hat sich das ja auch so bewahrheitet. Und dann wollte ich mit dem Plakat die Weite der Breitbild-Kinowelt widerspiegeln, weil wir die Trilogie ja genau auf diese Weise kennengelernt hatten“, fügt Alvin hinzu. „Die meisten Filmplakate sind natürlich vertikal, doch ich dachte mir, dass das Jubiläumsplakat das Kinoerlebnis selbst einfangen sollte und damit diese Horizontale. Ich wollte, dass die Fans wieder mitgerissen werden, so wie Luke von großen Kräften dazu gezwungen wird, sein Schicksal anzuerkennen und anzunehmen. Wir sehen quasi, was er sieht, als würde er mit seinem Salut genau die Saga würdigen, die wir in dem überlebensgroßen Titel über ihm sehen.”

Alvin hat seine Begeisterung für Krieg der Sterne auch in seine persönlichen Arbeiten einfließen lassen und eine Gemäldeserie mit dem Titel The Force of Influence geschaffen, in der jedes Gemälde eine entscheidende Beziehung zwischen zwei oder mehr Charakteren darstellt.
In A Destiny Unfolds thront Jedi-Meister Obi-Wan Kenobi über dem jungen Luke Skywalker.

„Obi-Wan ist das Mittel, durch das Luke zu seinem eigenen Schicksal hingezogen wird, und als Obi-Wans eigene Geschichte körperlich ihr Ende findet, muss er die neue Hoffnung in die richtige Richtung lenken, wenn jemals wieder Frieden in der Galaxis herrschen soll“, erklärt Alvin sein Werk. „Er beeinflusst Luke tiefgreifend durch das, was er zu ihm sagt und wann er es sagt. Ich wollte meinen Respekt für die großartige Figur des Obi-Wan zum Ausdruck bringen und gleichzeitig Sir Alec Guinness huldigen, der ihn so brillant dargestellt hat.
Kenobis Präsenz ist grandios, voller Weisheit und überlebensgroß“, fährt Alvin fort. „Er dominiert die Szene und dennoch umhüllt er wie eine Wiege diesen unschuldigen Bauernjungen Luke, der in jeder Hinsicht ein verlorener Jugendlicher ohne Richtung und Ziel ist. Yodas großartiger und anhaltender Einfluss auf Obi-Wan wird durch das geisterhafte Bild des Jedi-Meisters am Himmel sanft angedeutet. Ich wollte eine Stimmung von ernster Entschlossenheit und gleichzeitig großer Zuneigung und Achtung schaffen. Von all meinen Werken ist dies eines meiner Lieblingsstücke.“
Auf einem anderen Plakat aus Alvins Reihe – Like Father, Like Son – steht die Familie Fett im Mittelpunkt.

„Ich fand, dass es im Leben nur wenige Beziehungen gibt, die so tiefgreifend sind wie die zwischen Vater und Sohn, und das gilt genauso ja insbesondere auch für den Krieg der Sterne“, erklärt Alvin. „Wie jeder langjährige Fan war ich von Boba Fett fasziniert und fand es interessant, ihn in einer ruhigen Pose zu zeigen, die die Gewalt, die in ihm steckt, eher andeutet. Ich stelle mir gerne vor, dass das Feuer hinter ihm das grausame Ende eines weiteren Kopfgeldes symbolisiert. Man muss sich nur die Spitze seines Flammenwerfers ansehen: Sie ist sehr heiß, als hätte er ihn intensiv genutzt, und nun hat er sich uns zugewandt, und wir sollten Angst haben.
Unsere Angst zu schüren ist letztlich das tödliche Erbe, das Boba Fett mit seinen beachtlichen Fähigkeiten mit sich bringt, und dieses Erbe zeigt sich in der proaktiven und sehr gefährlichen Haltung seines Vaters, des legendären Jango Fett“, fährt Alvin fort. „Es ist, als wolle Boba uns wissen lassen, dass er die logische Fortsetzung seines Vaters ist und dass wir alles, was wir an ihm fürchten, aus gutem Grund fürchten.
Ich wollte die Fett-Familie so darstellen, dass sie die starke Wirkung widerspiegelt, die diese Figuren seit dem Moment, als George Lucas sie auf die Leinwand brachte, auf uns alle gehabt haben.”
Alvin gesteht, dass es noch viele Krieg-der-Sterne-Charaktere gibt, die er gerne in seinen Kunstwerken darstellen würde, darunter Königin Amidala und ihre Tochter Prinzessin Leia Organa sowie viele der Jedi-Ritter.
„Ich finde alle wichtigen Jedi-Ritter sehr interessant, ebenso wie ihre Beziehungen untereinander“, sagt Alvin. „Ich würde gerne Jabba den Hutten und Han Solo mit Chewbacca darstellen. Sie haben für Jabba gearbeitet, offenbar kurz bevor wir sie in Episode IV kennengelernt haben. Die Charaktere, die ich jedoch am liebsten darstellen würde, sind diejenigen, die uns am vertrautesten sind, da sie in Episode III reifen werden: Anakin, bzw. Darth Vader und abermals Obi-Wan Kenobi und der Konflikt zwischen ihnen.“
Wenn Alvin sich hinsetzt, um ein neues Krieg-der-Sterne-Projekt zu beginnen, findet er, dass er seine Muse leicht finden kann, indem er einen kurzen Spaziergang in die Vergangenheit unternimmt.
„Wenn ich an einem Bild arbeite, das mit Krieg der Sterne zu tun hat, muss ich mich nur daran erinnern, wie ich mich gefühlt habe, als ich zum ersten Mal gesehen habe, wie der Rebellen-Blockadebrecher am Anfang von Episode IV vom Imperialen Sternenzerstörer eingeholt wird“, erklärt Alvin. „Von diesem Moment an war ich für immer ein Teil des Krieg-der-Sterne-Universums.
Jeder, der die Saga erlebt hat, hat einen Ankerpunkt, der ihn an diese Geschichte bindet, und für alle ist dieser Ankerpunkt genauso schön und aufregend wie für mich diese Eröffnungssequenz. Wenn ich dann an einem neuen Krieg-der-Sterne-Kunstwerk arbeite, sehe ich es als meine Aufgabe, alles zu tun, um der Textur der Geschichte und der Beständigkeit der Charaktere, die George Lucas für uns geschaffen hat, absolut treu zu bleiben, um dieses ursprüngliche Gefühl weiterzutragen. Diese Geschichte wird von ihren Figuren getragen, und die Mythologie, die einem solchen Epos innewohnt, ist das vorherrschende Merkmal, das diese Geschichte zusammenhält. Entsprechend muss sie kreativ berücksichtigt werden. Die Schiffe und Waffen und Fahrzeuge, die Außerirdischen, die Schauplätze, all das unterstützt die zentrale Handlung, die uns die Skywalker-Familie und das Schicksal ihrer Angehörigen vorstellt.“
Ich gebe gerne zu, die Alvin-Plakate zur klassischen Trilogie gehören zu meinen Lieblings-Star-Wars-Kunstwerken überhaupt. Entsprechend wäre ich nun gespannt: Was sind eure Lieblings-Star-Wars-Plakate? Und habt ihr einen Lieblingskünstler, den wir hier in einem ähnlichen Rahmen vorstellen sollten?